Kreativer Rüstungsexport nach Saudi-Arabien - Bundesregierung hilft Rheinmetall und KAMAG
von Otfried Nassauer
Die Bundesregierung hat Genehmigungen deutscher Rüstungsexporte
nach Saudi-Arabien gestoppt. Neue Genehmigungen werden seit Herbst 2018
nicht mehr erteilt. Inhaber alter Genehmigungen wurden nach der
Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khaschoggi gebeten, diese
nicht mehr zu nutzen. Jetzt sich gezeigt, wie kreativ die
Bundesregierung ihre eigenen Beschlusslage handhabt, um deutschen
Exporteuren nicht zu schaden.
Anfang April erlaubte der Bundessicherheitsrat der Ulmer Firma
KAMAG den Export von Technologie für die Herstellung von
Satteltiefladern nach Frankreich. Die Tieflader für den
Panzertransport sind für Saudi-Arabien bestimmt und sollten
ursprünglich in Ulm bei KAMAG gebaut werden.
Jetzt sollen sie die Panzertransporter - bei denen es
wahrscheinlich um den für Wüstenböden besonders gut
geeigneten Typ PTL 70-90 geht - bei der kleineren französischen
Schwesterfirma von KAMAG, der Nicolas Industries, endmontiert werden.
Die Anhänger haben eine besondere Ausstattung. Sie verfügen
über einem eigenen Hilfsantrieb für zwei Achsen, der
verhindern soll, dass das Gefährt im Gelände steckenbleibt.
KAMAG und Nicolas Industries gehören beide zu der bei
Heilbronn ansässigen deutschen TII-Gruppe, die auf
Schwerlasttransporte spezialisiert und seit 2016 in erheblichen
wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist. Wurde das
Geschäftsjahr 2015 noch mit einem Gewinn von knapp 11 Mio. €
abgeschlossen, endete 2016 mit einem Verlust von 2,8 Mio. €. 2017
wuchs das Minus rapide auf 29,9 Mio. €. Der Umsatz sank zugleich
auf 172,5 Mio. €. Ende 2018, Anfang 2019 standen deshalb bei
Nicholas noch umfangreiche Entlassungen und eine Einstellung der
Produktion zur Debatte. Nun verschafft der Saudi-Arabien-Auftrag der
deutschen Schwesterfirma dem Betrieb wohl eine Atempause.
Die saudische Bestellung gehört zu einem
Großauftrag, den die Rheinmetall AG über ihr Joint Venture
RMMV vor knapp drei Jahren eingeheimst hatte. Ende 2016 meldete der
Düsseldorfer Konzern einen Auftrag für 134 Mio. €. Ein
"internationaler Kunde" habe 110 schwere Zugmaschinen aus der Baureihe
HX81 und die zugehörige Betreuung für fünf Jahre
bestellt. Die Auslieferung sei für Ende 2018 / Anfang 2019
geplant, Folgeaufträge seien möglich. Beauftragt wurden zudem
die Tieflader für den Transport gepanzerter Fahrzeuge.
Die Zugmaschinen stehen bis heute noch fast alle in Europa.
Helmuth Merch, ein Vorstandsmitglied der Rheinmetall AG, beschrieb die
Ursache vor Bankanalysten im November 2018: Saudi Arabien erwarte eine
komplette zusammenhängende Lieferung, also Zugmaschinen und
Anhänger. Während Rheinmetall rechtzeitig eine
Ausfuhrgenehmigung erhalten habe, sei das bei dem Hersteller der
Anhänger nicht der Fall und derzeit auch nicht zu erwarten.
Saudi-Arabien sei nicht bereit, zunächst nur die Zugmaschinen
abzunehmen. Deshalb seien diese zum großen Teil auch noch nicht
ausgeliefert und bezahlt worden.
Mit der Verlagerung der Endfertigung der Auflieger nach
Frankreich scheint man jetzt einen neuen Lieferweg gefunden zu haben.
Frankreich beliefert Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen
Emirate ungeachtet des Mordes an Khaschoggi und des Kriegs im Jemen
derzeit noch ohne mit der Wimper zu zucken.
ist
freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum
für Transatlantische Sicherheit - BITS
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