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10. Februar 2014


Das Saudi Arabien-Geschäft des Friedrich Lürssen

von Otfried Nassauer

Die neue Bundesregierung hält Wort. Sie fördert den deutschen Rüstungsexport. Gleich zu Beginn ihrer Amtszeit hat der „Interministerielle Ausschuss“, ein Kabinettsausschuss, der über Außenwirtschaftsbürgschaften entscheidet, ein Milliardengeschäft mit Saudi-Arabien abgesichert. Wenn das autokratisch regierte Königreich bei der deutschen Firma Lürssen 146 Grenzschutzboote bestellt, haftet der deutsche Steuerzahler mit sogenannten Hermes-Bürgschaften im Wert von 1,4 Milliarden Euro. Was schwimmt, geht.

Friedrich Lürssen hat schon oft ein Händchen für lukrative Militärgeschäfte bewiesen. Seine Bremer Werftengruppe führt er seit Jahren erfolgreich durch die Untiefen der Schiffsbaukrisen. Geschäft ist für ihn Geschäft, auch wenn der Kunde alles andere als ein demokratisch regierter Staat ist. Das war bei den Bremern schon immer so. Zu den Lürssen-Kunden zählten Militärregime und Diktatoren. Jetzt ist Lürssen dabei, wieder einen ganz besonders dicken Fisch an Land zu ziehen. Die Werft will eines der größten Exportgeschäfte über Patrouillenbooten abschließen, das es je zu gewinnen gab. Schnell- und Patrouillenboote, das ist Spezialität der Werft. Mit Schiffen, die selten länger als 50 oder 60 Meter, dafür aber extrem wendig und wirksam bewaffnet waren, beliefert die Bremer Werft nicht nur die Bundeswehr, sondern auch die Welt.

Derzeit verhandelt Friedrich Lürssen mit dem Innenministerium Saudi-Arabiens über ein großes Paket von 146 Booten unterschiedlicher Typen zur „Grenzsicherung“. Insgesamt geht es um 1,4 bis 1,5 Milliarden Euro, der reine Fertigungswert der Boote soll 900 Mio. € betragen. Seit 2010 zieht sich das hin. Lürssen bekam auf seine Voranfrage, ob er im Erfolgsfall liefern dürfe, damals ein „grünes Licht“ aus dem Bundessicherheitsrat. Jetzt befinden sich die Verhandlungen in der Endphase. Lürssen muss seinem potentiellen Auftraggeber die außenwirtschaftliche Absicherung des Geschäftes in Deutschland belegen, in Saudi Arabien muss die Finanzierung sichergestellt werden. Dann kann der endgültige Vertrag unterzeichnet werden.

Es geht um zwei Führungsboote, 33 hochseefähige Patrouillenboote, 79 schnelle Einsatzboote und 32 Arbeitsboote. Eine Option auf weitere Boote, die später bestellt werden können, ist im Gespräch. Was auf den ersten Blick harmlos aussieht, ist es nicht. Das saudische Innenministerium will Boote, die eine militärtaugliche Ausrüstung und Bewaffnung tragen. Das geht aus einer Beschreibung hervor, die Ende 2010 in den USA veröffentlicht wurde, damit sich auch US-Werften um den Auftrag bewerben konnten. Für die 33 Patrouillenboote forderte die Ausschreibung, dass diese eine stabilisierte 30mm-Kanone, einen SeaRAM- Raketen- sowie Düppelwerfer tragen sollten sowie zusätzlich mit Maschinengewehren und Granatwerfern ausgestattet werden können. Ihre Reichweite solle 1.000 Seemeilen und ihre Seeausdauer sechs Tage betragen. Die Boote sollen zwischen 35 und 45 Meter lang sein, ihre Höchstgeschwindigkeit soll mindestens bei 35 Knoten liegen.

Die Zahl der Boote ist so groß, dass Lürssen im Vorgriff auf dieses Geschäft eine weitere Werft hinzukaufte, um den Auftrag abarbeiten zu können. Ende 2012 kaufte Lürssen die ehemalige Peenewerft in Wolgast von der insolventen P+S-Gruppe. Seit Mai 2013 ist diese Teil der Lürssen-Gruppe. Der ehemalige militärische Schiffsbaubetrieb der DDR in Mecklenburg-Vorpommern wurde nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten mit Hilfe staatlicher Fördermittel umfassend modernisiert, hat sich aber trotzdem nicht halten können. Auf der Peenewerft sollen die größeren Patrouillenboote gebaut werden, bestätigte Lürssen-Sprecher Oliver Grün gegenüber dem Weser-Kurier: „Wenn wir den Auftrag bekommen sollten, werden größere Arbeiten voraussichtlich auf der Peenewerft in Wolgast durchgeführt werden.“ Der Auftrag für die etwa 15 Meter langen Schnellen Einsatzboote wird dagegen vermutlich als Unterauftrag ins Ausland vergeben.

Als die Bild-Zeitung 2013 erstmals über das Geschäft berichtete, reagierte die SPD empört. Thomas Oppermann, damals parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag: „Die Bundesregierung will offenbar Saudi-Arabien total hochrüsten und hat aus den öffentlichen Protesten gegen Waffenlieferungen in dieses Land nichts gelernt.“ Heute sind vorrangig SPD-Mitglieder in der Bundesregierung für Rüstungsexporte zuständig: Außenminister Frank Walter Steinmeier, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und dessen Staatssekretär, der Bremer Abgeordnete und Maritime Koordinator Uwe Beckmeyer. Der argumentierte jüngst im Weser-Kurier, Saudi-Arabien sei „ein souveräner Staat“ und habe als solcher „Grund, seine Küsten zu schützen. Dafür muss man Verständnis haben.“ Die Signale stehen wieder auf grün: Was schwimmt, geht weiterhin. Auch mit der Sozialdemokratie.



ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS