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06. April 2010


Deutsche Physiker fordern Nuklearwaffenkonvention

von Otfried Nassauer

Hinweis:
Dokumente zu diesem Artikel:
Stellungnahme deutsch (PDF)
Stellungnahme englisch (PDF)
Stellungnahme russisch (PDF)


Ungewohnt deutlich hat sich die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) zur Zukunft der nuklearen Abrüstung geäußert. Der mit 58.000 Mitgliedern weltgrößte nationale Physikerverband plädierte am heutigen Dienstag anlässlich der bevorstehenden Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrages für „Verhandlungen über eine Nuklearwaffenkonvention“, die die „Ächtung und schrittweise, überprüfbare, unumkehrbare und transparente Beseitigung sämtlicher atomarer Waffen bis zum Jahr 2020“ zum Ziel haben.

Die Wissenschaftler forderten zudem erste konkrete Schritte. Dazu gehören ein „allgemeiner Verzicht auf den Ersteinsatz von Atomwaffen“ ebenso wie „der längst überfällige Abzug der sogenannten taktischen Nuklearwaffen aus Deutschland und Europa“. Sie bezeichnen das Bekenntnis der Präsidenten der USA und Russlands zu einer Welt ohne Atomwaffen als „hoffnungsvolles Signal“ und stellen mit einer „gewissen Erleichterung“ fest, dass ein Großteil der ehemals 70.000 Atomwaffen inzwischen „abgebaut worden ist“. Zugleich können sie aber „nicht akzeptieren, dass immer noch an der Weiterentwicklung von Atomwaffen gearbeitet wird“ und empfinden dies „als unvereinbar mit den ethischen Grundsätzen, zu deren Beachtung wir uns als Wissenschaftler verpflichtet sehen.“ Zwanzig Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges sei „die Zeit gekommen, die Entwicklung neuer Atomwaffen ... endlich vollständig einzustellen“.

Die Physiker warnen vor der Bedrohung durch die noch immer stationierten Arsenale“, deren Größe noch immer ausreiche, die „moderne Zivilisation auszulöschen“. Der Einsatz atomarer Waffen sei nach Feststellung des Internationalen Gerichtshofes „unvereinbar mit dem bestehenden humanitären Völkerrecht“. Zudem warnt die DPG, ein regionaler Atomwaffeneinsatz werde wahrscheinlicher, „wenn mehr Staaten oder gar Terrorgruppen über waffenfähiges Spaltmaterial verfügen.“

Kritische und mahnende Stellungnahmen deutscher Physiker zur atomaren Rüstung haben eine lange Tradition. So warnte die DPG seit 1955 wiederholt vor den Gefahren des nuklearen Wettrüstens, plädierte für ein Ende der nuklearen Aufrüstung und forderte die Politik zu verstärkten Bemühungen um Rüstungskontrolle und Abrüstung auf. Erstmals jedoch fordert die DPG in ihrer aktuellen Resolution konkrete und präzise Schritte wie den Abzug der verbliebenen Nuklearwaffen aus Europa, einen Verzicht auf den Ersteinsatz dieser Waffen und eine Nuklearwaffen-Konvention, die diese Waffen ächtet und verbietet.


 

ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS