Deutschland, der unsichtbare Dritte
In israelischen Waffen steckt deutsche Rüstungstechnologie - und
sie kommt in diesen Wochen auch im Gazakrieg zum Einsatz
von Otfried Nassauer
Deutschland hat mit dem Konflikt in Gaza scheinbar wenig zu tun: "Made
in Germany" steht auf keiner der Waffen, die derzeit im Gazakrieg
zum Einsatz kommen. Die Kampfflugzeuge stammen aus den USA, ebenso die
Kampfhubschrauber. Der Merkava-Panzer wird in Israel hergestellt, ebenso
die Schützenpanzer. Ein ähnliches Bild ergibt auch der erste
Blick in den jüngsten Rüstungsexportbericht der Bundesregierung.
Rüstungsexporte nach Israel scheint es kaum zu geben: Ganze 770.000
Euro betrug der Wert der Kriegswaffen, die 2007 nach Israel exportiert
wurden. Die Genehmigungen für künftige Exporte lagen mit 188.000
Euro noch niedriger.
Wird der deutsche Rüstungsexport nach Israel tatsächlich so
restriktiv gehandhabt, wie es scheint? Ein genauer Blick lässt jedoch
anderes erkennen: Erste Hinweise liefert wiederum der Rüstungsexportbericht.
Deutsche Firmen erhielten 2007 Exportgenehmigungen für mehr als 28
Millionen Euro für die Lieferung von Rüstungsgütern nach
Israel. Erläuternd heißt es, dass knapp 40 Prozent der Genehmigungen
Teile für Panzer, gepanzerte Fahrzeuge und "Geländewagen
mit Sonderschutz" betrafen. Bei knapp 20 Prozent ging es um ABC-Schutzmaterial
und Schutzbelüftungen, bei mehr als 18 Prozent elektronische Ausrüstung,
Navigationsanlagen, Lenkausrüstungen, Baugruppen und Bauelemente.
Komponenten und Einzelteile, Rüstungsgüter "inside",
sind der wesentliche Teil des deutschen Beitrags zum Krieg im Gazastreifen.
Ob nun Panzer, Flugzeuge oder Militärhubschrauber: In den Großwaffensystemen
Israels stecken oft wichtige Komponenten aus Deutschland. Israels moderne
Merkava-Kampfpanzer haben MTU-Motoren, die in den USA unter Lizenz gebaut
werden. Ihre Getriebe stammen von der Renk AG in Augsburg. Die 120-Millimeter-Glattrohr-Kanone
ist eine Entwicklung von Rheinmetall, und die Panzerung entstammt einer
Kooperation mit IDB Deisenroth. Die Turmsteuerung wurde ursprünglich
für den deutschen "Leopard 2" entwickelt und nach Israel
exportiert, nachdem alle AEG-Logos noch rasch entfernt worden waren. Infrarotmodule
der Heidelberger Firma AIM stecken in wichtigen Kampfflugzeugkomponenten
wie zum Beispiel dem Zielerfassungsbehälter "Lantirn" für
F-16-Jagdbomber oder im Kampfhubschraubersystem "Tads" für
den AH-64 Apache. Israelische Schnellboote und Korvetten, die den Gaza-Streifen
beschießen, werden von MTU-Motoren angetrieben.
Vollständige Waffensysteme liefert Deutschland an Israel allerdings
nur selten. Israels Dolphin-U-Boote sind ein solcher Ausnahmefall. Sie
wurden in Deutschland gebaut und weitgehend aus dem Bundeshaushalt bezahlt.
Der Export von Marinewaffen kann großzügig genehmigt werden.
Der arabische Fernsehsender al-Dschasira berichtet: Die israelische Marine
unterstütze den Krieg im Gazastreifen auch mit einem U-Boot vor der
Küste Gazas.
Israels Dolphin-U-Boote können angeblich vor der Küste in flachen,
küstennahen Gewässern operieren, heißt es. Und sie sollen
Spezialkräfte für Operationen an Land absetzen können,
Raketen gegen Landziele verschießen, aufklären und elektronische
Kampfführung durchführen. Sollte die Meldung richtig sein, wäre
sie brisant. Das deutsche Argument, U-Boote könne man bedenkenlos
exportieren, weil sie für Bürgerkriege und Menschenrechtsverletzungen
bedeutungslos seien, wäre widerlegt.
Für Israel sind die Boote offenbar von großem Nutzen. Zwei
weitere wurden fest bestellt. Für ein drittes wurde eine Option abgeschlossen.
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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