Aufrüstung wider Willen?
NATO setzt auf militärische Entschlossenheit
Andreas Flocken
Das Bündnis versucht, gegenüber Russland einmal mehr
militärische Entschlossenheit zu zeigen Die NATO-Response Force,
also der Eingreifverband der Allianz, soll künftig auf bis zu
40.000 Soldaten aufgestockt werden. Außerdem gelobten die
Verteidigungsminister, wie bereits auf dem NATO-Gipfel im vergangenen
Jahr, ihre Verteidigungsausgaben kräftig zu erhöhen.
NATO-Generalsekretär Stoltenberg wies aber trotzdem alle
Befürchtungen zurück, die Allianz lasse sich in einen
Rüstungswettlauf hineinziehen:
O-Ton Stoltenberg
„We will not be dragged into an arms race, but we must keep our countries safe.”
Die NATO lässt also die Muskeln spielen. Und die USA,
die sich eigentlich dem Pazifik zuwenden wollten, spielen hierbei eine
Schlüsselrolle. Die neue Schnelle Eingreiftruppe, die sogenannte
Speerspitze, soll von Washington vor allem logistisch
massiv unterstützt werden. Außerdem kündigte der neue
Pentagonchef Ashton Carter an, Waffen und Gerät für
rund 5.000 US-Soldaten in den osteuropäischen NATO-Staaten zu
stationieren. Und Carter bekräftigte, dass es in Europa allein in
dieser Woche 20 Manöver der US-Streitkräfte gege-ben habe:
O-Ton Carter
„We will take a new, strong, and balanced strategic approach.
…Just this week, just this week there are 20 named exercises of
U.S. forces in Europe. Just this week.”
Offiziell alles eine Reaktion auf die russischen
Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt. Aber
natürlich wird auch Moskau auf den Aufbau der NATO-Infrastruktur
in Osteuropa reagieren. Wegen der eigenen konventionellen
Unterlegenheit setzt Russland schon jetzt bei
Militär-Übungen verstärkt auf Atomwaffen. Aktion,
Reaktion – dieses Muster ist zurzeit zwischen Russland und der
NATO zu beobachten. Der frühere Vorsitzende des
NATO-Militärausschusses, der ehemalige Vier-Sterne-General Harald
Kujat, ist besorgt:
O-Ton Kujat
„Wenn wir die Spirale die Eskalationspirale immer weiter drehen,
und dann auch immer stärker auf militärische Maßnahmen
setzen, dann ist das ein Weg, der in die Irre führt."
Ein Weg, der auch zur Stationierung von US-Atomwaffen in den
osteuropäischen NATO-Ländern führen könnte. Das
aber wäre eine ganz neue Qualität und würde den Konflikt
noch weiter anheizen.
Andreas Flocken ist Redakteur
für die Hörfunk-Sendung "Streitkräfte und
Strategien" bei NDRinfo.
|