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Firma |
Jahr |
Höhe der Strafe in Mio € |
Kommentar |
MAN | 2008 | 151 |
Strafe
in Deutschland
Korruption im Zusammenhang mit der Lieferung von LKW und Bussen (zivil & militärisch u.a. nach Griechenland). Das militärische Busgeschäft mit GR hatte wohl ein Volumen von 21 Mio €. |
Siemens | 2009 | 600+395 | Korruption im Zusammenhang mit diversen zivilen und militärischen Aufträgen; rd. 600 Mio € Strafe in den USA, rd. 395 Mio € in Deutschland, darunter zivile und militärische Geschäfte in Griechenland |
Ferrostaal | 2013 | 149 |
Strafe
in Deutschland Korruption im Zusammenhang mit U-Boot-Aufträgen für Griechenland und Portugal |
Rheinmetall | 2014 | 37 |
Strafe
in Deutschland Korruption im Zusammenhang mit der Lieferung von Waffen an Griechenland (ASRAD, ISUS u.a.) |
Daimler Benz | 2010 | 140 |
Strafe
in den USA
Korruption im Zusammenhang mit der Lieferung von ziv. und mil. Fahrzeugen in 22 Ländern, darunter Griechenland. In GR steht 2015 ein Prozess wg Bestechung im Umfang von 2 Mio € aus. |
Darüber hinaus gab es wohl weitere Fälle. Dazu gehören
potentielle Korruptionszahlungen im Kontext der Lieferung von
Leopard-Panzern und Panzerhaubitzen durch KMW, zu denen weiter
ermittelt wird. Geklärt werden müsste auch noch, ob
Rheinmetall als wichtigster Unterauftragnehmer bei diesen Waffen und
als Hauptauftragnehmer bei Panzermodernisierungsvorhaben in weitere
Bestechungsfälle verwickelt war. Zumindest Letzteres
bestätigen griechische Zeugen.
Die Firma Atlas Elektronik entdeckte selbst mögliche Bestechungszahlungen bei Marinegeschäften mit Griechenland und erstattete deshalb 2010 Selbstanzeige. Allerdings wollte die zuständige Staatsanwaltschaft in Bremen in diesem Fall kein strafbares Handeln erkennen können.
Weitere Fälle und manche Bestechungsvorgänge bei den erwähnten Firmen wurden bislang nicht juristisch aufgearbeitet, weil sie noch unzureichend belegbar oder bereits verjährt waren. In Deutschland tritt eine Verjährung bei Korruption fünf Jahre nach der letzten Geschäftshandlung ein. Nur wenn Steuervergehen hinzukommen, verlängert sich die Frist auf zehn Jahre.
Auffällig ist zudem, dass der griechische Staat in all diesen Fällen zwar immer der Geschädigte war, die Strafzahlungen aber bisher ausschließlich in den USA und in Deutschland geleistet werden mussten. Griechenland ist zwar berechtigt, die erlittenen Schäden in weiteren, getrennten Verfahren einzuklagen und erhofft sich nach Auskunft des Athener Verteidigungsministeriums aus der Vielzahl anhängiger Fälle auch letztlich noch Einnahmen zwischen 400 und 800 Mio. Euro, hat aber bislang kein Geld erhalten und muss sich wahrscheinlich mit deutlich weniger zufrieden geben.
3.1. Fallbeispiel: Die U-Boot-Geschäfte, HDW und Ferrostaal
Dieser Fall hatte Seltenheitswert. Ein ehemaliger Verteidigungsminister wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt und mit ihm erhielten gleich mehr als ein Dutzend andere ehrenwerte Mitglieder der griechischen Elite Haftstrafen. Die Justiz hielt es für erwiesen, dass Bestechungsgelder in Höhe von 55 Millionen Euro entgegengenommen wurden, ein Großteil davon im Zusammenhang mit U-Boot-Bestellungen bei einem deutschen Konsortium aus Ferrostaal und HDW.
Ich spreche von Akis Tsoschatzopoulos, einem führenden griechischen Politiker der PASOK, der Ende der 1990er Jahre Ministerpräsident Griechenlands werden wollte und später Verteidigungsminister war. In seiner Amtszeit bestellte Athen 2000 und 2002 mittels zweier Verträge insgesamt vier neue U-Boote der Klasse 214, eine umfassende Modernisierung drei älterer Boote der Klasse 209/1200 und verkaufte seine Marinewerft in Skaramangas für 6 Millionen Euro an den deutschen U-Boot-Bauer HDW, der sie modernisieren und weiterführen sollte. HDW, damals noch im Eigentum des Finanzinvestors OEP aus den USA durfte sich zusammen mit seinem Finanzdienstleister, der Ferrostaal AG, über ein Milliardengeschäft freuen.
Und es gab noch einen weiteren Anlass zur Freude für die Konzerne: Griechenland wurde damit Erstkunde für eine neue Klasse von Export-U-Booten, der Klasse 214. Waffensysteme, die einen ersten Kunden finden, verkaufen sich danach deutlich leichter. Die Klasse 214 ist das erste Export-U-Boot weltweit, das serienmäßig über einen von der Außenluft unabhängigen Brennstoffzellenantrieb verfügt. Mit diesem Antrieb kann das Boot Wochen statt Tage unter Wasser bleiben. Die Klasse 214 erfüllt den Anspruch der griechischen Marine, mit ihren Booten und Schiffen technologisch an vorderster Front mit zu spielen und entwickelte sich für HDW in der Folge zu einem Kassenschlager. Schon kurz nach der griechischen Bestellung folgte Südkorea. Bis heute wurden von keinem anderen U-Boot-Typ mit außenluftunabhängigen Antrieb mehr Boote verkauft als von der Klasse 214.
Schon in den 1960er Jahren war HDW mit der Klasse 209 gleiches gelungen. Griechenland war der erste Kunde, danach fanden sich viele weitere. Heute sind die Boote der Klasse 209 das erfolgreichste Export-U-Boot der Welt. Sie werden immer noch erfolgreich vermarktet. Zur Zeit werden vier Boote dieses Typs für Ägypten gebaut.
Das Typboot der neuen Klasse 214, sollte in Kiel gebaut werden. Die weiteren sollten danach in Skaramangas aus zugelieferten deutschen Materialpaketen entstehen und der dortigen Werft das Überleben und Beschäftigung sichern.
Schon bald nach der Fertigstellung des ersten Bootes in Kiel kam es zu einem bizarren Streit. Griechenland reklamierte unter seiner nunmehr konservativen Regierung technische Mängel bei dem Boot und begründete damit, dass es seinen Zahlungsverpflichtungen aus den U-Boot-Verträgen nicht länger nachkam. Nach einer Weile belief sich der Zahlungsrückstand auf deutlich mehr als 500 Millionen €. Als neutrale Gutachter das Boot als abnahmefähig bewerteten, weigerte sich Griechenland trotzdem, es abzunehmen. HDW kündigte schließlich die Verträge und wollte Griechenland verklagen.
Nach einem Regierungswechsel in Athen, der mit der PASOK wieder jene Partei an die Macht brachte, die die U-Boote ursprünglich bestellt hatte, wurde 2010 nach einer Lösung gesucht. Athen begann den Zahlungsrückstand abzubauen, nahm das in Kiel gebaute Boot ab und restrukturierte das gesamte U-Boot-Geschäft neu. Die Modernisierung älterer Boote der Klasse 209 wurde auf ein Boot, die Okeanos, beschränkt und durch eine Neubestellung von zwei weiteren U-Booten der Klasse 214 ersetzt. Zugleich verkaufte HDW 75% seiner Anteile an der Werft in Skaramangas an Abu Dhabi Mar, eine arabische Schiffbaugesellschaft und wurde zum Unterauftragnehmer für den Bau der weiteren zwei Boote. Schon bald gerieten die neue Geschäftsführung der Werft in Skaramangas und die Regierung in Athen erneut in Streit. HDW kündigte nach weitgehender Bezahlung der griechischen Außenstände für die ersten vier Boote und die Okeanos seinen Vertrag zur Lieferung der Materialpakete für die Boote fünf und sechs und zog sich damit aus dem Geschäft zurück.
Die Auswirkungen der griechischen Verschuldungskrise wurden bei diesem Geschäft also vergleichsweise früh und deutlich spürbar.
Die Fertigstellung der griechischen Lizenzbauten der Klasse in
Skaramangas ist bis heute nicht erfolgt. Unklar ist zudem, ob die
modernisierte Okeanos tatsächlich einsatzfähig ist.
Griechenland verfügt heute – obwohl es nach eigenen Angaben
rund 2,8 Milliarden Euro für seine U-Boot-Flotte ausgegeben hat -
nur über ein einziges einsatzfähiges, modernes U-Boot.
Interessant ist zudem: HDW wurde aus finanziellen Hilfsmitteln der EU
bezahlt, also aus Geld, für das die Steuerzahler Europas haften.
Aus Schulden des griechischen Staates bei einem privaten
Rüstungskonzern in Deutschland wurden also kurzerhand griechische
Schulden, für die die Steuerzahlern Europas haften. Die Analogie
zu den Vorgängen bei den griechischen Staatsschulden bei privaten
Banken ist frappierend.
Heute wissen wir: Beide U-Boot-Verträge aus den Jahren 2000 und 2002 waren unter Zuhilfenahme von Bestechungszahlungen zustande gekommen. Geld floss unter anderem an den früheren Verteidigungsminister Tsoschatzopoulos, an Beamte, Manager und gewerkschaftsnahe Empfänger.
Der von Ferrostaal 1997/98 beauftragte Vermittlerkreis für den Verkauf der U-Boote der Klasse 214 wurde als „Gebetskreis“ oder „Team A“ bekannt. Geld bekam er über die Griechenlandvertretung der Ferrostaal AG, die griechische Firma MIE. MIE erhielt eine Provision im Wert von 7,5% des Geschäftswertes, von denen etwa 4,5% an die Berater weitergereicht und zum Teil über diese als Bestechung weiter verteilt werden sollten. Zum Gebetskreis gehörten alte Bekannte aus dem eingangs erwähnten Fall Schreiber. Graf von Pückler war wieder mit von der Partie, ebenso der zur Ojjeh-Gruppe gehörige Ago D. und ein Schulfreund von ihm. Hinzu kamen ein zunächst mysteriöser Akteur aus Zypern, Alexander Avataggelos, und ein Freund des griechischen Verteidigungsministers Akis Tsoschatzopoulos, Yannis Beltsios. Agiert wurde über Firmen in der Karibik. Mindestens 25,3 Millionen Euro flossen allein zwischen März 2000 und 2003 in und über diese Struktur. Dann wurde Mitarbeitern bei Ferrostaal der rechtliche Boden unter den Füßen zu heiß. Die Rechtslage in Deutschland hatte sich geändert. Die Zahlungen waren an den Gebetskreis waren nun rechtswidrig und wurden eingestellt, obwohl sie noch nicht vollständig geleistet worden waren. Doch der mysteriöse Alexander Avataggelos klagte und Ferrostaal entschied, einen Kompromiss zu suchen, bevor es sein eigenes Handeln vor Gericht hätte offen legen müssen. Eine Abschlusszahlung von 11 Millionen Euro wurde vereinbart und gezahlt. Der Nachteil für Ferrostaal: Mit dieser Zahlung verlängerte sich die Frist zur Verjährung.
Und dann war da noch ein „Team B“. Es wurde 2002 benötigt, als es um den Verkauf der Werft in Skaramangis an HDW ging und sollte sicherstellen, dass die Gewerkschaften und die Werftleitung mitspielten. Auch Team B erhielt Geld leitete mindestens 17 oder 18 Millionen Euro an griechische Empfänger weiter. Diese Gelder sind scheinbar zumindest teilweise auch von HDW gezahlt worden.
Schließlich gab es noch etwas, was man „Team C“ nennen könnte: Die Bremer Firma STN-Atlas Elektronik übernahm es, „nützliche Aufwendungen“ für die 2002 vereinbarte Modernisierung von drei U-Booten der Klasse 209/1200 zu zahlen, die unter anderem mit neuen elektronischen Systeme des Atlas-Typs ISUS ausgestattet werden sollten. Die Zahlungen von STN-Atlas sind aktenkundig, da der Griechenland-Repräsentant dieser Firma, Panos Evstathiou, sie eingestanden und inzwischen die Konten seiner Firmen Tredeco und Demtec offengelegt hat. Doch das ist einen andere Geschichte, zu der wir noch kommen werden.
Ob ausschließlich STN-Atlas in diesem Kontext zahlte oder sich auch andere Firmen sich beteiligten, ist derzeit nicht bekannt. Durchaus denkbar wäre, das auch weitere deutsche Konzerne beteiligt waren – z.B. Siemens als Hersteller oder HDW als Lieferant der kostspieligen Brennstoffzellenanlage für die modernisierten U-Boote der Klasse 209.
Was ist der Stand der gerichtlichen Aufarbeitung? In Griechenland wurden in einem ersten Verfahren 16 Personen um den ehemaligen Verteidigungsminister Akis Tsoschtzopoulos zu teil langen Haftstrafen verurteilt. Im März wurden 32 weitere Beteiligte wegen der Korruption bei den U-Boot-Aufträgen angeklagt. Unter ihnen sind unter anderem Yannis Beltsios, Alexander Avataggelos, Antonios Kantas und der der Werftmanager Sotiris Emmanouil. Ein Urteil ist meines Wissens noch nicht ergangen.
In Deutschland musste die Ferrostaal AG Strafzahlungen in Höhe von 149 Mio.€ akzeptieren und der Mutterkonzern MAN musste den Verkauf der Mehrheitsanteile der Ferrostaal AG an den arabischen Investor IPIC rückgängig machen. Die Führung der Ferrostall AG wurde ausgetauscht. MAN trennte sich von Ferrostaal und verkaufte es an ein Hamburger Investmenthaus. ThyssenKrupp, seit 2005 Eigner von HDW, kündigte die jahrzehntelange Zusammenarbeit zwischen HDW und Ferrostaal bei Marineverkäufen auf.
Vor dem Landgericht München mussten sich zwei verantwortliche Ferrostaal-Manager verantworten, darunter das lange Jahre für U-Boot-Geschäft zuständige ehemalige Vorstandsmitglied Johann Friedrich (Hanfried) Haun, das wegen des Verkaufs von Ferrostaal an IPIC mittlerweile zu HDW gewechselt war. Die Manager trafen auf einen äußerst verständnisvollen Richter, der ihre strafrechtlich relevanten Aktivitäten als Kavaliersdelikte wertete, weil solche Vorgehensweisen zuvor Jahrzehnte legal waren. Die Angeklagten wurde lediglich zu Bewährungsstrafen verurteilt.
3.2. Fallbeispiel: Rheinmetall
Eingestanden hat Korruptionszahlungen in Griechenland mittlerweile auch die Rheinmetall AG. Deren Rüstungssparte war im vergangenen Jahrzehnt in die Bereiche Luftverteidigung, Landsysteme, Waffe und Munition sowie Elektronik untergliedert. Die Bereiche unterhielten in Griechenland eigene Lobbying-, Marketing- und Beraterstrukturen. Hinzu kam für Geschäfte mit der griechischen Marine eine Zusammenarbeit mit der Firmal MIE, die auch bei der Ferrostaal-Affäre eine wichtige Rolle spielte. Auftragsspezifisch konnten jederzeit weitere „Berater“ hinzugeholt werden.
Der Bereich Rheinmetall Defence Elektronics ist in Bremen ansässig und bildete früher gemeinsam mit Atlas Elektronik die STN-Atlas. Noch früher firmierten beide gemeinsam unter dem Namen Krupp Atlas Elektronik.
Aus grauer Vorzeit stammt die Zusammenarbeit von Atlas mit einem griechischen Berater und Exmilitär, Panos Evsthatiou, der Millionen von seinen deutschen Auftraggebern bekam und auch Millionen an griechische Entscheidungsträger weiterreichte. Evstathiou arbeitete intensiv für Rheinmetall und erhielt deshalb einen Teil der Gelder sicher zurecht. Die Zahlungen an seine Firmen Tredeco und Demtec waren jedoch so exorbitant hoch, dass er aus diesen Summen problemlos Entscheidungsträger in Griechenland bestechen konnte.
Als alter Mann, inzwischen nicht mehr für Rheinmetall tätig, kooperierte Evastathiou Ende 2013 in einer Art Kronzeugenrolle mit den griechischen Ermittlern und gestand ein, über seine Firmen eine Vielzahl griechischer Empfänger bestochen zu haben, unter anderem, damit STN Atlas erfolgreich 54 Luftverteidigungssysteme vom Typ ASRAD und wichtige Komponenten für U-Boote an Griechenland verkaufen konnte. Rheinmetall willigte Ende 2014 ein, mehr als 37 Mio. € Strafzahlungen zu akzeptieren.
