Gastbeitrag
Streitkräfte und Strategien - NDR info
30. Juni 2007


Subventionspolitik durch die Bundeswehr?

Marine bekommt F 125 Fregatten für mehr als zwei Milliarden Euro

Andreas Flocken

"Gemeinsam ist besser." So lautete die Schlagzeile eines Berichtes der Bundeswehr-Zeitung "Aktuell" über einen Kongress, den das Verteidigungsministerium zusammen mit Vertretern der Rüstungsindustrie kürzlich in Berlin veranstaltete. "Europa gemeinsam gestalten" war das Motto der Konferenz. Passend zur deutschen EU-Präsidentschaft legten die Teilnehmer ein Bekenntnis für einen gemeinsamen Rüstungsmarkt in Europa ab. Staatssekretär Christian Schmidt erklärte, kein Mitgliedstaat der EU könne seine Rüstungsindustrie dauerhaft mit rein nationalen Mitteln erhalten.

Doch auch im Verteidigungssektor klaffen Anspruch und Wirklichkeit häufig weit auseinander. Jedenfalls war von einer europäischen Lösung keine Rede, als der Haushaltsausschuss in der vergangenen Woche von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt grünes Licht für ein Milliardenschweres Rüstungsprojekt gegeben hat. Beschlossen wurde eine rein nationale Lösung. Vier Fregatten vom Typ F 125 werden für insgesamt 2,6 Milliarden Euro beschafft. Das entspricht einem Stückpreis von rund 650 Mio. Euro. Damit hat die deutsche Werftindustrie einen dicken Auftrag an Land gezogen. Ausländische Konkurrenz hatten die deutschen Schiffbauer nicht zu fürchten. Dabei werden in Europa im Augenblick eher zu viel als zu wenig Fregatten gebaut. Die Dänen haben vor drei Jahren die Fregatte "Absalon" beschafft. Kosten: rund 200 Mio Euro. Sie soll ähnliche Aufgaben wie die F-125 übernehmen und ist vor allem für Stabilisierungsmissionen gedacht. Franzosen und Italiener entwickeln zurzeit gemeinsam ebenfalls eine Fregatte. Insgesamt 17 dieser Kriegsschiffe sollen gebaut werden.

Doch die Bundeswehr-Rüstungsplaner haben von Anfang an eine Kooperation mit anderen Ländern ausgeschlossen. Dabei wäre der Stückpreis für eine Fregatte selbst bei anspruchsvollsten deutschen Sonderwünschen erheblich günstiger gewesen als die 650 Mio. Euro, die die F 125 bei der nationalen Lösung jetzt kosten soll. Und auch deutsche Arbeitsplätze wären nicht unbedingt verloren gegangen. Die Schiffe hätten durchaus in Deutschland gebaut werden können – alles eine Frage von Verhandlungen.

Auch die EDA, die eigens für die Zusammenarbeit auf dem Rüstungssektor geschaffene Europäische Verteidigungsagentur, wurde nicht eingeschaltet. Das Verteidigungsministerium war von vorneherein auf eine deutsche Lösung fixiert. Und zwar so stark, dass es damit seine eigene Verhandlungsposition gegenüber der Werftindustrie geschwächt hat, wie der Bundesrechnungshof kritisierte. Die vereinbarten mehr als 2 Milliarden Euro für die vier Schiffe sind nämlich kein Festpreis. Nur 17 Prozent der Summe dürfen nicht steigen. Damit hat das Verteidigungsministerium gegen eigene Richtlinien verstoßen. Die sehen nämlich vor, dass der Festanteil des Preises mindestens bei 20 Prozent liegen muss. Außerdem setzte die Werftindustrie durch, dass der Preis jährlich um bis zu 3 Prozent steigen kann. Nach den Grundsätzen des Ministeriums darf diese Rate normalerweise nur 2 Prozent betragen.

Doch damit nicht genug. Gleich bei der Lieferung der ersten Fregatte sind 81 Prozent des Gesamtpreises fällig. Mitbezahlt werden also auch schon die drei anderen Schiffe, die noch gar nicht fertiggestellt sind. Außerdem konnten die Werften umfangreiche Haftungsausschlüsse durchsetzen. Der Bundesrechnungshof empfahl daher dem Parlament, dem Rüstungsprojekt in der gegenwärtigen Form nicht zuzustimmen.

Doch für das Verteidigungsministerium und andere Kenner war die Zustimmung des Haushaltsauschusses nur noch Formsache. Das Ministerium verkündete jedenfalls die Billigung des Rüstungsvorhabens bereits zu einem Zeitpunkt, als die Haushälter noch tagten. Als man diesen Formfehler realisierte, wurde die Pressemitteilung Nr. 100 schnell zurückgezogen. Vier Stunden später - der Haushaltsausschuss hatte inzwischen grünes Licht gegeben - wurde die Meldung erneut verschickt. Diesmal als Pressemitteilung Nr. 102. Allerdings mit zwei Änderungen. Nachdem es zuvor geheißen hatte, die Zulieferung der Fregatten würde ab 2014 erfolgen, war nun zu lesen, die vier F 125 würden ab Mitte des kommenden Jahrzehnts ausgeliefert, also 2015. Und während man der ersten Meldung noch die Gesamtkosten entnehmen konnte, hatte man sie diesmal weggelassen. Möglicherweise wissend, dass bisher noch jedes größere Rüstungsvorhaben erheblich teuerer wurde als zunächst geplant.


 

Andreas Flocken ist Redakteur für die Hörfunk-Sendung "Streitkräfte und Strategien" bei NDRinfo.