Raketenabwehrschiffe für Israel
von Otfried Nassauer
Seit Jahren plant die israelische Marine zwei neue Mehrzweck-Kriegsschiffe.
Kleine Fregatten oder große Korvetten sollen es sein, mehr als doppelt
so groß wie jene Korvetten des Typs Sa’ar 5, die heute Israels größte
Kampfschiffe sind. Wichtigste Fähigkeit der neuen Schiffe soll die
Luft- und Raketenabwehr sein.
Konzeption und Entwicklung sollen an die Hamburger Werft Blohm &
Voss vergeben werden, die derzeit noch zu Thyssen Krupp Marine Systems
gehört. Von den Hamburgern erhofft sich Israel, dass sie auf Basis
einer deutlich vergrößerten Korvette des Typs MEKO A-100 ein
2.200-Tonnen-Schiff konzipieren, in dass modernste israelische Hochtechnologie
integriert werden kann und das zugleich für das devisenarme Land
bezahlbar bleibt.
Zwei frühere Anläufe mit Werften aus den USA scheiterten aus
Kostengründen. Zunächst war in Kooperation mit dem US-Konzern
Lockheed-Martin eine israelische Version des neuen 3.300 Tonnen großen
Littoral Combat Ships (LCS-I) der US-Navy geplant. Doch mit 637 Millionen
US-Dollar pro Einheit wäre das Projekt selbst dann zu teuer ausgefallen,
wenn die israelische Marine die milliardenschwere jährliche Militärhilfe
der USA für das Vorhaben in Anspruch genommen hätte. Der zweite
Anlauf mit dem US-Konzern Northrop-Grumman eine deutlich größere
Version der Sa’ar 5–Korvetten zu entwickeln, erwies sich noch immer als
viel zu teuer. 450 Millionen Dollar pro Schiff sollte es kosten. Am 12.
Februar 2009 schließlich teilte Israel den US-Werften mit, man wolle
die Schiffe aus Kostengründen nicht länger in den USA bauen
lassen. Wahrscheinlich werde man sie in Israel herstellen. Doch Israels
einzige größere Werft, Israeli Shipyards in Haifa, hat weder
Erfahrungen mit dem Bau großer Schiffe noch mit der Integration
größerer Kriegsschiffe.
Die israelische Marine begann deshalb Gespräche mit der Hamburger
Werft Blohm & Voss und dem deutschen Verteidigungsministerium. Blohm
& Voss verfügt mit der MEKO A-100 über ein Schiffsdesign,
dass bereits gebaut wird und hinlänglich variabel erscheint. Israel
möchte in eine größere Version dieses Schiffe ein hochmodernes
Luftabwehrradar der Firma Israeli Aircraft Industries – Elta Systems integrieren
(wahrscheinlich das EL/M-2248 MF STAR), dass auch geeignet ist, anfliegende
Raketen aufzufassen, und die Schiffe zudem mit einem US-amerikanischen
Senkrechtstarter für Raketen vom Typ VLS Mk 41 ausstatten.. Dieser
könnte sowohl Luftabwehrflugkörper des israelischen Systems
Barak 8 als auch amerikanische Standardraketen der Typen SM-2 oder SM-3
aufnehmen. Letztere sind zur Abwehr von Mittelstreckenraketen geeignet
und sollen künftig auch Langstreckenraketen abfangen können.
Israel könnte den USA damit im Kontext der Neuausrichtung der Raketenabwehrplanung
Washingtons einen verstärkten Eigenbeitrag anbieten.
Doch auch ein zweites dürfte die israelische Marine veranlasst haben,
sich mit dem Vorhaben an Blohm & Voss bzw. Deutschland zu wenden.
Wiederholt haben Bundesregierungen unterschiedlicher Couleur Jerusalem
mit deutschen Steuergeldern bei der Beschaffung von Kriegsschiffen unterstützt.
So bezuschusste die Bundesrepublik den Kauf von fünf U-Booten des
Typs Dolphin bei HDW in Kiel bislang mit etwa 900 Millionen Euro. Derzeit
laufen Verhandlungen über die Finanzierung eines sechsten U-Boots.
Deshalb wäre es kaum verwunderlich, wenn Jerusalem hofft, den Bundeshaushalt
erneut anzapfen zu können. Die Hilfe für Israel könnte
zugleich als Hilfe für die krisengeplagten Werften dargestellt werden
und deren Auslastung verbessern. Fiele sie hoch genug aus, so könnte
sogar auf die risikobehafteten Pläne zum Bau der Schiffe in Israel
wieder verzichtet werden.
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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