Zweifel an neuer Aufklärungsdrohne
von Otfried Nassauer
Ein Bericht des US-Verteidigungsministeriums zeigt, dass die
Bundeswehr bei der Suche nach einem Nachfolger für die gefloppte
Aufklärungsdrohne „EuroHawk“ erneut in Schwierigkeiten kommen
könnte. Die als Nachfolger favorisierte Drohne der US-Marine
"Triton", eine Weiterentwicklung der „Global Hawk“ und
des „EuroHawks“, wurde bei ersten Testflügen durch „mangelnde
Systemstabilität“ geplagt.
Die Entwicklung eines Luft-Luft-Radars für diese Drohne musste
sogar abgebrochen werden. Eine neue technische Lösung wurde Anfang
dieses Jahres zwar ausgewählt, wird aber voraussichtlich erst
verfügbar sein, wenn die Drohne 2019/20 ihre vorläufige
Einsatzfähigkeit erreichen soll.
Das Luft-Luft-Radar dient der Drohne als „Auge“. Es muss
absolut verlässlich funktionieren, wenn Triton anderen
Luftfahrzeugen unterwegs autonom ausweichen muss. Nur mit einem
äußerst zuverlässig funktionierendes Ausweichsystem an Bord würde
es ermöglichen, die Drohne wie geplant auch für zivil genutzte
Lufträume zuzulassen.
Damit muss weiter als unsicher gelten, ob "Triton" in
Deutschland die erforderliche Zulassung bekommen könnte. Ähnlich
wie schon bei EuroHawk müsste sich die Bundeswehr auf die Zusage der
US-Industrie verlassen, das Problem rechtzeitig zu lösen, bevor die
Bundeswehr sie bekommt.
Die Bundeswehr sucht seit dem Flop und Stopp des „Euro Hawk"
nach einem neuen Träger für ihr eigenes elektronisches
Signal-Aufklärungssystem ISIS. Die Drohne "Triton" ist
dabei der Favorit, so die jüngst veröffentlichte militärische
Luftfahrtstrategie des Verteidigungsministeriums. Bis Ende dieses
Jahres 2016 will das Berliner Ministerium eine Auswahlentscheidung
für das Trägersystem treffen. Alternativ kämen bemannte Flugzeuge
als Euro Hawk-Nachfolger in Frage.
In den USA hat die US-Marine im Februar 2016 erste Tests mit der
Triton angeblich erfolgreich abgeschlossen. Bei Flugtests konnte
nachgewiesen werden, dass die Überwachung des Schiffsverkehrs auf
See mit der vorgesehenen Missionsausrüstung funktioniert. Die
US-Marine hat deshalb gute Argumente, auch 2017 Gelder für dieses
Vorhaben vom Kongress bewilligt zu bekommen.
Das Grundproblem der Bundeswehr wird dagegen nicht gelöst: Sie
musste das Vorhaben „EuroHawk“ auch deshalb stoppen, weil nicht
garantiert werden konnte, dass diese Drohne künftig auch für zivil
genutzte Lufträume zugelassen werden könnte und weil nicht zu
garantieren war, dass rechtzeitig ein verlässliches automatisiertes
Ausweichsystem zur Verfügung stehen würde, das Kollisionen mit
anderen Luftfahrzeugen gesichert verhindert. Ein solches System kann
möglicherweise auch erst gegen Ende des kommenden Jahrzehnts
verfügbar werden, weil in Europa ein neues
Luftverkehrsmanagementsystem eingeführt wird, dessen technische
Anforderungen und normative Vorgaben auch von einem automatisierten
Ausweichsystem an Bord von Drohnen eingehalten werden müssen.
Experten schätzen, dass dies erst 2028 der Fall sein wird, also
Jahre nach der geplanten Einführung der Triton-Drohne.
ist
freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum
für Transatlantische Sicherheit - BITS
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