TAZ
09. April 2010


Zu wenig und trotzdem wichtig

von Otfried Nassauer

Die gute Nachricht vorweg: Es gibt einen neuen Vertrag über atomare Abrüstung. Und noch eine gute hinterher: Seine Einhaltung wird überprüfbar sein. Das alleine ist nach acht Jahren rüstungskontrollpolitischer Verweigerung durch George W. Bush ein Erfolg. Überprüfbare Abrüstung wirkt vertrauensbildend.

Mehr Gutes gibt es nicht. Die vereinbarten Abrüstungsschritte sind mehr Schein als Sein. Die USA müssen ein paar Dutzend atomare Trägersysteme abrüsten. Russlands dürfte sogar mehr als 200 neue anschaffen, sofern es sie bezahlen kann. Auch künftig zählen nur aktive Sprengköpfe, nicht die Reserven. Das rechnet die Zahl klein. Genauso wie dieser Trick: Bomber, die bis zu zwanzig Atomwaffen tragen können, zählen nicht wie bisher als zehn Waffen, sondern nur noch als eine. Dadurch können beide Parteien einige hundert Waffen mehr behalten als die vereinbarten 1.550.

Schließlich gibt es noch eine richtig schlechte Nachricht: Russland und die USA werden ihre Nuklearwaffen modernisieren. Das zeigt der Nuclear Posture Review, den Barack Obama am Dienstag vorstellte. Wird er umgesetzt, können die US-Atomwaffen bis weit über 2050 oder bis ins 22. Jahrhundert aktiv bleiben.

Trotzdem: Russland und die USA brauchen den neuen Vertrag. Sie müssen der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages im Mai Abrüstungsbereitschaft demonstrieren. Artikel 6 dieses Vertrages verpflichtet sie zur nuklearen Abrüstung auf null. Die Deutsche Physikalische Gesellschaft hat angeregt, die Überprüfungskonferenz solle Verhandlungen über eine Nuklearwaffenkonvention initiieren, die bis 2020 zum Abschluss gebracht werden und Nuklearwaffen verbieten soll. Das wäre ein Schritt.


ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS