Das Saudi Arabien-Geschäft des Friedrich Lürssen
von Otfried Nassauer
Die neue Bundesregierung hält Wort.
Sie fördert den deutschen
Rüstungsexport. Gleich zu Beginn ihrer Amtszeit hat der
„Interministerielle Ausschuss“, ein
Kabinettsausschuss, der über
Außenwirtschaftsbürgschaften entscheidet, ein
Milliardengeschäft
mit Saudi-Arabien abgesichert. Wenn das autokratisch regierte
Königreich bei der deutschen Firma Lürssen 146
Grenzschutzboote
bestellt, haftet der deutsche Steuerzahler mit sogenannten
Hermes-Bürgschaften im Wert von 1,4 Milliarden Euro. Was
schwimmt,
geht.
Friedrich Lürssen hat schon oft ein
Händchen für lukrative
Militärgeschäfte bewiesen. Seine Bremer Werftengruppe
führt er
seit Jahren erfolgreich durch die Untiefen der Schiffsbaukrisen.
Geschäft ist für ihn Geschäft, auch wenn der
Kunde alles andere
als ein demokratisch regierter Staat ist. Das war bei den Bremern
schon immer so. Zu den Lürssen-Kunden zählten
Militärregime und
Diktatoren. Jetzt ist Lürssen dabei, wieder einen ganz
besonders
dicken Fisch an Land zu ziehen. Die Werft will eines der
größten
Exportgeschäfte über Patrouillenbooten
abschließen, das es je zu
gewinnen gab. Schnell- und Patrouillenboote, das ist
Spezialität der
Werft. Mit Schiffen, die selten länger als 50 oder 60 Meter,
dafür
aber extrem wendig und wirksam bewaffnet waren, beliefert die Bremer
Werft nicht nur die Bundeswehr, sondern auch die Welt.
Derzeit verhandelt Friedrich Lürssen mit dem
Innenministerium
Saudi-Arabiens über ein großes Paket von 146 Booten
unterschiedlicher Typen zur „Grenzsicherung“.
Insgesamt geht es
um 1,4 bis 1,5 Milliarden Euro, der reine Fertigungswert der Boote
soll 900 Mio. € betragen. Seit 2010 zieht sich das hin.
Lürssen
bekam auf seine Voranfrage, ob er im Erfolgsfall liefern
dürfe,
damals ein „grünes Licht“ aus dem
Bundessicherheitsrat. Jetzt befinden sich die Verhandlungen in der
Endphase. Lürssen muss seinem
potentiellen Auftraggeber die außenwirtschaftliche
Absicherung des
Geschäftes in Deutschland belegen, in Saudi Arabien muss die
Finanzierung sichergestellt werden. Dann kann der endgültige
Vertrag
unterzeichnet werden.
Es geht um zwei Führungsboote, 33
hochseefähige
Patrouillenboote, 79 schnelle Einsatzboote und 32 Arbeitsboote. Eine
Option auf weitere Boote, die später bestellt werden
können, ist im
Gespräch. Was auf den ersten Blick harmlos aussieht, ist es
nicht.
Das saudische Innenministerium will Boote, die eine
militärtaugliche
Ausrüstung und Bewaffnung tragen. Das geht aus einer
Beschreibung
hervor, die Ende 2010 in den USA veröffentlicht wurde, damit
sich
auch US-Werften um den Auftrag bewerben konnten. Für die 33
Patrouillenboote forderte die Ausschreibung, dass diese eine
stabilisierte 30mm-Kanone, einen SeaRAM- Raketen- sowie
Düppelwerfer
tragen sollten sowie zusätzlich mit Maschinengewehren und
Granatwerfern ausgestattet werden können. Ihre Reichweite
solle
1.000 Seemeilen und ihre Seeausdauer sechs Tage betragen. Die Boote
sollen zwischen 35 und 45 Meter lang sein, ihre
Höchstgeschwindigkeit
soll mindestens bei 35 Knoten liegen.
Die Zahl der Boote ist so groß, dass
Lürssen im Vorgriff auf
dieses Geschäft eine weitere Werft hinzukaufte, um den Auftrag
abarbeiten zu können. Ende 2012 kaufte Lürssen die
ehemalige
Peenewerft in Wolgast von der insolventen P+S-Gruppe. Seit Mai 2013
ist diese Teil der Lürssen-Gruppe. Der ehemalige
militärische
Schiffsbaubetrieb der DDR in Mecklenburg-Vorpommern wurde nach der
Vereinigung der beiden deutschen Staaten mit Hilfe staatlicher
Fördermittel umfassend modernisiert, hat sich aber trotzdem
nicht
halten können. Auf der Peenewerft sollen die
größeren
Patrouillenboote gebaut werden, bestätigte
Lürssen-Sprecher Oliver
Grün gegenüber dem Weser-Kurier: „Wenn wir
den Auftrag bekommen
sollten, werden größere Arbeiten voraussichtlich auf
der Peenewerft
in Wolgast durchgeführt werden.“ Der Auftrag
für die etwa 15
Meter langen Schnellen Einsatzboote wird dagegen vermutlich als
Unterauftrag ins Ausland vergeben.
Als
die Bild-Zeitung 2013 erstmals über das Geschäft
berichtete,
reagierte die SPD empört. Thomas Oppermann, damals
parlamentarischer
Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag: „Die
Bundesregierung will offenbar Saudi-Arabien total hochrüsten
und hat
aus den öffentlichen Protesten gegen Waffenlieferungen in
dieses
Land nichts gelernt.“ Heute sind vorrangig SPD-Mitglieder in
der
Bundesregierung für Rüstungsexporte
zuständig: Außenminister
Frank Walter Steinmeier, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und
dessen Staatssekretär, der Bremer Abgeordnete und Maritime
Koordinator Uwe Beckmeyer. Der argumentierte jüngst im
Weser-Kurier,
Saudi-Arabien
sei „ein souveräner Staat“ und habe als
solcher „Grund, seine
Küsten zu schützen. Dafür muss man
Verständnis haben.“ Die
Signale stehen wieder auf grün: Was schwimmt, geht weiterhin.
Auch
mit der Sozialdemokratie.
ist
freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum
für Transatlantische Sicherheit - BITS
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