Erst Terror, dann Folter
Andreas Flocken
Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 sehen sich die
USA in einem Krieg gegen den Terror. Jahrelang wurden Verdächtige
entführt, misshandelt und auch gefoltert. Offiziell sprach man von
„verschärften Vernehmungen“, enhanced interrogations.
Sie waren damals von der US-Regierung gebilligt worden. Der jetzt vom
Senat veröffentlichte Bericht ist in den USA umstritten. Der
ehemalige Präsident Georg W. Bush kann die ganze Aufregung nicht
verstehen. Für ihn haben die Geheimdienstler nur ihre Pflicht
getan:
O-Ton Bush (overvoice)
„Dies sind Patrioten. Wenn der Bericht ihre Verdienste für
unser Land herabwürdigt, dann liegt er total daneben.“
Der ehemalige US-Präsident ist der politisch
Hauptverantwortliche für diese menschenverachtenden
Verhörpraktiken. Laut Ex-Vizepräsident Cheney war
Bush ein „integraler Bestandteil des Programms“ und hatte
ihm zugestimmt.
Die Misshandlungen haben den moralischen Führungsanspruch und die
Glaubwürdigkeit der USA erschüttert. Die harschen
Verhörmethoden haben zudem nichts gebracht. Der republikanische
Senator John McCain, der während des Vietnamkrieges in
Gefangenschaft war und selbst gefoltert worden ist:
O-Ton McCain
„It produced little Intelligence to help us to track down the perpetrators of 9/11or prevent new attacks and attrocities."
Die Hintermänner der Anschläge von 11. September
seien dadurch nicht gefasst und andere Attentate nicht verhindert
worden. Genau das aber haben die US-Geheimdienste immer wieder
behauptet. Für die Senatorin Dianne Feinstein sind die
Öffentlichkeit und der US-Kongress belogen worden:
O-Ton Feinstein (overvoice)
„Wir haben 20 Fälle untersucht, bei denen die
CIA behauptet, durch ihre Verhöre seien Terroristen gefasst
oder ein Anschlag verhindert worden. In keinem Fall wurden die
Behauptungen bestätigt.“
Menschenrechts-Organisationen und die Vereinten Nationen
fordern, die Verantwortlichen zu bestrafen. Doch dazu wird es nicht
kommen. Denn die USA haben sich zudem nicht dem internationalen
Strafgerichtshof unterworfen.
Präsident Obama hat nach seinem Amtsantritt die von seinem
Vorgänger angeordneten Verhörpraktiken gestoppt - weil sie im
Widerspruch zu den Prin-zipien der USA stehen. Aber auch, weil sie
kontraproduktiv sind. Allerdings sieht Obama die USA ebenfalls in einem
globalen Krieg gegen den Terror. Der US-Präsident setzt dabei vor
allem auf geheime Drohnenangriffe. Durch gezielte Tötungen werden
mutmaßliche Terroristen ausgeschaltet. Ein völkerrechtlich
fragwürdiges Vorgehen, das ebenfalls das Ansehen der USA
unterminiert. Außerdem schafft es nach Ansicht von Kritikern
nicht mehr, sondern weniger Sicherheit. Denn Drohnenangriffe
machen es für Terroristen einfacher, Nachwuchs zu rekrutieren.
Andreas Flocken ist Redakteur
für die Hörfunk-Sendung "Streitkräfte und
Strategien" bei NDRinfo.
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