Dürftige Frühwarnung
von Otfried Nassauer
Die Bundesregierung warnt die deutschen Firmen nur sehr vage vor dem Export von
Atomtechnik in den Iran. Offenbar fehlen die konkreten Belege.
Die Bundesregierung hat offenbar nur dürftige Beweise, dass der Iran waffentaugliche
Atomtechnik in Europa einkaufen will. Ein aktuelles "Frühwarnschreiben" an die
deutsche Wirtschaft, das der taz vorliegt, enthält keine gesonderte Liste iranischer
Importeure, die Nukleartechnik beschaffen. Zwar weist das Wirtschaftsministerium darauf
hin, dass der Iran "besonderes Interesse" an den "proliferationsrelevanten
Bereichen der Nuklear- und Trägertechnologie" habe. Anders als bei biologischen
Waffen und Raketentechnik werden problematische Firmen und Institutionen nicht extra
gelistet.
Regelmäßig warnt die Bundesregierung deutsche Technologie-Exporteure mit
außenwirtschaftlichen "Frühwarnschreiben" vor problematischen
Geschäftspartnern aus Risikostaaten wie Nordkorea oder dem Iran. Dessen Regierung steht
im Verdacht, ein militärisches Atomprogramm zu verfolgen. Seit über zwei Jahren wird bei
der Internationalen Atomenergiebehörde darüber gestritten.
Der aktuelle Frühwarnbericht des Wirtschaftsministeriums aus dem Juli listet auf 17
Seiten Firmen und Institutionen, die für die iranische Rüstung geeignete Technik
einkaufen. Selbst russische Importeure, die im Verdacht stehen, bei Raketenprogrammen des
Irans zu helfen, finden sich auf einer Extraliste.
Bei der Atomtechnik finden einige potenzielle Einkäufer jedoch gar keine Erwähnung.
Andere, wie die nuklearen Forschungszentren in Teheran und Isfahan, werden als
"überwiegend im zivilen Bereich tätig" beschrieben. Gelistet werden sie mit
anderen Forschungseinrichtungen wie Universitäten, die als "Deckadresse für
militärische Beschaffungen ,missbraucht'" werden könnten. Deshalb sollen Exporteure
bei der Geschäftsanbahnung auf "Anzeichen für eine eventuelle militärische
Verwendung" ihrer Güter achten.
Strenger sind die Vorgaben im militärischen Bereich. Schon wenn die iranischen
Geschäftspartner "sowohl für militärische als auch zivile Programme" als
Importeure tätig sind und ihnen eine Zusammenarbeit mit dem iranischen
Verteidigungsministerium nachgesagt werden kann, muss der Exporteur die zivile Verwendung
der Lieferung "konkret und nachprüfbar" darlegen. Eine "bloße
schriftliche Bestätigung" des Kunden genügt nicht. So strikte Regeln gelten für
Nukleartechnik nur, wenn der iranische Empfänger bereits wegen seiner Importe für
militärische Zwecke erfasst ist.
Breiter warnt zum Beispiel Japan vor dem Export atomarer Technik in den Iran. Auf der
aktuellen Frühwarnliste aus Tokio findet sich unter dem Kürzel N wie Nuklear manche
Einrichtung, die man in der deutschen Liste vergeblich sucht: die Atomenergiebehörde des
Iran etwa, das Kernkraftwerk Buschehr oder die Mesbah Energy Company. Auf Japans
Frühwarnlisten findet man auch Importeure, die für das israelische Atomprogramm
arbeiten. In Deutschland gibt es für Israel kein Frühwarnschreiben.
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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