Kommentar, TAZ,
21.09.2000

 

Transparenter Nebel

  Otfried Nassauer

 

Mit Spannung wurde er erwartet. Nun liegt er endlich vor. Der Bericht der Bundesregierung über den Rüstungsexport Deutschlands im Jahre 1999. Es ist der erste derartige Bericht. Nun also die Probe aufs Exempel: Erfahren wir endlich, welche deutschen Rüstungsgüter wem geliefert wurden? Läßt sich überprüfen, ob der deutsche Rüstungsexport restriktiver geworden ist?

Die Bundesregierung gibt sich vollmundig. Mit diesem Bericht schaffe sie “nie dagewesene Tranparenz” in der Rüstungsexportpolitik, verlautet Bundeswirtschaftminister Werner Müller. 123 Seiten quellen aus dem Drucker. Da muß ja etwas Interessantes drin stehen.

Doch gleich die erste Enttäuschung: Auf mehr als der Hälfte der Blätter altbekannte Dokumente. Die alten und neuen Rüstungsexportrichtlinien, die Kriegswaffenliste, die Ausfuhrliste, die Liste der Staaten, für die ein Waffenembargo gilt – schön das alles einmal auf einen Blick zu sehen, aber nichts Neues, keine neue Information. Der Bericht selbst – magere 23 Seiten und 29 Seiten tabellarischer Anhang. Endlich der Beleg für die “nie dagewesene Transparenz”? Eine detaillierte Statistik der erteilten Exportgenehmigungen, aber keine Einzeldaten über die realen Ausfuhren, Erläuterungen dazu, eine Liste der wichtigsten Empfängerländer. Interessant zu erfahren, daß die Bundesrepublik binnen eines Jahres die Ausfuhr von Handfeuerwaffen und Maschinenwaffen im Wert von mehr als 338 Millionen Mark in die USA genehmigt hat. Aber neuartig sind all diese Informationen nun auch wieder nicht.

Die Daten, die der Bericht listet, waren meist auch bislang verfügbar. In Antworten auf parlamentarische Anfragen von PDS und Grünen, in der deutschen Meldung an das UN-Waffenregister und vor allem in den Aussenhandelsstatistiken des Statistischen Bundesamtes.

Und dann doch noch ein interessantes Detail. 1999 wurden Kriegswaffen im Gesamtwert mehr als 2,8 Mrd DM exportiert, das ist, Reuters hat es fluggs berechnet, eine Steigerung um 217% gegenüber dem Vorjahr. Das teilte das Statistische Bundesamt aber bereits im April mit.

Gesamturteil: Verstreute Daten, bequem in einem einzigen Dokument zusammengefaßt – aber von “nie dagewesener Transparenz” kann nur reden, wer nicht weiß, welche Daten auch bislang zugänglich waren. Das muß anders werden – spätestens nächstes Jahr. Dann sollte die Bundesregierung endlich mitteilen, welche Rüstungsgüter welches Land im Einzelnen erhielt.

 

ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS).