Leopard-2-Panzer für den Oman?
von Otfried Nassauer
Die Bundesregierung hat die vorübergehende Ausfuhr eines
Kampfpanzers vom Typ Leopard 2A7 zu Erprobungszwecken in den Oman
erlaubt. Das teilte das Wirtschaftministerium dem Bundestag über
eine Sitzung des Bundessicherheitsrates im Juni mit.
Geht es um eine Wüstenerprobung der Bundeswehr oder bahnt sich
hier ein neues, strittiges Exportgeschäft mit Leopard-Panzern an?
Das Verteidigungsministerium teilt auf Anfrage des Spiegels mit, man
habe keinen Ausfuhrantrag gestellt. Um Tests für die Bundeswehr
geht es also nicht. Das Ministerium verweist zudem darauf, man
prüfe eine Anfrage aus der Industrie, die Erprobung im Oman durch
militärisches Personal zu unterstützen. Bundeswehrpersonal
wird zum Beispiel benötigt, wenn mit dem Panzer während der
Erprobung geschossen werden soll. Diese Auskunft macht klar: Der Oman
will offenbar Panzer kaufen und die bayerische Rüstungsschiede
Krauss Maffei Wegmann hat wohl ihre Finger im Spiel. Auch wenn sie es
öffentlich nicht zugeben will. In München hofft man, nach
Katar noch einen zweiten Abnehmer für den Leopard-2 auf der
arabischen Halbinsel zu finden.
Weitere Hinweise liefert die türkische Presse:
Bereits Ende letzten Jahres wurde dort mit Stolz berichtet, der noch in
Entwicklung befindliche türkische Kampfpanzer „Altay“
stehe seit 2013 im Wettbewerb gegen den Leopard 2A7, den besten
Kampfpanzer der Welt. Auch der Ort des Wettbewerbs wird genannt: Der
Oman plane die Beschaffung von insgesamt 77 Kampfpanzern, neun
Aufklärungspanzern und acht Bergefahrzeugen. Zudem gehe es um
einen langfristigen Wartungsvertrag, Ausbildungsleistungen,
Ersatzteile und den Service. Möglicherweise sei auch die
Beschaffung von Panzerhaubitzen geplant.
Der Oman ist ein besonderer Kunde: Das autokratisch regierte Sultanat
ist einerseits eine autoritäre arabische Monarchie. Die
Menschenrechtslage ist alles andere als befriedigend. Amnesty
International und andere Menschenrechtsorganisationen bewerten sie
kritisch. Während des arabischen Frühlings 2011 ließ
der örtliche Herrscher, Quabus ibn Said, aufflammende Proteste
gewaltsam niederschlagen. Ein Einsatz des Militärs im Inneren kann
wie in vielen anderen arabischen Staaten keineswegs ausgeschlossen
werden. Andererseits ist der Oman vergleichsweise liberales arabisches
Land. Frauen haben dort beispielsweise viel weitergehende Rechte als in
Saudi-Arabien.
Ein besonderer Fall ist der Oman auch bei militärischen
Beschaffungen: Er schreibt seine Beschaffungsvorhaben meist nicht
öffentlich aus. Sultan Quabus ibn Said ist in Personalunion auch
Verteidigungsminister. Er lädt ausgewählte, ihm genehme
Lieferanten zu einem Angebot ein. Meist sind das nicht mehr als zwei
konkurrierende Firmen. Krauss Maffei Wegmann und die türkische
Firma Ottokar sind in diesem Fall mit von der Partie. Ende 2015, Anfang
2016 wollte der Sultan ursprünglich entscheiden, wer ihm die
Panzer liefern soll. Es ist jedoch gut möglich, dass sich die
Entscheidung noch etwas auf sich warten lässt.
Der türkische Panzer Altay existiert bisher nur als Prototyp, der
bald in Serie gehen soll. Ihm fehlt jedoch noch ein Motor, der frei
reexportiert werden kann. Bislang wird eine Maschine des deutschen
Herstellers MTU verbaut, die der Bundesregierung ein Mitspracherecht
bei Reexporten ermöglicht. In der Türkei will man deshalb in
den nächsten Jahren einen eigenen Motor und ein dazu passendes
Getriebe entwickeln lassen, um bei Panzer-Exporten nicht die Erlaubnis
Dritter einholen zu müssen.
Für das relativ wohlhabende und gering verschuldete Sultanat Oman
bedeutet das Vorhaben trotzdem eine gewaltige finanzielle Anstrengung.
Bei einem jährlichen Staatshaushalt von nur etwa 32 Milliarden
Euro stellt eine militärische Beschaffung im Volumen von rund 2
Milliarden Euro – soviel bezahlte Katar für ein
ähnliches Paket – eine gewaltige Belastung dar. Hinzu kommt,
dass die derzeit niedrigen Öl- und Gaspreise den Oman bereits
heute zur Aufnahme neuer Staatsschulden zwingen. Gut möglich, das
auch dies zu einer späteren Beschaffungsentscheidung führt.
In Deutschland wird derweil immer unklarer, welche Länder
auf der arabischen Halbinsel deutsche Panzer beziehen dürfen und
welche nicht. Katar kann offenbar deutsche Panzer bekommen,
Saudi-Arabien jedoch nicht. Das Wirtschaftsministerium in Berlin beeilt
sich deshalb, klarzustellen, die Ausfuhrgenehmigung zur Erprobung sei
„keinerlei Präjudiz für weitere Genehmigungen“.
Bundeswirtschaftsminister Gabriel habe wiederholt deutlicht gemacht,
„dass er neue Genehmigungen für den Export von Kampfpanzern
auf die arabische Halbinsel ablehnt“.
Krauss Maffei Wegmann investiert in sein Angebot an den Oman
jedoch offenbar im Vertrauen darauf, dass die Bundesregierung auch eine
spätere Ausfuhr genehmigt, weil der Firma bisher alle nötigen
Genehmigungen erteilt und damit Präzendenzfälle geschaffen
wurden. Ein „Nein“ Gabriels dürfte auch noch aus einem
anderen Grund unwahrscheinlich sein: Obwohl der Wirtschaftsminister
Kleinwaffenexporte in sogenannte Drittstaaten besonders restriktiv
handhaben will, hat er im Oktober 2015 einen Export von 1.600
Sturmgewehren, sowie 100 Maschinenpistolen und 48 Granatmaschinenwaffen
in den Oman genehmigt. Das teilte die Bundesregierung dem Bundestag
diese Woche mit. Da kann wohl auch Krauss Maffei Wegmann zuversichtlich
in die Zukunft schauen.
ist
freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum
für Transatlantische Sicherheit - BITS
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