Durchbruch
Geschrieben am 02.04.2003 um 23.40 Uhr / von Otfried Nassauer


Eilige Erfolgsmeldungen aus dem Pentagon. Der Vormarsch auf Bagdad laufe wieder. Erste Verbände seien bis auf 30 Kilometer zur irakischen Hauptstadt vorgedrungen. Eine neue Angriffsphase habe begonnen. Eine strategisch wichtige Brücke über den Tigris sei erobert worden. Unvermindert würden die schweren Bombardements aus der Luft weitergegangen. Und wieder: Die Börse reagiert. Die Kurse steigen. Die Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges sucht auch im Wirtschaftsleben ihre Ausdrucksform.

Doch erneut ist Vorsicht geboten. Die massiven Bombardierungen aus der Luft können zeitlich nicht unbegrenzt aufrecht erhalten werden. Besatzungen und Material brauchen Pausen. Derzeit werden die Flugzeuge pro Tag zu durchschnittlich zwei Einsätzen losgeschickt – in der Mehrzahl zu Missionen, bei denen es keine vorgeplanten Ziele gibt, d.h. zu Einsätzen vor allem gegen die Bodentruppen, die sich den US-Truppen entgegenstellen. Dieses Einsatztempo kann zwei oder drei Tage aufrechterhalten werden – dann muss es reduziert werden, weil Mensch und Material nicht mehr mitmachen.

Der Vorstoß über den Tigris dagegen könnte strategische Bedeutung haben. Wenn es US-Truppen gelingt, diese Brücke langfristig zu halten und nördlich von Al-Kut mit größeren Kräften auf das östliche Ufer des Flusses überzusetzen, dann könnte es auch gelingen, ein oder sogar zwei Divisionen der republikanischen Garden, die sich bei Al-Kut und etwas weiter nördlich eingegraben haben, zu umgehen und von Bagdad abzuschneiden. Auf dem Weg nach Bagdad wäre dann mit relativ geringem Widerstand zu rechnen – der schwächer verteidigte Osten der irakischen Hauptstadt wäre erreichbar. Sicher ist ein solcher Verlauf allerdings nicht, denn zum einen müssten die irakischen Kräfte in diesem Fall mit heftigen Gegenangriffen versuchen, den US-Nachschub über die Tigrisbrücke zu unterbrechen. Zum anderen ist eine alte Kriegsweisheit zu beachten: Läuft der eigene Vormarsch allzu gut, dann könnte man auch in einen Hinterhalt marschieren.

Offen ist auch, welche Auswirkungen die massiven Schläge aus der Luft auf die irakischen Bodentruppen haben: Werden diese, wie seitens der USA erhofft, in ihrer Kampfkraft um 40 oder 50 Prozent geschwächt, dann könnte auch der bei Kerbala zum Stehen gekommene Angriff wieder aufgenommen werden.

Die Wahrheit wird sich erst in den kommenden Tagen herausstellen.

 

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