Vorsichtige Industrie - Unvorsichtige Bundeswehr
von Otfried Nassauer
Zwei Orte, zwei große Schießplätze und zwei
Entscheidungen, die kaum unterschiedlicher hätten sein
können. Auf die lange Trockenheit im Sommer 2018 und die damit
verbundene Brandgefahr hat die Bundeswehr ganz anders reagiert als der
Rüstungskonzern Rheinmetall. Während die Bundeswehr auf dem
Gelände der Wehrtechnischen Dienststelle 91 in Meppen Ende August
und Anfang September 2018 insgesamt 74 Erprobungsschüsse
mit einem Kampfhubschrauber vom Typ Tiger und 70mm-Raketen
durchführen ließ und dabei einen riesigen, wochenlangen
Moorbrand mit wahrscheinlich mehrstelligem Millionenschaden
verursachte, hat die Rheinmetall AG aufgrund der hohen Brandgefahr auf
geplante Überprüfungsschießen auf ihrem
Schießplatz in Unterlüss verzichtet. So ist es in dem
Protokoll eines Telefonats der Firma mit Analysten vom 8. November 2018 nachzulesen.
Während bei der Bundeswehr die Befürchtung
überwog, eine Vertagung des Schießens werde Zusatzkosten in
Höhe mehr als einer halben Million Euro verursachen, betrachtete
die am Gewinn orientierte Rüstungsfirma die Brandgefahr wohl als
nicht vertretbares wirtschaftliches Risiko und vertagte ihre geplanten
Probeschüsse. Nach Firmenangaben wurden diese später bei
günstigeren Witterungsbedingungen nachgeholt.
Und doch war die Rheinmetall AG an den Vorgängen in Meppen nicht
gänzlich unbeteiligt. Die 70mm-Raketen des Typs FZ90, die dort
erprobt wurden, stammen von einer belgischen Tochter des
französischen Rüstungskonzerns Thales. Diese bezieht den Raketenmotor
und möglicherweise auch die Treibmittel für ihre
70mm-Flugkörper gewöhnlich von dem südafrikanischen
Unternehmen RDM, Rheinmetall Denel Munition, einem
Gemeinschaftsunternehmen, an dem Rheinmetall 51% und das
südafrikanische Staatsunternehmen Denel 49% halten. Die Raketen
dienen zur Bewaffnung des Hubschraubers für die
Luftnahunterstützung.
ist
freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum
für Transatlantische Sicherheit - BITS
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