Eine Altlast mit aktuellen Folgen – Die Türkei
belieferte Kenia mit G3-Gewehren
von Otfried Nassauer
Kenia hat im Jahr 2016 10.700 G3A3 Gewehre aus der Türkei
erhalten. Das geht aus der türkischen Jahresmeldung
für 2016 an das Waffenregister der Vereinten Nationen (UNROCA)
hervor. Ob damit alle Lieferungen an das ostafrikanische Land gemeldet
wurden oder nur ein Teil ist nicht bekannt, da Ankara für die
Jahre 2014 und 2015 keinen Bericht über seine
Rüstungsexporte bei der UNO abgab.
Die Sturmgewehre für Kenia stammen aus der Produktion des
staatlichen türkischen Konzerns MKEK in Kirikkale
östlich von Ankara. Dort kann das Gewehr aufgrund einer alten
deutschen Lizenz aus dem Jahre 1967 seit vielen Jahrzehnten produziert
werden, ohne das Zulieferungen aus Deutschland benötigt
würden. Die Lizenz erteilte damals die Bundesregierung. Sie
hielt die Rechte an dieser Kriegswaffe, weil deren Entwicklung aus dem
Verteidigungshaushalt finanziert worden war. Wahrscheinlich handelte es
sich bei den Waffen für Nairobi nicht um neu produzierte
Gewehre, sondern um eine Lieferung aus
Überschussbeständen der türkischen
Sicherheitskräfte. Die türkische Armee nutzte das G3
jahrzehntelang als Standardwaffe und besaß Hunderttausende.
Nachdem MKEK bei Heckler & Koch 1998/99 die Herstellungslizenz
für das Sturmgewehr HK33 erworben hatte, wurden die ersten G3
durch diese sehr ähnliche Waffe des kleineren
NATO-Standard-Kalibers 5,56mm abgelöst. Seit 2014
können weitere G3 durch eine neue, in der Türkei
selbst entwickelten Waffe, das Sturmgewehr MPT 76, ersetzt werden.
Obwohl Kenia zu den großen Nutzerstaaten des G3
gehört, wurde es nie direkt aus Oberndorf beliefert. Als
Nairobi das G3 einführte, erhielt es G3-Gewehre aus der
britischen Lizenzproduktion des G3s in Enfield. Später sollen
die Bestände aus der Lizenzproduktion in Pakistan und dem Iran
ergänzt worden sein. Detailangaben dazu fehlen aber. Mit der
Türkei hat Kenia nun eine neue Nachschubquelle aufgetan.
Der Export stellt wahrscheinlich keinen türkischen
Verstoß gegen die Lizenzvereinbarung mit Deutschland dar.
1967 wurden standardmäßig in solche
Lizenzvereinbarungen noch keine Vorschriften aufgenommen, die Ankara
veranlasst haben könnten, in Berlin nachzufragen, ob man dort
mit einem Reexport in ein Drittland wie Kenia einverstanden sei. Der
Iran, der im gleichen Zeitraum auch eine G3-Lizenz erwarb, musste
dagegen schon damals eine Erklärung zum Endverbleib abgeben.
Exporte aus der iranischen Lizenzproduktion betrachtet die
Bundesregierung als unrechtmäßig.
ist
freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum
für Transatlantische Sicherheit - BITS
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