Originalbeitrag
17. März 2019


Deutscher Kriegswaffenexport - 90 Prozent Ausnahmen

von Otfried Nassauer


Aus den jährlichen Rüstungsexportberichten der Bundesregierung geht hervor, dass in den vergangenen vier Jahren jeweils mehr als 80 oder gar 90% aller Kriegswaffen, die von deutschen Rüstungsfirmen exportiert wurden, in die politisch umstrittene Gruppe der Drittländer geliefert wurden. Zu dieser Ländergruppe gehören zum Beispiel viele besonders problematische Länder wie Saudi Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten oder Algerien. Bereits seit sieben Jahren sind die deutschen Kriegswaffen-Exporte in diese Ländergruppe umfangreicher als die Lieferungen in Länder der EU, der NATO und an Gleichgestellte wie Japan, Australien oder die Schweiz.

Eigentlich müsste es genau umgekehrt sein. Die "Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern" (2000) schreiben vor, dass der Export von Kriegswaffen in NATO-Länder, EU-Mitgliedstaaten und gleichgestellte Länder "grundsätzlich nicht zu beschränken ist", also nur in begründeten Ausnahmefällen untersagt wird. Dagegen gilt für Drittländer: "Der Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern wird nicht genehmigt, es sei denn, dass im Einzelfall besondere außen- oder sicherheitspolitische Interessen der Bundesrepublik Deutschland unter Berücksichtigung der Bündnisinteressen für eine ausnahmsweise zu erteilende Genehmigung sprechen."

Mehr als 80 oder 90 Prozent der gesamten deutschen Kriegswaffenausfuhr der letzten vier Jahre und die Mehrheit aller Kriegswaffenausfuhren der letzten sieben Jahren sind also Ausnahmefälle, in denen die "außen- und sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik" für eine Lieferung sprachen. Diese Ausnahmen stellen offenbar die Regel dar. 

Verantwortlich für diesen Anstieg der kommerziellen Kriegswaffenexporte in Drittstatten sind vor allem die seit Jahren rasch ansteigenden Exporte in Staaten der MENA-Region (Middle East and North  Africa), Länder die oft von inneren und äußeren Konflikten und von einer sehr problematischen Menschenrechtslage geprägt sind.


Tatsächliche kommerzielle Kriegwaffenexporte Deutschlands in Mio. € (und Prozent)

Jahr

Kriegswaffenexport in NATO-, EU - und gleichgestellte Länder in Mio. €

in Prozent

Prozent in Drittländer

Kriegswaffenexport in Drittländer 
In Mio. €

2017

249,6

9,4

90,6

2.400

2016

184,1

7,4

92,6

2.300

2015

225,6

16

84,0

1.170

2014

229,9

15,5

84,5

1.338

2013

311,4

36

64,0

568,1

2012

383,4

40,7

59,3

559,1

2011

402,9

32

68,0

842,8

2010

1.622

78

22,0

453,0

2009

1.027,2

85

15,0

179,7

2008

1,292

70

30,0

388,8

Quelle: Rüstungsxportberichte der Bundesregierung 2009-2018


ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS