Rüstungskooperation zwischen Deutschland und Israel Otfried Nassauer und Christopher Steinmetz Diesen Report können Sie im PDF-Format herunterladen
2. Formen der militärischen Zusammenarbeit Die militärische Zusammenarbeit ist in zweierlei Hinsicht relevant für die Rüstungskooperation. Erstens unterhalten beide Staaten militärische Forschungs-, Entwicklungs- und Erprobungseinrichtungen und haben in der Vergangenheit gemeinsam das Wehrmaterial aus Drittstaaten untersucht. Zweitens kann auch die gemeinsame Ausbildung bzw. der Austausch über Fragen der Einsatzplanung und Doktrin die Entwicklung und Beschaffung von Rüstungsvorhaben beeinflussen und begünstigen.
2.1. Auswertung von Wehrmaterial Die gemeinsame Auswertung von Wehrmaterial ist seit Jahrzehnten ein bedeutsamer Aspekt der deutsch-israelischen Rüstungskooperation. Sie kann zu einer kooperativen oder parallelen Erarbeitung technischer Lösungen führen, die wiederum zum Einbau von Komponenten des Partnerstaates und damit zum Export führen. Nach Angaben des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) besteht seit 1967 eine Kooperation bei der Auswertung von Wehrmaterial. 1991 betonte Willi Wimmer, damals Parlamentarischer Staatssekretär des BMVg: "Wir haben daraus großen Nutzen gezogen." [27] Nach Angaben der Bundesregierung wurden die Einzelvorhaben in der Regel über den BND vermittelt, der in Kooperation mit dem Mossad in einigen Fällen auch den Transport und die Bezahlung durchgeführt hat. Der erhöhte Regelungsbedarf zwischen den deutschen Behörden mündete in der Einrichtung nicht-öffentlicher behördeninterner Strukturen. [28] Im Zuge des CERBERUS-Skandals fand Anfang der 90er Jahre eine Abkehr von dieser Praxis statt. Mit der bilateralen Vereinbarung über die Zusammenarbeit bei der Beschaffung deutscher Rüstungsgüter durch das israelische Verteidigungsministerium von 1993 sollte eine transparente innerbehördliche Aufgabenteilung herbeigeführt werden. Seitdem bietet das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung Israel nicht nur Hilfestellung bei der Beschaffung von Wehrmaterial auf dem deutschen Markt an, sondern führt auch gemeinsam mit Israel Studien und Messungen durch und tauscht ggf. Erprobungsergebnisse aus. [29] Die vorhandenen Informationen erlauben zwar keine Bestimmung des finanziellen Werts dieser Kooperationsform. Die folgenden Beispiele zeigen aber, in welchem Umfang die gemeinsame Auswertung die Grundlage für jeweils eigene Rüstungsexporte legte. Außerdem geben sie eine Vorstellung davon, welchen zeitlichen Vorlauf einzelne Rüstungsexportgeschäfte haben bzw. in welchem zeitlichen Kontext Rüstungskooperation überhaupt betrachtet werden muß. Bis weit in die achtziger Jahre stellte Israel dem BMVg sowjetische Waffentechnologien zur Verfügung, die es in drei Kriegen 1967 (Sechs-Tage-Krieg), 1973 (Jom-Kippur-Krieg) und 1982 (Libanon) von den Nachbarstaaten erbeutet hatte. Diese Informationen stellten für die Bundesrepublik während des Kalten Krieges eine erhebliche Dienstleistung dar. Unter den Waffen sowjetischer Bauart waren z.B. Muster des Schützenpanzers BMP-1 und des Kampfpanzers T-62. [30] Die Ergebnisse der Auswertung wurden dann bei den Planungen für die Modernisierung der deutschen Gegenstücke - Schützenpanzer Marder und Kampfpanzer Leopard - genutzt. Die Testergebnisse erlaubten eine bessere Einschätzung der Waffensysteme, die den eigenen Streitkräfte im Kriegsfall gegenüber stehen würden. Die Analyse reduzierte ferner die Zeitspannen, die ansonsten für die Entwicklung größerer Waffensysteme notwendig gewesen wäre und ermöglichte eine frühzeitige Entwicklung von adäquaten, aber auch nicht überzogenen Gegenmaßnahmen all dies zu reduzierten Kosten. Dies dürfte auch die Exportchancen der deutschen Systeme erheblich begünstigt haben. [31] Nach der Wiedervereinigung revanchierte sich die Bundesregierung und überließ Israel Rüstungsgüter der Nationalen Volksarmee in erheblichem Umfang (siehe auch Anhang A). Trotz fehlender Zustimmung des Bundessicherheitsrats führte der BND in Kooperation mit Abteilungen des BMVg die Lieferung aus und ging dabei ein erhebliches politisches Risiko ein. Dies ist ein Beleg für den Stellenwert, der dem Austausch von technischen Informationen und von Wehrmaterial beigemessen wurde. Ingesamt wurden 14 "NVA-Pakete", koordiniert durch den BND und Mossad, nach Israel verbracht. Erst als die Hamburger Wasserschutzpolizei die als "landwirtschaftliches Gerät" deklarierten Rüstungsgüter im Oktober 1991 entdeckte, wurde das Geschäft bekannt. [32] Diese Lieferung waren für beide Seiten von erheblicher Bedeutung, wie zwei Beispiele belegen. Israel bekam 1991 "Ersatzteilpakete" für moderne Versionen des sowjetischen Kampfpanzers T-72. Die Erkenntnisse aus der Auswertung flossen in die Produktion der letzten Lose des israelischen Kampfpanzers Merkava 3 und in die Entwicklung des neuen Kampfpanzers Merkava 4 ein und erlaubten die Weiterentwicklung neuerer israelischer Kampfpanzermunitionen bzw. Panzerabwehrwaffen. Israel erhielt aus Deutschland auch Luft-Luft-Raketen vom Typ AA-11 (Archer) sowie das Radar des modernsten Trägerflugzeugs der AA-11, der MiG 29. Wegen Bedenken der Bundesregierung gegen den Transport einer kompletten MiG-29 nach Israel erfolgte die Auswertung des Flugzeugs durch israelische Techniker zunächst auf dem Testgelände der Wehrtechnischen Dienststelle in Manching. Später wurde dann auch MiG-29 Flugzeuge auf ihre Flugeigenschaften hin in Israel getestet. Das Herkunftsland blieb der Öffentlichkeit verborgen. [33] Die Erprobung der sowjetischen AA-11 Rakete und des Radars der MiG 29 ergab technische Vorteile der AA-11 gegenüber vergleichbaren westlichen Raketen, die größtenteils Varianten der älteren AIM-9 Familie (Sidewinder) waren. Sowohl Israel wie auch Deutschland nutzten diese Erkenntnisse, um eine Rakete mit verbesserten Fähigkeiten zu entwickeln, die Modelle Python-4 und IRIS-T. [34] Zwischen 1995-98 arbeitete das Diehl-Tochterunternehmen Bodenseewerk Gerätetechnik GmbH (BGT) alleine am IRIS-T Programms. Seit 1998 wird es als multilaterales Beschaffungsvorhaben von sechs Staaten weitergeführt. Die israelischen Erkenntnisse aus der Auswertung der AA-11 finden sich in der Rakete Python-4, die bereits für den Export vorgesehen sein soll. [35] Aus der militärischen Auswertung des NVA-Wehrmaterials konnte Israel in dreierlei Weise Nutzen ziehen. Die Waffen und die passiven Gegenmaßnahmen bei den eigenen Streitkräften werden verbessert. Die Ergebnisse dieser Verbesserungen werden auch devisenbringend für den Export angeboten. Gleichzeitig versucht Israel, mit Konzepten zur Modernisierung von Waffen sowjetischen Typs Geld zu verdienen, speziell im Bereich der Nischentechnologien für den Komponentenbau. Gerade in Osteuropa beteiligen sich israelische Rüstungsfirmen vermehrt an Ausschreibungen zur Modernisierung verschiedener Waffensysteme, z.B. des MiG-21 Lancer in Rumänien, oder, wie etwa in der Tschechischen Republik, der T-72 Kampfpanzer. [36] 2.2. Militärische Ausbildung und Kooperation Offiziell bestanden bis 1984 keine direkten regelmäßigen Kontakte zwischen den Streitkräften beider Staaten, weder in Bezug auf Einsatzplanung noch Ausbildung. Trotzdem hat es seit 1958 wiederholt eine Zusammenarbeit in der Ausbildung gegeben, u.a. an den von Deutschland gelieferten Waffensystemen. Sporadische gemeinsame Ausbildungslehrgänge bei den Gebirgsjägern erfolgten in den 80er Jahren. Als Deutschland 1991 aufgrund des Golfkrieges acht ABC Spürpanzer des Typs Fuchs an Israel lieferte, wurden 32 israelische Soldaten in Sonthofen für drei Wochen ausgebildet. [37] Für die drei U-Boote des Typs Dolphin wurde auch die Ausbildung israelischer Seeleute vereinbart. Sie erfolgte teilweise gemeinsam mit deutschen Marinesoldaten. [38] Das seit 1984 eingerichtete Ausbildungsprogramm für israelische Offiziere an der Führungsakademie der Bundeswehr war lange Zeit das einzige bekannte, institutionalisierte Vorhaben. Es hatte vorwiegend symbolischen Charakter. 