taz
21. September 2004

Waffengeschäfte laufen schlechter

Die Auftragseingänge für Rüstungsexporte gingen zwischen 2000 und 2003 um rund 40 Prozent zurück. Nachfrager in Industrie- und Entwicklungsländern leiden unter Geldmangel - letztere wegen hoher Schulden. USA bleiben größter Exporteur.

von Otfried Nassauer

Die Rüstungsexporte brechen weltweit ein. Dies gilt sowohl für die Erteilung neuer Aufträge als auch für den Wert der jährlich ausgelieferten Waffen. Das berichtet der wissenschaftliche Dienst des amerikanischen Kongresses in seinem neuesten Jahresbericht.

So sei der Auftragseingang für Rüstungsexportgeschäfte weltweit von 41 Milliarden US-Dollar im Jahr 2000 auf 25,6 Milliarden Dollar im Jahr 2003 geschrumpft. Der Wert der real gelieferten Waffen sei binnen nur einem Jahr sogar von 41,8 Milliarden Dollar im Jahr 2002 auf 28,7 Milliarden im Jahr 2003 gefallen. Ein Rückgang bei den Waffenexporten sei das dritte Jahr in Folge zu beobachten.

Für Rüstungsexporteure war das Jahr 2003 - nach den Kriterien der US-Wissenschaftler - das schlechteste seit dem Ende des Kalten Krieges, schlechter noch als 1997. Die Zahlen für 2003 wären sogar noch deutlich schlechter ausgefallen, hätte es nicht einige wenige neue spektakuläre Großaufträge gegeben: Polen kaufte 48 F-16-Kampfflugzeuge für 3,5 Milliarden Dollar in den USA. Milliardenschwere Flugzeugkäufe tätigten auch Indien und China, aber in Russland.

Zurückhaltung bei Rüstungskäufen zeigen derzeit sowohl die Industrieländer als auch noch deutlicher die Entwicklungsländer. Erstere geben immer weniger Geld für Waffen im Ausland aus. Sie kaufen lieber heimische Produkte oder engagieren sich auf dem schrumpfenden Markt in internationalen Kooperationsprojekten, um die eigene Industrie zu unterstützen. Letztere leiden immer stärker unter der Zinslast ihrer Verschuldung, die sie seit der Hochzinsphase der Reaganomics ab den 1980er-Jahren angesammelt haben. Ihr Anteil am internationalen Waffenimport ist von 66,9 Prozent in den Jahren 1996 bis 1999 auf 53,1 Prozent in den Jahren 2000 bis 2003 gefallen. Hier wäre der Rückgang wahrscheinlich noch viel deutlicher ausgefallen, wenn der Bericht nicht die reichen Golf-Staaten, China oder beispielsweise auch Israel als Entwicklungsländer zählen würde. Trotzdem: Auf der arabischen Halbinsel laufen die letzten Großbestellungen aus der Zeit des zweiten Golfkrieges aus.

Saudi-Arabien importierte in den vergangenen zehn Jahren Waffen für 61,1 Milliarden Dollar. Dies entsprach einem Anteil von mehr als 34 Prozent der Waffeneinfuhren aller Entwicklungsländer. Die Vereinigten Arabischen Emirate importierten Waffen für 7,7 Milliarden Dollar, Kuwait für 6,5 Milliarden. Das macht deutlich, wie erheblich der Rückfluss von Petrodollars für Rüstungsgüter nach Europa und in die USA ist.

Asien scheint den Nahen Osten tendenziell als größten Rüstungsmarkt abzulösen. 2003 haben Länder wie Taiwan, China, Indien, Südkorea, Malaysia und Indonesien mehr Rüstungsgüter bestellt als die Staaten des Nahen Ostens. Dorthin wurden aber weiterhin noch am meisten Waffen ausgeliefert. Die USA sind vor Russland der mit Abstand größte Rüstungsexporteur, sowohl im weltweiten Handel als auch bei Lieferungen in Entwicklungsländer. Diese Führungsposition stützt Washington regelmäßig mit Milliardenkrediten für Rüstungskäufe in den USA ab. Für die polnische F-16-Bestellung gab es einen 3,8-Milliarden-Dollar-Kredit. Andere Großkunden wie Israel, Ägypten oder Taiwan erhalten ebenfalls Milliardenhilfen für den Einkauf amerikanischer Waffen. Auffällig ist, das Israel und die Ukraine als Waffenlieferanten seit Jahren eine immer größere Rolle spielen. Dabei dürfte der Bericht die Rolle Israels sogar eher unterschätzen, da er Exporte in Industrieländer, zum Beispiel in die EU- und Nato-Staaten nicht im Einzelnen auswertet.

Für die deutsche Rüstungsindustrie war 2003 dem Bericht zufolge ein gemischtes Jahr: Sie habe zwar Waffen für 1,2 Milliarden Dollar ausgeliefert und neue Verträge über 1,4 Milliarden abgeschlossen. Zugleich aber sei - wie in Großbritannien - 2003 kein neues Rüstungsexportgeschäft mit Entwicklungsländern abgeschlossen worden. Man darf gespannt sein, ob der jährliche Rüstungsexportbericht der Bundesregierung diesen Befund bestätigen wird.

 

ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS).