Subventionspolitik durch die Bundeswehr?
Marine bekommt F 125 Fregatten für mehr als zwei Milliarden Euro
Andreas Flocken
"Gemeinsam ist besser." So lautete die Schlagzeile eines Berichtes der
Bundeswehr-Zeitung "Aktuell" über einen Kongress, den das
Verteidigungsministerium zusammen mit Vertretern der Rüstungsindustrie kürzlich in
Berlin veranstaltete. "Europa gemeinsam gestalten" war das Motto der Konferenz.
Passend zur deutschen EU-Präsidentschaft legten die Teilnehmer ein Bekenntnis für einen
gemeinsamen Rüstungsmarkt in Europa ab. Staatssekretär Christian Schmidt erklärte, kein
Mitgliedstaat der EU könne seine Rüstungsindustrie dauerhaft mit rein nationalen Mitteln
erhalten.
Doch auch im Verteidigungssektor klaffen Anspruch und Wirklichkeit häufig weit
auseinander. Jedenfalls war von einer europäischen Lösung keine Rede, als der
Haushaltsausschuss in der vergangenen Woche von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt
grünes Licht für ein Milliardenschweres Rüstungsprojekt gegeben hat. Beschlossen wurde
eine rein nationale Lösung. Vier Fregatten vom Typ F 125 werden für insgesamt 2,6
Milliarden Euro beschafft. Das entspricht einem Stückpreis von rund 650 Mio. Euro. Damit
hat die deutsche Werftindustrie einen dicken Auftrag an Land gezogen. Ausländische
Konkurrenz hatten die deutschen Schiffbauer nicht zu fürchten. Dabei werden in Europa im
Augenblick eher zu viel als zu wenig Fregatten gebaut. Die Dänen haben vor drei Jahren
die Fregatte "Absalon" beschafft. Kosten: rund 200 Mio Euro. Sie soll ähnliche
Aufgaben wie die F-125 übernehmen und ist vor allem für Stabilisierungsmissionen
gedacht. Franzosen und Italiener entwickeln zurzeit gemeinsam ebenfalls eine Fregatte.
Insgesamt 17 dieser Kriegsschiffe sollen gebaut werden.
Doch die Bundeswehr-Rüstungsplaner haben von Anfang an eine Kooperation mit anderen
Ländern ausgeschlossen. Dabei wäre der Stückpreis für eine Fregatte selbst bei
anspruchsvollsten deutschen Sonderwünschen erheblich günstiger gewesen als die 650 Mio.
Euro, die die F 125 bei der nationalen Lösung jetzt kosten soll. Und auch deutsche
Arbeitsplätze wären nicht unbedingt verloren gegangen. Die Schiffe hätten durchaus in
Deutschland gebaut werden können alles eine Frage von Verhandlungen.
Auch die EDA, die eigens für die Zusammenarbeit auf dem Rüstungssektor geschaffene
Europäische Verteidigungsagentur, wurde nicht eingeschaltet. Das Verteidigungsministerium
war von vorneherein auf eine deutsche Lösung fixiert. Und zwar so stark, dass es damit
seine eigene Verhandlungsposition gegenüber der Werftindustrie geschwächt hat, wie der
Bundesrechnungshof kritisierte. Die vereinbarten mehr als 2 Milliarden Euro für die vier
Schiffe sind nämlich kein Festpreis. Nur 17 Prozent der Summe dürfen nicht steigen.
Damit hat das Verteidigungsministerium gegen eigene Richtlinien verstoßen. Die sehen
nämlich vor, dass der Festanteil des Preises mindestens bei 20 Prozent liegen muss.
Außerdem setzte die Werftindustrie durch, dass der Preis jährlich um bis zu 3 Prozent
steigen kann. Nach den Grundsätzen des Ministeriums darf diese Rate normalerweise nur 2
Prozent betragen.
Doch damit nicht genug. Gleich bei der Lieferung der ersten Fregatte sind 81 Prozent
des Gesamtpreises fällig. Mitbezahlt werden also auch schon die drei anderen Schiffe, die
noch gar nicht fertiggestellt sind. Außerdem konnten die Werften umfangreiche
Haftungsausschlüsse durchsetzen. Der Bundesrechnungshof empfahl daher dem Parlament, dem
Rüstungsprojekt in der gegenwärtigen Form nicht zuzustimmen.
Doch für das Verteidigungsministerium und andere Kenner war die Zustimmung des
Haushaltsauschusses nur noch Formsache. Das Ministerium verkündete jedenfalls die
Billigung des Rüstungsvorhabens bereits zu einem Zeitpunkt, als die Haushälter noch
tagten. Als man diesen Formfehler realisierte, wurde die Pressemitteilung Nr. 100 schnell
zurückgezogen. Vier Stunden später - der Haushaltsausschuss hatte inzwischen grünes
Licht gegeben - wurde die Meldung erneut verschickt. Diesmal als Pressemitteilung Nr. 102.
Allerdings mit zwei Änderungen. Nachdem es zuvor geheißen hatte, die Zulieferung der
Fregatten würde ab 2014 erfolgen, war nun zu lesen, die vier F 125 würden ab Mitte des
kommenden Jahrzehnts ausgeliefert, also 2015. Und während man der ersten Meldung noch die
Gesamtkosten entnehmen konnte, hatte man sie diesmal weggelassen. Möglicherweise wissend,
dass bisher noch jedes größere Rüstungsvorhaben erheblich teuerer wurde als zunächst
geplant.
Andreas Flocken ist Redakteur für die Hörfunk-Sendung
"Streitkräfte und Strategien" bei NDRinfo.
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