Trotz Erhöhung des Verteidigungshaushalts
Kein
Ende der Ausrüstungs-Misere?
Andreas Flocken
Die Bundeswehr hat einen mächtigen Schluck aus
der Pulle genommen. Das Kabinett hat in dieser Woche die Eckwerte
für die nächsten Haushalte beschlossen. Zwischen 2016
und 2019 soll es rund 8 Milliarden Euro mehr geben als
ursprünglich geplant. Für das kommende Jahr
wird die Bundeswehr 1,2 Milliarden Euro zusätzlich bekommen.
Politiker der Koalitionsparteien sprechen von einer
überfälligen Maßnahme angesichts der
Ukraine-Krise und anderer internationaler Konflikte. Und auch
Verteidigungsministerin von der Leyen ist zufrieden:
O-Ton
von der Leyen
„Das ist ein ganz wichtiger Schritt in die richtige Richtung,
nämlich weg von dem Trend der Mangelverwaltung hin zu einem
neuen Trend, dass wir auch tatsächlich die zunehmend hohlen
Strukturen wieder auffüllen können.“
Doch wer nun glaubt, dass angesichts der
zusätzlichen Mittel die Negativ-Schlagzeilen über
diverse Ausrüstungsmängel bei der Bundeswehr ein Ende
haben werden, der könnte auf dem Holzweg sein. So sieht es
jedenfalls der Verteidigungs- und Haushaltspolitiker der
Grünen, Tobias Lindner:
O-Ton
Lindner
„Wenn man eine gute Ausstattung der Truppe will, dann muss
man vor allem gucken, dass Wartung und Instandsetzung der
Truppe funktionieren. An dieser Stelle bräuchte man
tatsächlich mehr Mittel für den Materialerhalt. Aber
aus den Etaterhöhungen soll da, wo wir es sehen, kein einziger
Euro reinfließen… Nach allem was wir heute wissen,
man muss sagen - wir kennen bisher nur die Eckwerte, es heißt
ja auch Eckwertebeschluss - gehen von den 1,2 Mrd. Euro mehr als 800
Millionen in Tariferhöhungen für die Soldatinnen und
Soldaten. Damit ist erst einmal der gröbste Teil des Geldes
weg."
Und auch Wirtschaftsminister Gabriel sieht die
Bundeswehr keineswegs auf einem Modernisierungskurs:
O-Ton
Gabriel
„Selbst mit dem, was wir jetzt machen, liegen wir, gemessen
an den Kriterien innerhalb der NATO, immer noch auf dem Abbaupfad der
Verteidigungsausgaben und nicht etwa auf einem Aufbaupfad.“
Nach Ansicht von Tobias Lindner ist daher eine
Trendwende nicht erkennbar. Für den
Grünen-Politiker agiert die Bundeswehrführung
weiterhin ohne einen Plan:
O-Ton
Lindner
„Interessant ist, dass in den Begründungen des
Kabinettsbeschlusses noch von der Stärkung der
verteidigungsinvestiven Ausgaben geredet wird. Und hinten in den Zahlen
findet sich ein ominöser Posten, bezeichnet als Mehrausgaben
für Zukunftsinvestitionen. Auf meine Frage im Ausschuss,
wofür diese Mehrausgabe verwandt werden soll, konnte man mir
allerdings gar nichts sagen. Ich glaube, das Verteidigungsministerium
weiß selbst noch nicht so genau, wofür es das
zusätzliche Geld verwenden will."
Vermutlich auch, weil die Bundeswehr heillos von der
Rüstungsindustrie abhängig ist. In den vergangenen
zwei Jahren konnten bewilligte Mittel in Höhe von mehr als
einer Milliarde Euro nicht ausgegeben werden, weil bestellte
Waffensysteme nicht wie vereinbart ausgeliefert wurden. Daran wird sich
vermutlich auf absehbare Zeit nichts ändern wird. Beispiel das
neue Transportflugzeug: So wie es aussieht wird die Luftwaffe in diesem
Jahr vergeblich auf die zugesagten fünf A400M Transporter
warten. Schlecht für die Bundeswehr, gut für den
Finanzminister.
Das Interview mit Tobias Lindner zum
Verteidigungshaushalt finden Sie übrigens auf der
Internetseite von Streitkräfte und Strategien unter ndr.de/info.
Andreas Flocken ist Redakteur
für die Hörfunk-Sendung "Streitkräfte und
Strategien" bei NDRinfo.
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