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Schaubild 1: Internationale Lizenzvergabe für Waffen von Heckler & Koch | |
Typ | Lizenznehmerstaaten |
Sturmgewehr G-3 | Brasilien, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Iran, Malaysia, Mexiko, Myanmar, Norwegen, Pakistan, Philippinen, Portugal, Saudi-Arabien, Schweden, Thailand, Türkei |
Maschinenpistole MP 5 | Griechenland, Großbritannien, Mexiko, Pakistan, Portugal, Saudi-Arabien, Türkei |
Maschinengewehr HK 21 | Griechenland, Mexiko, Portugal, Thailand |
Maschinengewehr HK 23E | Mexiko |
Gewehr HK 33E | Thailand, Türkei |
Pistole P 7 | Griechenland, Pakistan |
Die Zulieferung von Komponenten und der Export von Rüstungstechnologien entfalten
langfristig eine Wirkung, die anfangs nicht immer verlässlich eingeschätzt und die
später nicht mehr beeinflusst werden kann. Deutsche Gesetzeslücken bieten zahlreiche
Schlupflöcher für zweifelhafte Exporte von Komponenten. Dies kann nicht im Interesse
einer wahrhaft restriktiven Rüstungsexportpolitik sein. Umso dringender ist eine
grundlegende Korrektur des Kontrollsystems und seine sorgfältige Umsetzung in der
Genehmigungspraxis.
Die Nachfrage nach deutschen Rüstungskomponenten auf dem Weltmarkt ist groß. Es ist davon auszugehen, dass der Bedarf sogar noch steigen und dass gleichzeitig die politisch-militärisch-industrielle Dynamik in Deutschland und Europa die Bedienung dieser Nachfrage erleichtern wird. Die weltweiten wirtschaftlichen Prozesse der Liberalisierung, Deregulierung und Transnationalisierung erfassen zunehmend auch den Rüstungssektor.
Vor allem zwei Faktoren werden die zukünftigen Exportchancen deutscher Komponenten bestimmen.
Erstens ist der weltweit wachsende Stellenwert von Komponenten bei der Modernisierung der Streitkräfte zu nennen. Diese Entwicklung ist zum einen eine Konsequenz der voranschreitenden militärischen Adaption moderner Datenverarbeitungstechnologien und der Miniaturisierung von Rüstungskomponenten. Beides schafft die Voraussetzung für neue militärische Einsatzstrategien. Zum anderen ist sie eine Folge der voranschreitenden Industrialisierung in den "Tiger-Staaten" der Rüstungsproduktion. Zu dieser Gruppe können Staaten gezählt werden, deren Rüstungsindustrie in der Lage ist, höherwertige Rüstungsgüter für Nischenbereiche zu produzieren, Waffensysteme zu bauen und westliche Rüstungstechnologie in bestehende Waffensysteme zu integrieren. Künftig werden immer mehr Staaten in der Lage sein bzw. versuchen, Waffenplattformen und sonstige Rüstungsgüter bis auf High-Tech-Komponenten im eigenen Land herzustellen. Das ist billiger und die Steuergelder bleiben im Land. Die Produktion lohnt erst recht, wenn fertige Waffen auch noch exportiert werden können. Ein weiteres Problem besteht darin, dass Waffenplattformen aus Wirtschaftlichkeitsgründen bzw. aus Geldmangel durch Integration moderner Komponenten voraussichtlich länger genutzt werden. Symptomatisch und wegweisend ist ein Beispiel aus den USA, jenem Land, das am meisten Geld für Rüstung ausgibt. Der Langstrecken-Bomber "B-52" ist seit 50 Jahren im Dienst und soll noch weitere 50 Jahre im Dienst bleiben. Waffenplattformen werden immer häufiger modernisiert, um neue Technologien zu integrieren und dem beschleunigten technischen Wandel Rechnung zu tragen. Insgesamt erlauben die Fortschritte in der Informationstechnologie und die Miniaturisierung von Rüstungskomponenten bereits heute eine gewaltige und zugleich preisgünstige Steigerung der Qualität. Die Streitkräfte erhalten neue Einsatzoptionen, ohne jedes Mal neue Waffenplattformen beschaffen zu müssen.
Zweitens werden durch die voranschreitende Harmonisierung der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU-Staaten sowie durch die Transnationalisierung der Rüstungsindustrie zunehmend Exporthürden in der EU abgebaut. Damit wollen die EU-Staaten sich einerseits gegenseitig die Versorgungssicherheit bei Rüstungsgütern gewährleisten und die Planung und Umsetzung von gemeinsamen Beschaffungsvorhaben erleichtern. Andererseits sollen dadurch auch die rüstungsindustriellen Kapazitäten innerhalb der EU gesichert, rationalisiert und in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden. Je größer die gegenseitige rüstungspolitische und -industrielle Abhängigkeit innerhalb der EU wird, desto mehr wird der Export und Weiterexport von Rüstungskomponenten erleichtert werden. Denn selbst im Fall von deutschen Vorbehalten wird sich die Bundesregierung nur in Ausnahmefällen gegen die ökonomischen und sicherheitspolitischen Interessen anderer EU-Staaten an einem multinationalen Rüstungsexportgeschäft durchsetzen.
Die exklusiven Rüstungsexportbeziehungen zu den Mitgliedsstaaten der EU, der NATO sowie den NATO-gleichgestellten Staaten Australien, Japan, Neuseeland und Schweiz können der globalen Weiterverbreitung deutscher Rüstungskomponenten Tür und Tor öffnen. Diese Staaten stehen ganz oben in der deutschen Genehmigungshierarchie. Ihre bevorzugte Behandlung beruht neben allerlei bündnispolitischen Erwägungen auf der Annahme der Bundesregierung, dass sämtliche EU- und NATO-Staaten eine verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik praktizieren und nicht den außen- und sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands, dem Völkerrecht oder anderen Kriterien der "Politischen Grundsätze" zuwiderhandeln würden. In der Praxis hat sich dies jedoch wiederholt als problematisch erwiesen, denn nach wie vor verfolgen eine Reihe von EU- und NATO-Staaten eine fragwürdige Exportpolitik gegenüber nicht vertrauenswürdigen Drittstaaten bzw. selbst eine völkerrechtlich problematische Interventionspolitik.
3.1.1 EU-Staaten: Beispiel Frankreich
Exemplarisch für die europäische Dimension dieser Problematik ist die Rüstungskooperation mit Frankreich. Bereits 1971/1972 wurde mit der "Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Französischen Republik über die Ausfuhr von gemeinsam entwickelten und/oder gefertigten Kriegswaffen und sonstigem Rüstungsmaterial in dritte Länder" die intensive Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten begründet.[22] Ein Kernpunkt dieser Vereinbarung war, dass keine der beiden Regierungen den anderen Partner daran hindern sollte, Rüstungsgüter aus gemeinsamer Produktion in Drittländer zu exportieren. Außerdem kamen beide Seiten überein, dass im Fall von Einzelteil-Zulieferungen in rechtlicher Beziehung der eigenständige Charakter von Komponenten beim Einbau in ein neues Waffensystem erlöschen solle. Der Partner muss nur dann über den Weiterexport des Waffensystems informiert werden, wenn von ihm zugelieferte zentrale Komponenten darin eingebaut wurden.
Infolge dieser Vereinbarungen stieg zunächst die Zahl der bilateralen Gemeinschaftsprogramme an.[23] Auch die Rüstungsindustrie profitierte von diesen Exporterleichterungen. Joint Ventures wurden gegründet, wie z. B. Euromissile, Eurobridge, Eurocopter und Thomson-DASA Armements (TDA), mit Hauptsitz in Frankreich.[24] Aufgrund der restriktiveren Exportvorschriften in Deutschland entstand dabei oft folgende Arbeitsteilung: Deutsche Firmen produzierten einen Großteil der Komponenten, in Frankreich ansässige Firmen übernahmen die Systemintegration und weitgehend die Abwicklung des Geschäftes mit den Exportkunden. Verträge über Wartung und Ersatzteillieferung konnten wiederum auch von den deutschen Partnerunternehmen wahrgenommen werden. Wichtige deutsch-französische Kooperationsprogramme der Vergangenheit waren die Panzerabwehrraktensysteme "Milan" und "HOT" sowie das Luftverteidigungssystem "Roland". Wenigstens in 23 außereuropäischen Staaten befinden sich "Milan"-Abschussgeräte und -Raketen im Arsenal der jeweiligen Streitkräfte, darunter in Staaten wie Syrien, Libyen, Mauretanien, Tschad und Singapur. Indien hat vom deutsch-französischen Euromissile-Konsortium die Lizenz für den Aufbau einer eigenen Produktionslinie erhalten. "Roland"-Luftverteidigungssysteme wurden u. a. an Irak, Nigeria und Katar geliefert.[25] Auch die jüngsten Kooperationsvorhaben beider Staaten, wie z. B. der Kampfhubschrauber "Tiger", werden erneut zu Exportgeschäften führen.
