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03. Juni 2012


Das zweite Geheimnis der Dolphin-U-Boote

von Otfried Nassauer


Ein langjähriges Rätsel kann als gelöst gelten: Die Dolphin-U-Boote, mit denen Deutschland die israelische Marine ausstattet, sind mit einem neuartigen Ausstoßsystem für Torpedos und Flugkörper ausgestattet. Es erlaubt den Ausstoß weitreichender Marschflugkörper mit nuklearem Sprengkopf. Das berichtet „Der Spiegel“. Bei dem Ausstoßsystem handelt sich nicht – wie bislang meist angenommen (vgl. auch BITS-Research Note 11.1) – um ein Druckluftausstoßsystem, wie es bei den deutschen Export-U-Booten der Klasse 214 zu Einsatz kommt. Es ist auch kein Druckwasserausstoßsystem, wie bei den U-Booten des ersten Loses der Klasse 212A der Deutschen Marine. Die U-Boote für Israel verfügen über ein neuartiges hydraulisches Ausstoßsystem, das bei den Dolphin-Booten erstmals verbaut wurde.

Bei diesem  System wird eine Flüssigkeit (z.B. Wasser) als Medium genutzt, um durch hohen Druck einen Kolben zu bewegen, der über einen Großteil der Länge des Torpedorohres nach vorne schnellen kann und dabei die Waffe mitnimmt und aus dem Torpedorohr schleudert. Das System ist stark genug, um Flugkörper mit einem Gewicht von bis zu 1.500 kg zu starten, kann aber keine Raketen mit drei-fünf Tonnen Gewicht aus dem Rohr befördern. Es ist sehr leise und lässt keine Signaturen (z.B. Luftblasen) entstehen, die den genauen Standort des U-Bootes verraten könnten. Das Triebwerk des Flugkörpers wird erst außerhalb des Bootes in einigem Abstand gezündet.

Weitreichende atomare Marschflugkörper – wie zum Beispiel der amerikanische Tomahawk – erreichen bei einem Gewicht von rund 1.200 Kilogramm (mit Booster 1.450 kg) Reichweiten von bis zu 2.500 Kilometern. Da die USA einen Export von Tomahawks nach Israel schon im Jahr 2000 abgelehnt haben, verwendet Israel, so „Der Spiegel“, Marschflugkörper  des Typs „Popeye Turbo SLM“, die von der israelischen Firma Rafael Advanced Defence System hergestellt werden, um sie an Bord der Boote zu stationieren. Die Reichweite der Flugkörper wird auf knapp 1.500 Kilometer geschätzt, wenn der Sprengkopf etwa 200 Kilogramm wiegt. Ihnen soll es jedoch noch an technischer Zuverlässigkeit mangeln. Verschossen werden die Marschflugkörper aus den größeren Torpedorohren der Dolphine, die einen Durchnmesser von 650mm aufweisen und den erforderlichen zusätzlichen Platz bieten, um den für den Unterwasserabschuss modifizierten Flugkörper und das neuartige Ausstoßsystem aufzunehmen.

„Der Spiegel“ berichtet auch, dass in Israel und in der deutschen Industrie bereits über eine mögliche Beschaffung von drei weiteren U-Booten, der Dolphin-Boote Nummer 7-9, diskutiert wird. Wesentliches Problem dabei ist die Finanzierung. Deutschland hat Israel die ersten beiden Dolphin-U-Boote geschenkt und alle späteren in erheblichem Umfang aus deutschen Steuergeldern mitfinanziert. Israel hatte erst im März 2012 den Bau eines weiteren, des insgesamt sechsten U-Boots vom Typ Dolphin in Auftrag gegeben. Dieses Boot ist das dritte, das mit einem von der Außenluft unabhängigen Brennstoffzellenantrieb ausgerüstet ist und deswegen 18 Tage und mehr unter Wasser operieren kann. Es vergrößert die Möglichkeit der israelischen Marine in entfernten Seegebieten wie dem Arabischen Meer oder dem Indischen Ozean zu operieren, erheblich.


 

ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS