TAZ
20. November 2018


Rüstung Saudi-Arabien: Richtiger Schritt aus falschem Anlass

Otfried Nassauer


Endlich, möchte an meinen. Die Bundesregierung stoppt die Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien. Es wird keine neuen Exportgenehmigungen mehr geben und wichtiger noch: Bereits erteilte Einzelausfuhrgenehmigungen sollen nicht weiter genutzt werden. Die erst vor wenigen Monaten genehmigten Artillerieortungsradare sollen ebensowenig ausgeliefert werden wie bereits gebaute Patrouillenboote der Firma Lürssen.

Zugleich ist Vorsicht ist angebracht. Außenminister Maaß sprach kürzlich davon, „derzeit“ seien die Voraussetzungen für positive Genehmigungsentscheidungen nicht gegeben und in der Bundespressekonferenz bemühten sich die Sprecher der Bundesregierung redlich, nur ja keine Klarheit zu schaffen, wie man mit bestehenden Exportgenehmigungen und den betroffenen Firmen umgehe. Darauf könne man aus „verfassungsrechtlichen Gründen“ nicht „näher eingehen“.

Anlass für das Umdenken der Bundesregierung ist erklärtermaßen vor allem die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi in Istanbul. Saudi-Arabien soll reinen Tisch machen, die Tat nachvollziehbar erklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Und dann, so fragt man sich, gibt es auch wieder deutsche Rüstungsgüter?

Hier wird das ganze Dilemma der deutschen Politik sichtbar: Tausende jemenitischer Zivilisten, die seit März 2015 Opfer des von Saudi-Arabien geführten Krieges gegen die Houthis wurden, haben die Bundesregierung nicht zu einem völligen Stopp aller Waffenlieferungen veranlasst. Jetzt soll dieser Schritt aufgrund der willkürlichen, brutalen Ermordung eines einzelnen Journalisten vollzogen werden.

Das damit verbundene politische Signal ist fatal: Riad muss die Causa Khashoggi bereinigen und nicht den Krieg im Jemen beenden, wenn es wieder deutsche Rüstungsgüter kaufen will. Dieser Eindruck wird auch dadurch verstärkt, dass die Bundesregierung gegen das zweite Land, das im Jemen direkt Krieg führt, die Vereinigten Arabischen Emirate, keinen vollständigen Lieferstopp verhängt.

Das Verdikt bezieht sich nach Angaben des Wirtschaftsministeriums zudem nur auf Einzelausfuhrgenehmigungen. Zulieferungen deutscher Firmen für große, internationale Waffenprojekte wie den Eurofighter, die per Sammelausfuhrgenehmigung erlaubt wurden, sind scheinbar nicht betroffen. Hier strebt die Bundesregierung lediglich eine gemeinsame Haltung in der Europäischen Union an. Die aber dürfte es kaum oder auch nur vorübergehend geben.


ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS