Die Tageszeitung - TAZ
02. März 2016


Korruption bei Bremer Rüstungsexporten?

Interview mit Otfried Nassauer

 

taz: Herr Nassauer, Sie sprechen heute über Rüstungsexporte und Korruption, wieso hängt das so eng zusammen?

Otfried Nassauer: Rüstungsexporte und Korruption sind oft wie siamesische Zwillinge. Als Griechenland die Ursachen seiner Staatsverschuldung untersuchte, kam heraus, dass bei fast allen großen deutschen Rüstungsexporten nach Athen ein Korruptionsverdacht bestand. Es bestätigte sich, dass der Rüstungsexportbereich zu den korruptionsanfälligsten Wirtschaftsbereichen gehört.


taz: In Bremen ist grade der Fall Atlas Elektronik bekannt geworden, gibt es noch mehr Bremer Verwicklungen?

Es gibt bisher zwei größere Fälle in Bremen: RDE, Rheinmetall Defence Electronics und Atlas Elektronik. Rheinmetall hat sein unsauberes Verhalten bereits zugeben und Strafzahlungen akzeptiert. Bei Altas Eletronik laufen die Untersuchungen noch und da geht es um die Türkei. Beide waren früher eine Firma, STN Atlas, ein Teil der Fälle reicht in dieser Zeit zurück. 


taz: Wieso haben viele Firmen keine Skrupel korrupte Geschäfte einzugehen?

Korruption macht es oft leichter, Gewinne zu schreiben. Bis ungefähr 2000 war die Bestechung ausländischer Entscheidungsträger auch nicht strafbar. Bestechungssummen konnten als "nützliche Aufwendungen" sogar von der Steuer abgesetzt werden. Dadurch ist eine Kultur entstanden, in der Schmiergelder dazu gehörten. Man konnte so auch dann Aufträge gewinnen, wenn man das schlechtere Angebot für den Kunden hatte. Als das strafbar wurde, war es schwer von dieser Kultur herunterzukommen. Viele haben so weitergemacht wie vorher. Das Risiko wurde zu Mittelsmännern und Mitarbeitern verschoben, Geld floss verstärkt über Steuerparadiese und Scheinfirmen.


taz: Was kann gegen Korruption getan werden?

Die Verjährungsfrist für Korruptionsverdacht ist im Vergleich zu Steuervergehen zu kurz. Sie beträgt fünf Jahre. Um das Risiko für die Beteiligte zu erhöhen, müsste man diese Frist verlängern. Der mögliche Strafrahmen für die Firmen wird auch oft nicht ausgeschöpft. Und wichtig ist auch eine bessere Prävention: Allen Beteiligten muss klar sein, dass Korruption extrem schädlich ist.



ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS