USA drohen Schweden wegen Atomwaffenverbotsvertrag
von Otfried Nassauer
Washington ist offenbar entschlossen, selbst befreundete,
neutrale Nationen massiv unter Druck zu setzen, damit diese den im
Sommer bei der UNO ausgehandelten Vertrag über ein Verbot
nuklearer Waffen nicht unterzeichnen. Das bekam jetzt Schweden zu
spüren.
Wie die schwedische Zeitung Svenska Dagblatt Ende August
berichtete, hat US-Verteidigungsminister Jim Mattis seinem schwedischen
Kollegen Peter Hultqvist einen eingestuften Brief geschrieben, in dem
er diesem mitteilt: Wenn Schweden den Vertrag wie angekündigt
unterschreibe, werde dies negative Konsequenzen sowohl für die
bilaterale Rüstungszusammenarbeit auf wirtschaftlichem Gebiet wie
auch für die Bereitschaft der USA haben, Stockholm im Falle eines
militärischen Angriffs auf Schweden zu helfen.
Schweden ist eines jener 122 Länder, die im Juli 2017
einem Vertragsentwurf zugestimmt haben, der die Entwicklung, das
Testen, die Produktion, den Erwerb und Besitz sowie die Lagerung und
den Einsatz oder die Drohung mit dem Einsatz von Kernwaffen und anderen
nuklearen Explosionskörpern verbietet. Er untersagt auch die
direkte oder indirekte Weitergabe der Kontrolle über
Nuklearwaffen, deren Lagerung auf dem Territorium der
Vertragsmitglieder, sowie jede direkte oder indirekte
Unterstützung bei der Verletzung der in dem Vertrag
ausgesprochenen Verbote und stärkt damit dem nuklearen
Nichtverbreitungsvertrag, besser als Atomwaffensperrvertrag bekannt,
den Rücken.
Mit Beginn der Generalversammlung der Vereinten Nationen in
diesem Monat wird die neue Nuklearwaffenkonvention zur Unterzeichnung
ausgelegt. Es wird erwartet, das Schweden zu den Erstunterzeichnern
gehören würde.
Die deutsche Bundesregierung hat sich an der Aushandlung des
Vertragsentwurfs nicht beteiligt. Die Regierung Barack Obama’s
hatte ihre NATO-Verbündeten bereits vor der Abstimmung über
das Verhandlungsmandat im Herbst 2016 aufgefordert, solche
Verhandlungen abzulehnen. In einem mehrseitigen Schreiben der
US-Botschaft bei der NATO wurden die europäischen NATO-Staaten
eindringlich davor gewarnt, der nukleare Schutz Washingtons für
seine Verbündeten in Europa und im Pazifikraum könne durch
einen solchen Vertrag delegitimert oder rechtswidrig und somit
gefährdet werden. Diesem Druck beugte sich ein Großteil der
Staaten und argumentierte, ein solcher Vertrag sei das falsche Mittel
zum falschen Zeitpunkt, um Fortschritte bei der nuklearen
Abrüstung zu erreichen.
Der Druck Washingtons konnte die Aushandlung des
Nuklearwaffenverbotsvertrags jedoch nicht verhindern. Deutlich mehr als
die Hälfte aller Staaten der Erde stimmten diesem zu. Der Vertrag
wird am 20.September 2017 zur Unterzeichung ausgelegt. Sobald ihn 50
Staaten ratifiziert haben, tritt er binnen 90 Tagen in Kraft. Es ist
davon auszugehen, dass diese Hürden genommen werden können.
ist
freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum
für Transatlantische Sicherheit - BITS
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