"Bush braucht Deutschland als Partner"
Interview mit Otfried Nassauer
George W. Bush zeigt in einem Interview Verständnis für das deutsche Nein zum
Irakkrieg. Was sagt das über das deutsch-amerikanische Verhältnis aus, Herr Nassauer?
Präsident Bush schaut nach vorne, auf künftige Probleme, bei denen er deutsche
Unterstützung braucht. Ein Blick im Zorn zurück wäre wenig hilfreich. Auf eine
US-freundlichere Regierung in Berlin kann er nicht mehr hoffen. Also sucht er ein gutes
Verhältnis und bereitet uns darauf vor, dass die USA ein verstärktes Engagement erwarten
und fordern werden vor allem bei Auslandseinsätzen wie in Afghanistan.
Versucht Bush mit dem Interview vielleicht auch gute Stimmung zu machen, um die
Deutschen im Atomkonflikt mit Iran eng an die USA zu binden?
Das ist möglich. Bush hält sich ja derzeit sehr zurück. Vielleicht will er
Bundeskanzlerin Angela Merkel einen größeren innenpolitischen Spielraum geben, um die
harte Linie der USA in der Iranpolitik mittragen und gegenüber Russland und China
vermitteln zu können. Die USA brauchen ja ein breites Bündnis, um Iran wirksam isolieren
zu können zum Beispiel mit Sanktionen. Bush will möglichst lange mit einer
einheitlichen Position operieren. Zugleich hält er die Möglichkeit eines militärischen
Vorgehens der USA offen und hofft, dass Länder wie Deutschland später nicht mehr
abspringen können.
Zeigt Bushs Aussage nicht auch, dass das Nein zum Irakkrieg im Endeffekt gar
keine so große Belastung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen gewesen ist?
Sicherlich hat das deutsche Nein die Beziehungen zu den USA belastet, aber eben nicht
dauerhaft. Jetzt geht es den USA darum, Probleme in den Griff zu bekommen, bei denen die
Deutschen als Partner nützen: Iran, Afghanistan, die Stabilisierung des Iraks, der
geplante Hilfseinsatz im Sudan.
Wie viel hat Angela Merkel dazu beigetragen, dass sich das Verhältnis zu den
Amerikanern verbessert hat?
Die Person Merkel ist dabei nicht so entscheidend; sie hat aber einen Startvorteil, weil
sie in Bushs Augen eine Anti-Kommunistin aus einem sozialistischen Land ist. Wichtiger
ist, wie die Medien über das Verhältnis von Bush und Merkel berichten. Sie schreiben es
derzeit so konsequent schön, wie sie unter Altkanzler Gerhard Schröder die
deutsch-amerikanische Beziehungen gezielt schlecht geschrieben haben. Die Wahrheit liegt
in der Mitte.
Welchen Einfluss hat es auf Angela Merkels Ansehen in Deutschland, wenn sie sich
als Verbündete Bushs positionieren würde?
Die Haltung der Deutschen Bush gegenüber ist sehr skeptisch. Ob sich das ändert, hängt
auch von der Iranpolitik der USA ab. Klar ist, dass eine zu starke Anlehnung an die USA
der Kanzlerin schaden würde, auch im Blick auf die Beziehungen zu Russland und China.
Das Gespräch führte Dagny Lüdemann |
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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