1998 wurde eine weitergehende Institutionalisierung vereinbart. Auf Initiative des damaligen Heeresinspekteurs Helmut Willmann finden seit 1998 regelmäßige Treffen auf Generalstabsebene des Heeres statt. [39] Außerdem wurde ein Austauschprogramm für 20 Offiziersanwärter vereinbart, die an einem dreiwöchigen Lehrgang bei den Eliteverbänden teilnehmen. Die Qualität der regelmäßigen Generalstabsbesprechungen ist von außen nicht zu bewerten. Hier können aber auch weitreichende militärische Programme, Doktrinfragen und Konzepte künftiger Streitkräftereformen diskutiert werden. [40] 2.3. Bewertung der militärischen Zusammenarbeit Ingesamt blieb die militärische Zusammenarbeit im Vergleich zu den Kooperationsbeziehungen Deutschlands mit anderen Staaten auf einem niedrigen Niveau. Die gemeinsame Auswertung von Wehrmaterial bis Anfang der 1990er Jahre bot zwar den beteiligten Streitkräften und Unternehmen auf beiden Seiten militärische und ökonomische Vorteile. Aber eine daraus resultierende wirkliche Vertiefung bzw. Ausweitung der bilateralen Kooperationsfelder konnte nicht festgestellt werden. Gleiches gilt für den Bereich der Ausbildungskooperation. Die Zusammenarbeit zwischen den Streitkräften blieb im Wesentlichen ad hoc strukturiert. Aus der konkreten Kooperation entstanden keine ressortübergreifend angelegten, längerfristig arbeitende Koordinationsgremien. 3. Export von deutschen Rüstungsgütern nach IsraelRüstungskooperation kann auf allen politischen, militärischen, technischen und wirtschaftlichen Ebenen stattfinden. In der Regel fühlt sich keine Regierung verpflichtet, über das Ausmaß der Zusammenarbeit und die Beteiligten Rechenschaft abzulegen. Dies wird bereits aus den vorhergehenden Kapiteln ersichtlich. Daten zu konkreten Rüstungsexportgeschäften werden daher gerne als die einzigen "handfesten" Indikatoren für den Umfang der Zusammenarbeit herangezogen. Doch auch hier sind jeder Untersuchung enge Grenzen gesetzt, gerade wenn es um aktuelle Geschäfte geht. Während Informationen über den Export kompletter Großwaffensysteme verhältnismäßig häufig die Öffentlichkeit erreichen, sieht es im Bereich der Rüstungskomponenten und Dual use-Güter ganz anders aus. In diesem Kapitel wird trotz allem der Versuch unternommen auf Grundlage der verfügbaren statistischen Informationen des Rüstungsexportberichtes und der aktuellen Berichterstattung zu deutsch-israelischen Rüstungsprojekten sämtliche Bereiche des Waffentransfers zu behandeln, also auch die Lieferung einzelner Komponenten (siehe auch Anhang B). Die Maßstäbe für die Bewertung eines Einzelvorhabens sind in erster Linie quantitativer Art, d.h. Stückzahl und Warenwert. Eine Bewertung der qualitativen Dimension des Rüstungsexportes, also der technischen Notwendigkeit und der militärischen Relevanz, erfolgt nur in Einzelfällen. 3.1. Statistische Angaben zum Rüstungsexport Anknüpfungspunkt für die Untersuchung der deutsch-israelischen Rüstungskooperation sind die seit 1999 öffentlich zugänglichen Daten der Rüstungsexportberichte der Bundesregierung sowie den Antworten der Bundesregierung auf parlamentarische Anfragen. Auch der Jahresbericht der Europäischen Union zum Verhaltenskodex für Waffenausfuhren liefert für das Jahr 2001 erstmals nach Ländern aufgeschlüsselte Daten. [41] Weitere Zusammenstellungen, wie die des Stockholm International Peace Research Institute (SIRPI) oder des Congressional Research Service, werden hier nicht berücksichtigt. Deren Vorgehensweisen bei der Datenerhebung