3.1.2 NATO-Staaten: Beispiel USA
Der privilegierte Empfängerstatus für NATO- und ihr gleichgestellter Staaten birgt noch größere Risiken für die Weiterverbreitung deutscher Rüstungskomponenten. Während inzwischen innerhalb der EU ein Mindestmaß an verbindlichen Entscheidungsprozessen in außen- und sicherheitspolitischen Fragen erreicht wurde (u. a. in Bezug auf Embargos), ist dies bei den NATO- und NATO-gleichgestellten Staaten nicht immer der Fall.
Überragende Bedeutung hat die Rüstungskooperation mit den USA. Gemessen an den erteilten Einzelgenehmigungen, nehmen die USA die Spitzenposition als größter Absatzmarkt für deutsche Rüstungsgüter ein. In den Jahren 1999 bis 2003 wurden Einzelgeschäfte der Ausfuhrliste 1 A im Wert von insgesamt 2,5 Mrd. (14 % des Gesamtwertes aller Einzelgenehmigungen für Rüstungsexporte) genehmigt. Hinzu kommt noch eine unbekannte Anzahl von Sammelausfuhrgenehmigungen. Da es kaum Exporte von vollständigen Waffensystemen in die USA gibt, muss der Großteil der Exportgenehmigungen Komponentengeschäfte und Lizenzen betreffen. Im Rüstungsexportbericht für 2003 hat die Bundesregierung erstmals entsprechende Informationen veröffentlicht. Von den erteilten Genehmigungen im Wert von 496 Mio. waren nur 12,1 Mio. für Güter der Kriegswaffenliste Teil B bestimmt. Die restliche Summe bezieht sich folglich auf Komponenten.
Eines der bekanntesten älteren Lizenzgeschäfte ist das 120-mm-Kanonenrohr von Rheinmetall für die US-Kampfpanzer-Typen "M1A1" und "M1A2". Als Teil dieses Geschäftes hat Rheinmetall dem US-Munitionshersteller Alliant Techsystems auch die Lizenz für verschiedene 120-mm-Munitionstypen erteilt. Neben der Beschaffung für die eigenen Streitkräfte haben die USA die Panzer auch nach Ägypten und Saudi Arabien exportiert, bzw. lassen sie dort zusammenbauen, inklusive der notwendigen Munition [Projekt 14].
Weitaus weniger bekannt sind folgende Geschäfte mit zentralen Komponenten: Die AEG Infrarotmodule GmbH hat seit Ende 1986 jeweils mehr als 3.000 Infrarotmodule und Kühlsysteme für das Zielerfassungssystem "TADS" des "Apache"-Kampfhubschraubers und das "LANTIRN"-System der US-Kampfflugzeuge "F-15E" und "F-16C/D" geliefert [Projekte 27 und 3]. Die Diehl-Tochter Junghans Feinwerktechnik beliefert seit mehr als einem Jahrzehnt die US-Armee mit den Zündern für die 60-mm- und die 81-mm-Mörsermunition [Projekt 6].
Eine Vielzahl von Kleinwaffenmodellen von Heckler & Koch sind seit Jahren bei den Spezialkräften der US-Streitkräfte im Einsatz, z. B. die Maschinenpistole "MP 5" oder die "0.45 Universal Soldier Pistol". Im Rahmen des Beschaffungsprogramms "Objective Individual Combat Weapon" sollen mit Hilfe von Heckler & Koch gleich zwei Waffentypen bei den US-Streitkräften eingeführt werden: das leichte Sturmgewehr "XM 8", von dem bis 2021 etwa 900.000 Stück geliefert werden sollen, und das Sturmgewehr "XM 29", von dem zunächst 25.000 Stück hergestellt werden sollen [Projekte 22 und 23].
Die politischen Implikationen dieser Art der Rüstungskooperation mit den USA liegen auf der Hand: Der "Krieg gegen den Terror" (in Afghanistan, Jemen, Philippinen und Somalia) und der Angriff auf den Irak zeigen deutlich die Bereitschaft der USA, auch ohne internationales Mandat militärische Einsätze durchzuführen, wenn dies den nationalen Interessen dient. Die Gefahr, dass deutsche Rüstungskomponenten auch in Zukunft bei friedensstörenden Handlungen und Angriffskriegen eingesetzt werden, ist daher groß.
