Pleiten, Pech und Pannen der US-Alliierten bestimmen
die Schlagzeilen. Amerikanisches „Friendly Fire“ holt einen britischen
Tornado vom Himmel. Der Irak brüstet sich mit US-Kriegsgefangenen.
Heftige Bombardements gehen weiter, aber der Vormarsch auf Bagdad
stoppt. Nur eines fehlt in den deutschen Medien: Brauchbares zum
Krieg im Norden des Iraks, in den Kurdengebieten.
Gerade das aber müsste schon von den politischen Rahmenbedingungen
her interessieren. Die Türkei hat ihre Linie eingehalten –
der US-Plan einer eigenständigen Nordfront ist gescheitert
– trotz verlockender US-Finanzangebote mit Hilfen und Krediten von
bis zu 30 Milliarden US-Dollar. Washington gesteht sein Scheitern
und verlegt seine modernste Heeresdivision, die 4. Infanteriedivision
aus dem Mittelmeer durch den Suezkanal nach Süden. Jetzt muß
sich Ankara nicht mehr sorgen, ob türkische Soldaten unter
US-Oberbefehl gestellt werden könnten. Jetzt kann Ankara selbst
seine Regionalmacht-Karten ausspielen. Die wichtigste: Die immer
wieder angekündigte Absicht, selbst in den Nordirak einzudringen
und – so die offizielle Begründung - zu verhindern, dass ein
unabhängiger Kurdenstaat ausgerufen wird.
Das ruft Washington, Brüssel und Berlin auf den Plan: In selten
gewordener Einmütigkeit warnen sie Ankara vor einem solchen
Schritt. Berlin droht gar mit dem Abzug der deutschen AWACS-Soldaten,
die lediglich zum Schutz der Türkei befugt seien, nicht aber
zur Unterstützung eines türkischen Angriffskrieges auf
den Irak. Und doch: Es scheint, dass Ankara auch her seinen Preis
fordert – und bekommen könnte.
Das lässt uns den Blick über die Grenze in das Kriegsgebiet
werfen: Es ist schon erstaunlich. Obwohl seit Beginn der massiven
Bombardierungen des Iraks immer wieder Nachrichten auftauchen, dass
heftigste Schläge gegen Ziele im Nordirak, z.B.um die Städte
Mossul und Kirkuk, erfolgen – alle Informationen, die ein schlüssiges
Bild über die Lage im Norden vermitteln könnten fehlen
– als habe die Nachrichtenlosigkeit System. Washington bereitet
des Krieg medial auf, aber der Nordirak wird so gut wie ausgeblendet.
Vielleicht, weil es nicht opportun erscheint, die Lage in einem
Gebiet zu erhellen, in dem es wohl in nicht allzu großer Ferne
zu größeren Luftlandeoperationen kommen wird.
Nur eines ist medial klar: Im Nordostirak, an jener Grenze zum Iran,
über die die kurdische Schiitenbrigade einrückte und nahe
der Washington die Al-Qaida-Unterstützer wähnt, wird bombardiert,
was das Zeug hält. Hier sterben Dutzende, wenn nicht Hunderte
von Menschen.
Gegen die Probleme, die sich im Nordirak abzeichnen, könnten
jene, die am heutigen Tag die Schlagzeilen beherrscht haben, Kinkerlitzchen
gewesen sein.
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