und Bewertung sind nur begrenzt kompatibel. Im Vergleich zum Rüstungsexportbericht werden die Daten wesentlich gröber präsentiert und bleiben damit ohne zusätzlichen Informationsgewinn. [42] Auf Grundlage der Veröffentlichungen der Bundesregierung zu deutschen Rüstungsexporten sowie ihrer Antworten auf parlamentarische Anfragen zwischen 1990 und 2001 wurden die nachfolgenden Tabellen erstellt. [43] Generell muß die Vergleichbarkeit und Aussagefähigkeit der Daten allerdings als sehr begrenzt eingestuft werden. Die Erfassungssystematik des zuständigen Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) änderte sich 1995 im Rahmen der europäischen Standardisierung. [44] Ein Großteil der Exportgenehmigungen für Rüstungskomponenten wird zudem in "Sonderverfahren" erteilt. Dazu gehören Individualpauschalgenehmigungen, Telekommunikationspauschalgenehmigungen, Globalgenehmigungen für IT-Sicherheit und Sammelausfuhrgenehmigungen (SAG) für Ausfuhren in NATO-Staaten oder ihnen gleichgestellte Staaten. Diese müssen weder nach Posten der Ausfuhrliste (0001-0023) oder Empfängerstaaten aufgeschlüsselt werden. Die nun von der Bundesregierung im Rüstungsexportbericht vorgelegten Angaben über Ausfuhrgenehmigungen beschränken sich nur auf den Abschnitt A der Ausfuhrliste. Die Auswertung zeigt, dass Israel zwischen 1991 und 1998 keine führende Rolle als Empfängerland deutscher Kriegswaffen gespielt hat. Weder die Exportgenehmigungen für sämtliche Rüstungsgüter noch die tatsächliche Ausfuhr von Kriegswaffen erreicht einen substantiellen Umfang. Zwischen 1999 und 2000 präsentiert sich dagegen ein ganz anderes Bild. In diesem Zeitraum rangiert Israel auf Platz 4 bei den erteilten Genehmigungen für Rüstungsexporte und sogar auf Platz 1 bei den tatsächlich getätigten Exporten in "Drittstaaten". Im Jahr 2001 sind dagegen die Ausfuhrgenehmigungen wieder stark zurückgegangen. Trotzdem machten deutsche Rüstungsexportgenehmigungen im Jahr 2001 etwa 45% des Gesamtwertes aller Ausfuhrgenehmigungen der Europäischen Union an Israel aus und etwa 47% des Wertes der tatsächlichen Lieferungen.
Tabelle 1: Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter gemäß
Ausfuhrliste Abschnitt A
Laut der Tabelle wurden also zwischen 1990 und 2001 sogenannte Vollgeschäfte von Rüstungsgütern der Ausfuhrliste (AL) Abschnitt A im Wert von 2,8 Mrd. DM für den Export nach Israel genehmigt. Damit haben sie einen Anteil von etwa 4% an dem Gesamtwert aller Genehmigungen für Einzelgeschäfte der AL Abschnitt A im Wert von 64,77 Mrd. DM. Etwas anders fällt die Bewertung aus, wenn man nur die letzten vier Jahre (1998-2001) betrachtet. In diesem Zeitraum wurden Exportgeschäfte der AL Abschnitt A nach Israel im Wert von 1,87 Mrd. DM genehmigt, so dass der Anteil an den Genehmigungen für Einzelgeschäfte in den letzten vier Jahren bei 7,7% liegt. Nimmt man aber zum Vergleich ausschließlich die anderen "Drittstaaten", ergibt sich im Zeitraum 1995 bis 2001 ein weitaus höherer Anteil. Der Wert der Ausfuhrgenehmigungen für Israel machte 18 % des Gesamtwertes in Höhe von 11,18 Mrd. DM für alle "Drittstaaten" aus. Doch auch daraus lässt sich nur schließen, dass es eine israelische Nachfrage nach deutschen Rüstungsprodukten gibt und die Bundesregierung in den letzten vier Jahren bereit gewesen ist, Rüstungsexporte im Wert von 1,87 Mrd. DM nach Israel zu genehmigen. Anhand der von der Bundesregierung bereitgestellten Informationen ist eine genaue Identifikation der genehmigten Vollgeschäfte nicht möglich. Zwischen 1999-2001 lassen sich etwa 13% der Exportgenehmigungen keinem näheren Verwendungszweck bzw. einem Posten auf der Ausfuhrliste zuordnen. Die Aufschlüsselung der seit 1999 verfügbaren Daten zeigt lediglich, dass die Exportgenehmigungen für drei U-Boote eine Ausnahme waren und ansonsten eher Komponentenexporte genehmigt wurden.