Ein zweites Problem der Rüstungskooperation mit den USA betrifft den Weiterexport. Bei der Auswahl der Bündnispartner spielen für die US-Regierung Kriterien wie Demokratie oder Achtung der Menschenrechte oft nur eine nachgeordnete Rolle. Der Bundesregierung ist bekannt, dass die USA seit vielen Jahrzehnten durch militärische Finanzierungsprogramme "Foreign Military Sales (FMS)" und "Foreign Military Finance (FMF)" ihre wichtigsten Bündnispartner mit modernsten Waffen und militärischer Ausrüstung versorgen. Zu den größten Empfängern von FMS-finanzierten Rüstungsexporten gehören Ägypten, Israel, Kolumbien, Pakistan und Taiwan. Obwohl dies alles Staaten sind, in die deutsche Direktexporte aufgrund der dortigen Umstände nicht ohne weiteres genehmigt werden würden, gelangten deutsche Komponenten über die USA dorthin. In den "Patriot"-Flugabwehrsystemen befinden sich zum Beispiel kleine Elektromotoren der Jenoptik-Tochter Lechmotoren GmbH. Die "Patriot"-Systeme wurden u. a. an Israel und Taiwan geliefert [Projekt 27]. "F-15E"- und "F-16C/D"-Kampfflugzeuge, mit eingebauten Komponenten der AEG Infrarotmodule GmbH, wurden an wenigstens elf Staaten geliefert, darunter Ägypten, Israel, Singapur und die Türkei [Projekt 6].
Deutsche Rüstungsunternehmen haben von dem bisherigen wohlwollenden Wegschauen der Bundesregierung bei Weiterexportgeschäften über die USA profitiert. Häufig ermöglichte erst die Finanzierung durch das FMS-Programm das Exportgeschäft. Allerdings ist die Kernvoraussetzung für die Vergabe von FMS-Geldern, dass die Endmontage in den USA stattfindet zumindest offiziell. Ein Beispiel: Die deutsche Firma MTU Friedrichshafen hat eigene Dieselmotoren vom Typ "MT 883" in Einzelteile zerlegt und in die USA exportiert. Dort wurden sie in Lizenz von General Dynamics Land Systems in den USA wieder zusammengesetzt und als "GD 883" nach Israel weiterexportiert, wo sie dann in die neuesten Kampfpanzer des Typs "Merkava 4" eingebaut wurden [Projekt 15].
Die "Tiger-Staaten" der Rüstungsproduktion sind eine zweite Empfängergruppe, über die deutsche Rüstungskomponenten zukünftig verstärkt verbreitet werden. Zu dieser Gruppe gehören Staaten wie Brasilien, Israel, Indien, Malaysia, Nigeria, Singapur, Südafrika, Süd korea und die Vereinigten Arabischen Emirate. Neben ihrer hoch entwickelten Rüstungsindustrie verbindet diese Staaten in der Regal auch, dass sich die erforderlichen industriellen Kapazitäten nur durch verhältnismäßig hohe Rüstungsausgaben (über 3 % des Bruttoinlandprodukts) und einen expansiven Rüstungsexport finanzieren.
Der Handel mit diesen Staaten ist somit in zweierlei Hinsicht prinzipiell bedenklich: Die Zulieferung von Rüstungskomponenten bindet dort knappe ökonomische Ressourcen und stärkt die dortige Rüstungsindustrie. Außerdem steigt das Risiko, dass die zugelieferten Komponenten nach dem Einbau in Waffensysteme weiterexportiert werden. Neben den prinzipiellen Bedenken kommen häufig noch länderspezifische Probleme hinzu. Mit Ausnahme Brasiliens liegen diese Staaten in Krisenregionen und einige Staaten sind sogar direkt in bewaffnete (externe bzw. interne) Auseinandersetzungen verwickelt (u. a. Israel, Indien und Nigeria). Die Menschenrechtslage in Indien, Israel, Nigeria, Singapur und den Vereinigten Arabischen Emiraten ist bedenklich.[26] Für die Bundesregierung scheint die Menschenrechtslage jedoch nur eine untergeordnete Rolle zu spielen: Eine Auswertung der zwischen 1999 und 2003 erteilten deutschen Exportgenehmigungen für Einzelgeschäfte mit der Gruppe der "sonstigen Drittstaaten" zeigt das bereits heute etwa 80 % des Gesamtwertes auf die neun oben genannten "Tiger-Staaten" entfielen (etwa 4,1 Mrd. von insgesamt 5,06 Mrd. ).
