Interview zum Libanon-Einsatz der Bundeswehr
Interview mit Otfried Nassauer
LN: Waffenschmuggler wäre doch dumm, wenn sie Kurs auf die libanesische
Küste nehmen würden, wo sie von dem robusten Marineverband erwartet werden.
Nassauer: Ich glaube nicht, dass die deutsche Marine viele Schiffe mit Waffen findet.
Weder die derzeit dort kreuzenden französischen und italienischen Verbände haben einen
Waffenschmuggler aufgebracht noch Israelis während der Blockade.
LN: Drohen dem Marineverband Anschläge?
Nassauer: Theoretisch ja, aber Operationen wie der Terrorangriff radikaler Islamisten auf
den US-Zerstörer "Cole" gehören bisher nicht zum Instrumentarium der
Hisbollah.
LN: Fast alle Waffenlieferungen an die Hisbollah laufen über die
syrisch-libanesischen Grenze. Ist die Operation der Bundesmarine somit eine politische
Showveranstaltung?
Nassauer: Die Operation ist vieles. Die Bundesregierung will mit einem Einsatz in
Größenordnung des italienischen und französischen zeigen, dass sie sich auf Augenhöhe
beteiligt. Sie will zeigen, dass sie für Israels Existenzrecht einsteht. Sie beansprucht
ein Mitspracherecht bei der Entwicklung einer Friedenslösung für den Nahen Osten. Aber
sie riskiert auch vieles: Deutsche können im Nahen Osten letztlich nicht neutral agieren.
Die Chance, als ehrlicher Makler zu agieren, kann verloren gehen. Man kann schon jetzt
absehen, dass Berlin mittelfristig auch nach Bodentruppen gefragt wird.
LN: Stimmen Sie mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier überein, die
Bundesrepublik kann sich aus dem Nahen Osten nicht raushalten?
Nassauer: Das stimmt. Die Frage ist aber, ob ein militärisches Engagement klug ist. Man
kann sich ja auch politisch und wirtschaftlich einbringen, um eine langfristige
Friedenslösung mit vorzubereiten. Der Einsatz kostet im ersten Jahr 194 Millionen.
Könnten die nicht wirksamer eingesetzt werden?
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Die Fragen stellte Jens Ehlers |
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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