Rüstungsexporte: Deutsche Verkaufsschlager
von Otfried Nassauer
Der deutsche Rüstungsexport boomt. Das meldete am Montag das Internationale
Friedensforschungsinstitut in Stockholm. Demnach sind die deutschen Waffenexporte
in den Jahren 2004 bis 2008 im Vergleich zu 1999 bis 2003 um 70 Prozent
gestiegen.
Nach den USA (31 Prozent) und Russland (25 Prozent) ist die Bundesrepublik
mit einem Marktanteil von rund zehn Prozent der drittgrößte
Rüstungsexporteur der Welt – vor Frankreich und Großbritannien.
Die Steigerung fällt noch deutlicher ins Gewicht, weil das Rüstungsexportvolumen
weltweit zugleich um 21 Prozent wuchs. Auf die fünf größten
Exporteure entfallen so zusammen 78 Prozent aller Exporte.
Zwei Kategorien fallen bei den deutschen Waffenexporten besonders ins
Gewicht: Dies sind zum einen Kriegsschiffe – vor allem U-Boote – und zum
anderen gepanzerte Fahrzeuge, hauptsächlich Kampfpanzer. In beiden
Bereichen gilt die wehrtechnische Industrie Deutschlands als besonders
leistungsfähig. Unter Führung der Kieler Werft HDW erobert die
deutsche Marineindustrie den Weltmarkt für nicht nuklear angetriebene
U-Boote. Sie haben einen Brennstoffzellenantrieb und können deshalb
besonders lange tauchen und auf See bleiben. Das neue deutsche Export-U-
Boot der Klasse 214 kann nicht nur Torpedos, sondern auch Flugkörper
verschießen und ist äußerst leise. Auch deshalb verkauft
es sich blendend: Griechenland hat bereits vier Boote gekauft, Südkorea
hat neun und Portugal zwei erworben. Auch die Türkei möchte
gerne sechs der U-Boote kaufen. Pakistan hätte gerne drei. Weitere
Länder zeigen Interesse, so zum Beispiel Indien. Außerdem baut
HDW U-Boote für Israel. Drei Boote des Typs Dolphin wurden bereits
ausgeliefert, zwei verbesserte mit Brennstoffzelle sind derzeit im Bau,
ein weiteres würde Israel gerne noch beschaffen, wenn die Bundesregierung
erneut zu großzügiger finanzieller Hilfe bereit wäre.
Da U-Boote sehr teuer sind, findet der Exporterfolg entsprechend starken
Niederschlag in den Zahlen der Stockholmer Forscher. Sie machen zudem
auf einen wenig beachteten Teil deutscher Marineexporte aufmerksam: Den
Verkauf schwerer, langsam laufender Dieselmotoren für Kriegsschiffe
und U-Boote. Die deutsche Firma MTU ist bei solchen Antrieben weltweit
führend. Ihre Motoren stecken auch in den Kriegsschiffen vieler ausländischer
Hersteller, die mit den deutschen Werften konkurrieren. „Made in Germany“
steht dann zwar nicht auf dem Waffensystem, aber im Inneren.
Bei den gepanzerten Fahrzeugen tragen derzeit vor allem drei Produkte
dazu bei, dass Deutschland Europameister der Rüstungsexporteure ist:
Zum einen wurden in den vergangenen Jahren leichte gepanzerte Fahrzeuge
des Typs Dingo und schwere Panzerhaubitzen 2000 in etliche Länder
Europas geliefert. Zum anderen verkauft nicht nur die deutsche Industrie
schwere Kampfpanzer des Typs Leopard, sondern auch die Bundeswehr. Sie
verkaufte in den vergangenen Jahren über Tausend überschüssige
Leopard 1 und 2 Panzer ins Ausland. Die Stockholmer Forscher listen 140
Leopard 2 für Chile, 220 Leopard 1 für Brasilien, 150 Leopard
1 und 183 Leopard 2 für Griechenland, 66 – plus 30 zu Ersatzteilgewinnung
– für Singapur und 298 Leopard 2 für die Türkei. In den
Statistiken des Internationalen Friedensforschungsinstitutes in Stockholm
(Sipri) werden solche Exporte mit einem Restwert bezogen auf die gesamte
Lebensdauer der Waffen geführt. Die Bundesregierung dagegen kalkuliert
ihren Wert im jährlichen Exportbericht nahe dem Schrottwert. Für
alle Überschusswaffen aus Bundeswehrbeständen, die 2007 exportiert
wurden, darunter allein 427 Leopardpanzer gab sie einen Gesamtwert von
33,8 Millionen Euro an.
Das große statistische Gewicht der gepanzerten Fahrzeuge und Kriegsschiffe
erklärt auch, warum die deutschen Rüstungsexporte in andere
europäische Länder besonders stark, nämlich um 123 Prozent
gestiegen sind. Griechenland und die Türkei sind dabei die wichtigsten
Abnehmer. Wie bereits in den 80 und 90er Jahren erweisen sich die Exporte
aus Deutschland als Triebkraft, wenn nicht gar die Brennstoffzelle für
den regionalen Rüstungswettlauf der beiden Nachbarn und Nato-Staaten.
Als wichtigsten Wachstumsmarkt machen die Stockholmer Forscher den Nahen
und Mittleren Osten aus. Die Importe in die Länder dieser Region
stiegen demnach in den vergangenen fünf Jahren um 38 Prozent. Israel,
die Emirate und der Irak sind wichtige Importeure. Der Iran dagegen belegt
unter den Importeuren wichtiger Großwaffen keinen Spitzenplatz.
In den letzten fünf Jahren rangierte Teheran in der Sipri-Statistik
auf Platz 27.
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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