Obama modernisiert Atomwaffen
von Otfried Nassauer
Die US-Administration unter Präsident Barack Obama hat kurz vor
dem Ende ihrer Amtszeit noch einmal wichtige Schritte zur
Modernisierung des Atomwaffenpotentials der USA gebilligt.
Die Entwicklung einer neuen Version der B61-Atombombe geht in ihre
letzte Phase. Ab 2020/2021 soll die Serienfertigung der B61-12
beginnen. Die Waffe soll auch in Europa stationiert werden und die aus
dem Kalten Krieg stammenden Modelle B61-3 und B61-4 ablösen. Vor
allem Polen und Balten drängen in der NATO seit Jahren darauf, die
Rolle der nuklearen Abschreckung Russlands im Bündnis wieder zu
stärken. Beim Warschauer NATO-Gipfel im Juli 2016 erzielten sie
einen Teilerfolg. Die Allianz warf Moskau eine „unverantwortliche
agressive Nuklearrhetorik“ vor betonte, dass sie ihre Strategie
„im Lichte der Entwicklungen des sicherheitspolitischen
Umfelds“ weiter anpssaen werde.
Zwei weitere Modernisierungsschritte leitete die US-Luftwaffe ein. Sie
hat die Industrie aufgefordert, technische Vorschläge für
zwei neue strategische Trägersysteme für Nuklearwaffen
einzureichen. Im kommenden Jahr will sie erste Entwicklugsverträge
für einen neuen Marschflugkörper großer Reichweite
(LRSO) vergeben, der an Bord der strategischen Bomber B-52, B-2 und
B-21 eingesetzt werden und die vorhandenen luftgestützten
Marschlugkörper (ALCM) ablösen soll. Parallel bereitet die
National Nuclear Security Administration eine Modernsierung der
Sprengköpfe für die Marschflugkörper vor. Die
Notwendigkeit dieses teuren Vorhabens ist auch im Kongress umstritten.
Industrievorschläge hat die Luftwaffe auch für zweites, noch
teureres Vorhaben angefordert. Die landgestützten
US-Interkontinentalraketen vom Typ Minuteman III und deren
Kommandosystem sollen ersetzt werden. Um für dieses Vorhaben zu
werben hatte die Luftwaffe vor einigen Monaten öffentlich gemacht,
dass das gegenwärtige System noch mit 5,25 Zoll-Floppy-Disks
arbeitet, Datenträgern aus den 1970er und frühen 1980er
Jahren. Erste Verträge für die neue Rakete sollen ebenfalls
noch 2017 abgeschlossen werden. Das Nachfolgesystem wird derzeit als
GBSD bezeichnet und soll – wie der neue Marschflugkörper um
2030 herum eingeführt werden.
Über den tatsächlichen Entwicklung beider Systeme wird
bereits der oder die NachfolgerIn Obamas entscheiden. Eine
Vorentscheidung dürfte im Kontext der Erarbeitung eines neuen
„Nuclear Posture Reviews“ erfolgen. Ein solches Dokument
muss jede/r neue PräsidentIn dem Kongress nach der erstmaligen
Wahl vorlegen. Die Nuklearpolitik der Regierung Obama basiert bis heute
auf dem Nuclear Posture Review aus dem Jahr 2010. Die
Obama-Administration hatte sich damals entschieden, eine Modernisierung
aller nuklearen Trägersysteme und aller auch künftig
vorgesehenen atomaren Sprengkopftypen zu verfolgen, deren Typenvielfalt
aber zu reduzieren. Der Nuclear Posture Review 2010 sah auch eine
Beibehaltung der in Europa stationierten US-Atomwaffen vor. Dies fand
noch im gleichen Jahr Eingang in eine neue NATO-Strategie, die bei
einem Gipfeltreffen des Bündnisses in Lissabon verabschiedet
wurde.
ist
freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum
für Transatlantische Sicherheit - BITS
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