Auffällig ist, dass in diesem Fall – anders als bei Ferrostaal und den U-Booten - überwiegend Beamte und Militärs, nicht aber Politiker und deren Umfeld bestochen wurden. Der höchste Beamte, den Evstathiou bestochen haben will, war Antonios Kantas, der stellvertretende Chef des Beschaffungswesens im griechischen Verteidigungsministerium. Neben Kantas erwähnte Evstathiou in seinen Vernehmungen Zahlungen an eine Vielzahl von Fachbeamten, zum Beispiel an Mitglieder technischer Bewertungsausschüsse oder Beamte, die zu einem bestimmten Zeitpunkt Unterschriften für das Beschaffungsvorhaben leisten mussten. Obwohl seine Zahlungen oft an subalterne Mitarbeiter gingen, waren sie dennoch überraschend hoch – in vielen Fällen sechsstellig.
Evstathiou gab an, er habe seine Anweisungen zur Zahlung
bestimmter Summen immer von Rheinmetall-Mitarbeitern bekommen, die er
ebenfalls namentlich nannte. Es ist jedoch nur schwer vorstellbar, dass
er – als intimer Kenner der griechischen
Verteidigungsbürokratie – die potentiellen
Geldempfänger dem Konzern nicht selbst vorgeschlagen hat.
Für RDE ist dieser Fall juristisch mit der Strafzahlung
abgeschlossen. Der Konzern scheint nun gegen einzelne ehemalige
Konzern-Mitarbeiter vorgehen zu wollen, die er glaubt, zur
Verantwortung ziehen zu können, weil diese von Evstathiou
Kickback-Zahlungen erhielten.
Auffällig ist, dass die deutschen Behörden sich bei Rheinmetall nur für Geschäfte interessierten, für die der Konzernbereich RDE zuständig war, also die Elektroniksparte in Bremen. Hier war offenbar die Beleglage besonders gut und Rheinmetall sah sich offenbar veranlasst, zu kooperieren.
Außen vor blieb damit aber der Kernbereich des Konzerns, Waffe und Munition. Dieser war ebenfalls intensiv in Griechenland engagiert und es handelte sich zugleich um jenen Bereich, in dem der gegenwärtige Konzernchef, Armin Pappberger, in den vergangenen Jahren Verantwortung trug.
Zum Griechenland-Geschäft von Rheinmetall Waffe und Munition gehörten in den Jahren 2000 bis 2014 unter anderem
Das es auch bei diesen Geschäften Korruptionszahlungen gegeben haben könnte, ist naheliegend. Gegen Rheinmetalls industriellen Partner bei den Panzern und Haubitzen, KMW, laufen bereits Ermittlungen in Griechenland und Deutschland. Ein beteiligter Manager von KMW sitzt sogar in Untersuchungshaft. Aber begab sich tatsächlich ausschließlich KMW als Hauptauftragnehmer auf rechtswidrige Abwege?
Zumindest im Blick auf Munitionslieferungen an Griechenland gibt es inzwischen erste Anzeichen dafür, dass auch Rheinmetall Waffe und Munition mit Korruptionszahlungen in Griechenland aktiv geworden sein könnte. Rheinmetall hat seine Praxis, mit Beratern im Empfängerland zusammen zu arbeiten, die das Marketing und die Bestechung vorort übernehmen, offenbar bis in dieses Jahrzehnt hinein fortgeführt. Das ergibt sich aus Beraterverträgen, die der Konzernbereich abschloss.
Zudem gelang es dem bereits unter Korruptionsverdacht
stehenden Unternehmen ihm im letzten Jahr, trickreich und ohne
Ausschreibung, einen Vertrag über die Lieferung von 12.000 Schuss
Panzermunition im Wert von 52 Mio. € nach erhalten.
Jeder Schuss dieses Vertrages kostet rechnerisch 4.333 €. Ein
stolzer Preis. Für dieses Geschäft waren in den Jahren zuvor
mindestens vier Beraterverträge abgeschlossen worden, die den
Beratern im Erfolgsfall teils hohe Millionenprovisionen zugesagten.
Zwei Firmen aus Zypern waren in diesem Kontext tätig. Nach der
Auftragsvergabe könnte Rheinmetall Waffe und Munition nunmehr zur
Zahlung von ausgelobten Erfolgsprovisionen verpflichtet sein.
Nach außen stellt sich die Rheinmetall AG gerne als Musterknabe guter Unternehmensführung und Vertreter einer konsequenten „Compliance“- und Antikorruptionshaltung dar.
Michael Salzmann, Beauftragter des Konzerne für Compliance, schrieb zum Beispiel in der Firmenzeitung Profil Anfang 2013 die folgenden, bemerkenswerten Sätze: „Die Antikorruptionsgesetze sind weltweit verschärft worden, etwa in Großbritannien, den USA oder Italien. Die Behörden schauen heute zum Beispiel besonders aufmerksam auf Provisionszahlungen an Berater (...). Auch Geschäftspartner fordern voneinander compliance-gerechtes Verhalten. Ein Grund dafür liegt sicher in einem neuen Bewusstsein für die Schädlichkeit von Korruption. Am Beispiel Griechenlands sieht man, dass mit Bestechlichkeit mittel- und langfristig meist auch Verarmung einhergeht.“
Zwischen Theorie und Praxis und zwischen Anspruch und Wirklichkeit liegen offenbar in der Tat Welten. Welche Brücke führt von der einen in die andere? Unwissenheit? Blauäugigkeit? Chuzpe? Oder schlicht Frechheit? Salzmann’s Sätze werfen zumindest eine zentrale Frage auf: Ist die Compliance-Politik großer Konzerne mehr Sein oder mehr Schein?
4. Schlussbemerkungen
Zum Abschluss möchte ich mit Ihnen noch eine Beobachtung und ein paar erste Schlussfolgerungen teilen.
Die Beobachtung: Korruptionsverdacht entsteht manchmal auch bei Rüstungsexportgeschäften, die letztlich gar nicht zustande kommen. Logischerweise, denn viele Bestechungssummen werden ja erst ausgezahlt, nachdem Verträge geschlossen wurden und Lieferungen erfolgen. Trotzdem ist es manchmal sinnvoll, genauer hinzuschauen. Überhöhte Preise können Hinweise liefern, dass bei einem Geschäft die Bereitschaft existierte, Bestechung zu praktizieren.
Ein Beispiel: Griechenland wollte 2005 deutsche Sturmgewehre vom Typ G36 bei Heckler & Koch kaufen und bei Hellenic Defence Systems in Lizenz bauen lassen. 112.370 Gewehre sollten 252 Millionen Euro kosten. Der Preis macht stutzig. Griechenland hätte bei diesem rein rechnerisch deutlich mehr als doppelt so viel pro Sturmgewehr gezahlt wie die Bundeswehr. Das wäre nicht allein aus den Zusatzkosten erklärbar gewesen, die eine Lizenzmontage verursacht. Das Geschäft wurde letztlich bis heute nicht realisiert.
Lassen Sie nun zusammenfassen:
Die deutsche Industrie glaubt übrigens scheinbar, dass sie in Griechenland ihre ganz eigene Art der Wiedergutmachung betreiben kann. Nach Siemens versucht nun auch Rheinmetall, mit der griechischen Regierung zu einem Deal zu kommen, um sich die Chance auf Zukunftsgeschäfte zu wahren: Man bietet Entschädigungslieferungen statt Entschädigungszahlung an. Im Rüstungsbereich würde das vor allem eines bedeuten: Neue Rüstungsexporte nach Athen. Und die Aussicht für die Konzerne, über Ersatzteillieferungen dort noch lange im Geschäft zu bleiben.
Last but not least: Die deutsche Korruption bei
Rüstungsgeschäften in Griechenland könnte auch unter dem
Motto stehen, das über dem Vortrag meines Nachredners, Andrew
Feinstein, steht: „Corruption is the way to make things
work.“
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Die Veranstaltung „Wie geschmiert: Deutsche
Rüstungsgeschäfte mit Griechenland und die Korruption“
wurde vom Berliner Informationszentrum für Transatlantische
Sicherheit und der Berliner Initiative Respekt für Griechenland
gemeinsam organisiert. Sie fand am 30.6.2015 im DGB-Haus Berlin statt.
ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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