Tabelle 2: Genehmigte Vollgeschäfte zwischen 1999 und 2001 nach Kategorie der Ausfuhrliste
Angaben zu den erteilten Ausfuhrgenehmigungen für Dual use-Güter (Abschnitt C der Ausfuhrliste) fehlen gänzlich in den jährlichen Rüstungsexportberichten. Dabei spielen diese Güter gerade im Bereich der Elektronik und der Integration von Informationstechnologien in Waffensysteme eine erhebliche Rolle. In der folgenden Tabelle wurden die verfügbaren Zahlen zusammengetragen.
Tabelle 3: Ausfuhrgenehmigungen für Dual use-Güter gemäß
Ausfuhrliste Abschnitt C
Zwischen 1991 und 1999 wurden also mindestens Exporte für Dual use-Güter nach Israel im Wert von etwa 560 Mio. DM genehmigt. Addiert man dies zu den Zahlen der AL Abschnitt A kommt man auf einen genehmigten Ausfuhrwert von mindestens 3,36 Mrd. DM. Berücksichtigt man dann noch die Tatsache, dass die erteilten Sammelausfuhrgenehmigungen (SAG) für NATO-Staaten sehr wohl auch den späteren Reexport deutscher Komponenten nach Israel beinhalten können, wird der tatsächliche Wert der seit 1990 erteilten Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter höher liegen. So sind beispielsweise die Angaben der Bundesregierung zu den deutschen Rüstungsexporten in die USA im Jahresbericht nicht präzise genug, um deutsche Lieferungen in die USA (z.B. für Torpedos und Panzermotoren), die für Israel bestimmt sind, als solche zu identifizieren. [47] Was sich schon als Hindernis in der Analyse der Exportgenehmigungen erwiesen hat, gilt umso mehr für die Angaben zur tatsächlichen Ausfuhr deutscher Rüstungsgüter. Die Bundesregierung betont immer wieder, dass die tatsächliche Ausfuhr weit unter den erteilten Genehmigungen bleibt. Außerdem beschränkt sich der Rüstungsexportbericht auf die Nennung des Warenwertes von exportierten Gütern gemäß der Kriegswaffenliste Abschnitt B. D.h. die Ausfuhr "sonstiger Rüstungsgüter", von Dual use-Gütern sowie in Umsetzung der SAG's werden nicht erfasst und man erfährt wenig über das konkrete Waffensystem.
Tabelle 4: Ausfuhren von Kriegswaffen gemäß KWL, Teil B (in Mrd. DM)
Insgesamt wurden zwischen 1991 und 2001 Rüstungsgüter gemäß KWL Abschnitt B im Wert von 1,34 Mrd. DM nach Israel exportiert. Damit betrug der Wert der Ausfuhren nach Israel in diesem Zeitraum 5,6% der Gesamtwertes aller Kriegswaffenexporte. Allerdings sind 96% des Exportwertes auf das wohl größte statistisch erfasste deutsch-israelische Rüstungsexportgeschäft zurückzuführen die Lieferung von drei U-Booten der Dolphin Klasse im Wert von 1,28 Mrd. DM. Daneben sollen nur Kriegswaffen im Wert von 60 Mio. DM nach Israel exportiert worden sein. Erneut zeigt sich, wie schnell ein Großprojekt die Statistik verzerren kann genauso wie durch die Nichtberücksichtigung anderer Rüstungsgeschäfte und die Art und Weise der Statistikerstellung. Der finanzielle Wert des Dolphin Geschäft machte zwischen 1999 und 2001 fast 72% des Wertes der getätigten Kriegswaffenexporte in Drittstaaten aus bzw. 26% des Wertes aller kommerziellen Ausfuhren von Kriegswaffen. Solange nicht auch tatsächliche Ausfuhren sonstiger Rüstungsgüter, Dual use-Güter und Lieferungen aus Beständen der Bundeswehr separat und detailliert erfasst wird, reduziert sich die Aussagekraft auf die eines Zahlen- und Ratespiels. [48] Die Daten erlauben weder eine klare Aussage über das finanzielle Gesamtvolumen des Rüstungsexportes nach Israel noch über die Quantität und Qualität der Kooperation. Trotz allem wird aus den bereitgestellten Informationen ersichtlich, dass die Genehmigungen für Rüstungsausfuhren auch unabhängig von dem U-Bootgeschäft seit 1998 angestiegen sind. In diesen Jahren nahm Israel immer einen Spitzenplatz unter den Drittstaaten ein. Neben Südafrika, Südkorea und den Vereinigten Arabischen Emiraten gehört Israel zu den bevorzugten Absatzmärkten.
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