Abrüsten jetzt!
Die Initative deutscher Politgranden verdient Respekt
von Otfried Nassauer
Helmut Schmidt, Hans-Dietrich Genscher, Richard von Weizsäcker und
Egon Bahr haben sich gemeinsam zu Wort gemeldet. Vier Granden aus drei
Parteien formulieren aus deutscher Sicht sicherheitspolitische Forderungen
an Barack Obama. Für deutsche Verhältnisse ist ihr Schritt ungewöhnlich.
Und ungewöhnlich ist auch, was sie sagen.
"Das Schlüsselwort unseres Jahrhunderts heißt Kooperation",
so lautet der Kernsatz der Viererbande. Sie buchstabiert ihn mit großer
Deutlichkeit. Eine konfrontative Politik gegenüber Russland, wie
sie von der Regierung Bush und ihren europäischen Partnern praktiziert
wurde, darf nicht sein. Also: "Kehrt marsch!" Der Vorschlag
des russischen Präsidenten Medwedjew, eine neue europäische
Sicherheitsarchitektur zu entwickeln, muss ernst genommen werden. Die
Verträge über konventionelle Rüstungsbegrenzung in Europa
müssen erhalten und weiterentwickelt werden. Der Aufbau von Raketenabwehrsystemen
in Polen und Tschechien verbietet sich. Der Weltraum darf auch künftig
nicht für militärische Zwecke genutzt werden. Die Vision einer
atomwaffenfreien Welt muss gestärkt und schnell durch konkrete nukleare
Abrüstungsschritte der USA und Russlands vorangetrieben werden. Denn
nur wenn der Norden abrüstet, wird der Süden bereit sein, der
Weiterverbreitung nuklearer Waffen einen Riegel vorzuschieben.
Deutschland kann dazu beitragen. Die Viererbande plädiert dafür,
"die restlichen Atomsprengköpfe aus der Bundesrepublik Deutschland"
abzuziehen. Sie hält einen Vertrag, der den Ersteinsatz nuklearer
Waffen verbietet, für "wünschenswert". Schmidt und
Genscher, zwei der Hauptverantwortlichen für die atomare "Nachrüstung"
der 80er-Jahre, beweisen damit mehr Mut als manch aktueller Amtsträger.
Weizsäcker widerspricht der Position seiner Partei, der CDU. Abgeliefert
hat die Viererbande ein starkes Plädoyer für die Wiederbelebung
von Rüstungskontrolle und Abrüstung als Gestaltungsmittel der
Weltordnung. Alter schützt eben vor Weisheit nicht: Zusammen bringen
es die Autoren auf 345 Jahre.
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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