Pressemitteilung
29. Mai 2001

Aktualisierung Dezember 2004


Größere Nuklearwaffenlager in Europa

In Europa können doppelt so viele Nuklearwaffen gelagert werden wie bislang angenommen. Die Lagerstätten sollen bis zum Jahre 2005 modernisiert werden, damit sie bis 2018 nutzbar bleiben. Dies geht aus freigegebenen Dokumenten und Fotos der amerikanischen Luftwaffe hervor, die dem Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS) vorliegen.

Auf 13 aktiven Luftwaffenstützpunkten in sieben europäischen Ländern können bis zu 360 atomare Bomben des Typs B-61 gelagert werden, auf vier Reservestützpunkten bis zu 68 weitere. In Deutschland gibt es aktive Lager in Ramstein und in Büchel (Eifel). Zusätzlich können Waffen nach Nörvenich und Memmingen gebracht werden. Die Lagerstätten, spezielle doppelstöckige Unterflurmagazine, eingelassen in den Betonboden der Flugzeughangars, können je zwei Waffen aufnehmen. Elektronik und Sensoren erlauben Kontrolle und Überwachung, ohne daß die Lager selbst geöffnet werden müssen. Mit einem Aufwand von 10,1 Millionen Dollar will die US-Luftwaffe sie jetzt modernisieren und z.B. die Datenverschlüsselung verbessern. Die Kosten sollen von den NATO-Staaten gemeinsam getragen werden. Sechs dieser Staaten, darunter die Bundesrepublik, verfügen über die Fähigkeit, Nuklearwaffen im Kriegsfall mit eigenen Flugzeugen einzusetzen.

"Die amerikanische Luftwaffe plant, als sei es beschlossene Sache, daß die NATO auch in 15 oder 20 Jahren noch Nuklearwaffen in Europa braucht", sagt Otfried Nassauer, Leiter des BITS. "Aber derzeit findet in den USA eine Überprüfung der Nuklearstrategie statt und Präsident Bush hat bereits angekündigt, die Zahl der amerikanischen Nuklearwaffen drastisch zu verringern. Dabei dürfen die in Europa gelagerten Waffen kein Tabu sein, grade wenn man Rußland überzeugen will, seine taktischen Nuklearwaffen abzubauen."

NATO-Ländern steht es inzwischen frei, die Lagerung nuklearer Waffen auf ihrem Territorium zuzugeben oder nicht. Die vollständige Liste der europäischen Lagerorte für Nuklearwaffen entnehmen Sie bitte der nachfolgenden Tabelle.


Aktualisierung Dezember 2004:
Neue deklassifizierte Dokumente, die Hans Kristensen zur Verfügung gestellt wurden, veranlassen NRDC zu der Annahme, dass immer noch bis zu 480 B-61 Nuklearwaffen in Europa gelagert sein könnten. Dies fußt auf der Annahme, dass jedes WS3-Lagersystem vier Bomben aufnehmen kann.


Für weitere Informationen stehen wir gerne unter 030 - 446 8580 zur Verfügung.

BITS bedankt sich bei Joshua Handler von der Universität Princeton für die Anfrage auf Freigabe einiger Dokumente.


Die Nuklearwaffenlager der NATO im Mai 2001 [1] (Aktualisierung Dezember 2004)

Flugplatz Land Unterflur-magazine max. Zahl der Waffen Einheiten und Status
Buechel D 11 22 Jabo-Geschwader 33 der Bundeswehr mit Tornado-Flugzeugen, Nuklearwaffenlager aktiv; Wacheinheit der USAF: 817.MUNSS
Rammstein D 54* 108 86. Lufttransportgeschwader, USAF mit C-130-Transportern, aktiv
Kleine Brogel BE 11 22 10. Taktisches Geschwader der Belgischen Luftwaffe mit F-16 Flugzeugen, Nuklearwaffenlager aktiv; Wacheinheit der USAF: 52.MUNSS
Volkel NL 11 22 1. Jagdbombergeschwader der Holländischen Luftwaffe mit F-16 Flugzeugen, aktiv. Wacheinheit der USAF: 752.MUNSS
Lakenheath UK 33 66 48. Jagdbombergeschwader der US-Luftwaffe mit F-15E-Flugzeugen, Nuklearwaffenlager aktiv
Aviano IT 18 36 31. Jagdbombergeschwader der US-Luftwaffe mit F-16 Flugzeugen, Nuklearwaffenlager aktiv
Ghedi-Torre IT 11 22 6. Geschwader der Italienischen Luftwaffe mit Tornado-Flugzeugen, Nuklearwaffenlager aktiv. Wacheinheit der USAF: 31.MUNSS
Araxos GR 6

(0)
12 116. Geschwader der Griechischen Luftwaffe mit A-7E Flugzeugen, Nuklearwaffenlager aktiv. Wacheinheit der USAF: 731.MUNSS
(geschlossen)
Incirlik TR 25 50 Rotierende Einheiten der US-Luftwaffe, Nuklearwaffenlager aktiv
Memmingen D 11

(0)
0 Jabo-Geschwader 34 der Bundeswehr mit Tornado-Flugzeugen, Nuklearwaffenlager z.Zt. inaktiv (caretaker status) – Geschwader soll 2003 aufgelöst werden; keine Wacheinheit der USAF
(entgültig geschlossen)
Noervenich D 11
0 Jabo-Geschwader 31 der Bundeswehr mit Tornado-Flugzeugen, Nuklearwaffenlager z.Zt. inaktiv. keine Wacheinheit der USAF
Murted/Akinci TR 6 0 4. Geschwader der Türkischen Luftwaffe mit F-16 Flugzeugen, Nuklearwaffenlager z.Zt. inaktiv. keine Wacheinheit der USAF
Balikesir TR 6 0 9. Geschwader der Türkischen Luftwaffe mit F-16-Flugzeugen, Nuklearwaffenlager z.Zt. inaktiv. keine Wacheinheit der USAF

Gesamt:

NATO 214
(197)
360**  

    * plus ein weiteres Magazin für Ausbildungs- und Übungszwecke.
    ** Bis zu 360 Waffen können gelagert werden. Die Zahl der wirklich gelagerten Waffen ist wahrscheinlich deutlich geringer. Schätzungen gehen von rund 150-180 Waffen aus. Angenommen wird, daß in Friedenszeiten je Standort zumindest ein Magazin mit Übungsbomben ausgestattet ist. Die meisten, wenn nicht alle gelagerten Waffen sind Bomben des Typs B-61 Modell 10.

Material:
[1] USAF Electronic Systems Center, Cryptologic Systems Group: WS3 Sustainment Program, Hanford Airforce Base, 3.3.2000; Department of the US Air Force, 11th Wing, Information obtained under the Freedom of Information Act by Joshua Handler, Princeton University, released 01/30/1998; Department of the US Air Force, Headquarters US Air Forces in Europe, Information obtained under the Freedom of Information Act by Joshua Handler, released 12/02/1997; Der Spiegel, No. 16/98, 04/13/98, p.135; USAF Electronic Systems Center: Press Release, Hanscom AFB, 18.7.1995; USAF Electronic Systems Center: Communication to BASIC, Hanscom, 20.11.1996; US Congress, House Defense Appropriations Subcommittee, DoD Appropriations for FY 1987, Part 5, p.216; US Congress, House Defense Appropriations Subcommittee, DoD Appropriations for FY 1990, part 7, p.479; Institut für Internationale Politik: Die Atomare Planung der NATO nach dem Ende des Kalten Krieges, Wuppertal, 1990.

 


Blaue Markierungen bedeuten inaktive Nuklearwaffenlager, braune Markierungen aktive Lager.

 


Das Foto zeigt eine Gravitationsbombe des Typs B-61. Bei dem Flugzeug im Hintergrund handelt es sich um eine F-16. (Foto: USAF)