Aus der Gruppe der "Tiger-Staaten" bietet sich das Fallbeispiel Israel an, um die Herausforderungen für eine zukünftig restriktivere deutsche Rüstungsexportpolitik aufzuzeigen. Innerhalb der letzten fünf Jahre ist es Israel gelungen, in die Gruppe der zehn größten Rüstungsexporteure der Welt vorzudringen.[27] Die israelische Rüstungsindustrie hat dabei von Israels Sonderverhältnis zu den USA und einer Reihe von europäischen Staaten wie Deutschland profitiert. Die Miniaturisierung von Kommunikationselektronik und Sensorik und die Adaption westlicher Militärelektronik für Waffensysteme der ehemaligen Staaten des Warschauer Pakts eröffneten der israelischen Rüstungsindustrie neue Märkte in Osteuropa, China, Indien und der Türkei. Auf der Suche nach zahlungskräftigen Kunden für israelische Komponenten und Systemlösungen rücken nun auch die EU-Staaten immer deutlicher in den Blick Israels. Die deutsche Rüstungsindustrie spielt hier aufgrund der langjährigen intensiven Kooperationsbeziehungen eine besondere Rolle die eines Türöffners für den europäischen Rüstungsmarkt.[28]
Gewinnt die deutsch-israelische industrielle Rüstungskooperation weiter an Fahrt, so ergeben sich daraus zwei Konsequenzen:
Erstens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass deutsche Komponenten in israelische Systemlösungen eingebaut und an die traditionellen Kunden Israels weiterexportiert werden, z. B. nach China, Indien, Türkei und Sri Lanka. Dafür gibt es bereits einige Beispiele, u. a. im Bereich Dieselmotoren. MTU Friedrichshafen liefert seit 2003 Dieselmotoren an die israelische Rüstungsfirma Israel Military Industries zur Modernisierung von türkischen "M 60"-Panzern [Projekt 9]. Bis 2002 baute das Werftenunternehmen Israel Shipyards mindestens 32 Dieselmotoren der deutschen Firmen MTU und Deutz AG in die Schiffstypen "Shaldag" und "Super Dvora" ein, die u. a. an Indien und Sri Lanka exportiert wurden [Projekt 28].
Zweitens werden deutsche Rüstungsunternehmen bei Kooperationsvorhaben für den europäischen Markt einige Komponenten in Lizenz herstellen oder qualitativ gleichwertige Teile zuliefern und die Vermarktung von israelischen Rüstungsgütern übernehmen. Die zwei bekanntesten Vorhaben dieser Art sind das Panzerabwehrraketensystem "Spike" und das Zielbeleuchtungssystem "Litening Pod". Für die europäischen Kunden von "Spike" übernimmt Atlas Elektronik den Bau des Werfers, Diehl Munitionssysteme produziert die Munition und Rheinmetall DeTec die Ladung. Für das System "Litening Pod" und dessen Variante "Recce Lite" übernimmt Zeiss Optronik die Endproduktion und baut eigene Infrarotkameras ein [Projekte 30 und 31]. Beide Seiten profitieren von der Kooperation: Deutsche Unternehmen erschließen für sich und ihre israelischen Partner neue Absatzmärkte für ihre Rüstungsgüter und stützen damit die profitable und exportorientierte Rüstungsindustrie Israels.
Selbst wenn die Grundsätze der deutsche Rüstungsexportpolitik künftig noch restriktiver formuliert werden sollten: Solange weiterhin die bündnispolitischen Kooperationserfordernisse und die etablierten Handelsbeziehungen zu den "Tiger-Staaten" im Vordergrund stehen, wird sich zwangsläufig nichts an der Genehmigungspraxis ändern. Die wirklichen Problemländer im Sinne einer unkontrollierbaren Verbreitung deutscher Rüstungskomponenten sind nicht etwa Länder wie Botswana, Chile oder Usbekistan sondern Frankreich, Großbritannien, die USA und die aufholenden "Tiger-Staaten".
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