Vierfarbgrafik statt Transparenz Otfried Nassauer Es ist schon fast Institution: Mitten im Vorweihnachtstrubel präsentiert die Bundesregierung der abgelenkten Öffentlichkeit ein Geschenk der besonderen Art: den jährlichen Rüstungsexportbericht. Gestern diskutierte der Bundestag diesen Bericht, der, so das Eigenlob der Beamten, "international als beispielhaft gelten kann". Beispielhaft kann man aus dem Bericht ersehen, wie trotz vieler Fakten nicht wirklich etwas öffentlich gemacht wird. Auch aus dem nunmehr vierten Jahresbericht kann der Leser immer noch nicht ersehen, welche Rüstungsexporte wirklich getätigt und welche nur genehmigt wurden. Was genau und für wen genehmigt wurde, bleibt im Dunkeln. Immer noch werden die Sammelausfuhrgenehmigungen nicht aufgeschlüsselt. Informationen zum Export doppelt - also zivil und militärisch - verwendbarer Güter gibt es nicht. Es lässt sich nicht erkennen, wie die Bundesregierung ihre politischen Kriterien zum Rüstungsexport anwendet: also Menschenrechte, Gewaltprävention und nachhaltige Entwicklung. Zu Recht hat das alles eine breite Koalition von Nichtregierungsorganisationen gestern bemängelt. Doch Schluss mit der Miesmacherei. Denn es gab ja noch einen zweiten Bericht zu diskutieren, jenen "zu den Möglichkeiten der Erhöhung der Transparenz des Rüstungsexportberichtes". Na endlich, dachte man und begann gespannt mit der Lektüre des einseitigen Konvoluts aus dem Wirtschaftsministerium. Der erste revolutionäre Verbesserungsvorschlag: "Durch die Aufnahme grafischer Darstellungen" könne "das richtige Verständnis des unterbreiteten Zahlenmaterials" verbessert und durch die damit "einhergehende aufgelockerte Präsentation" der "Zugang auch für den flüchtigen Leser" gefördert werden. Auch Vergleichszahlen zum Vorjahr seien künftig möglich. Na, wenn das kein Fortschritt wäre. Mehr Transparenz durch Vierfarbgrafik. Doch dann der ministeriale Dämpfer: "Die Verfügbarkeit belastbaren Zahlenmaterials" und "die rechtlichen Bestimmungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen" setzten der Transparenz Grenzen. Im Ernst? Kann man Gesetze nicht ändern? So dürfen wir also auf die nächste Weihnachtsüberraschung warten. Denn auch unter Rot-Grün scheint es ausgeschlossen, dass die Mehrheit des Parlaments der Bundesregierung vorschreibt, endlich damit aufzuhören, deutsche Rüstungsexporte ständig in ein künstliches Dämmerlicht zu hüllen."
ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS).
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