EADS will Milliarden für Drohnen
von Otfried Nassauer
Der europäische Rüstungskonzern EADS fordert: Der Bau
der neuen Aufklärungsdrohne müsse schnellstens beginnen, sonst
sei Europa aus dem Spiel. Die Entscheidung könnte Anfang Dezember
fallen.
Der europäische Rüstungskonzern EADS drängt Verteidigungsminister
Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), schnell über ein neues Großvorhaben
zu entscheiden. Für 2,9 Milliarden Euro will EADS in den nächsten
Jahren eine große Aufklärungsdrohne für die Bundeswehr
entwickeln – und argumentiert auch mit der Bedeutung des Projekts im internationalen
Wettbewerb. Die „Zeit wird knapp“, sagte Stefan Zoller, Chef der EADS-Rüstungssparte,
bereits im September. Nun hofft man bei EADS, dass ein Treffen der nationalen
Rüstungsdirektoren am 2. Dezember grünes Licht für das
Vorhaben gibt. Zoller warnt: Wenn jetzt kein Produktionsvertrag geschlossen
werde, sei Europa aus dem Spiel. „Wir hinken mindestens zehn Jahre hinterher.“
Der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern hat bislang keine großen
Drohnen im Angebot. Israelische und amerikanische Firmen teilen sich den
lukrativen Markt, der großes Wachstumspotenzial verspricht. Mit
Steuergeldern aus dem Verteidigungshaushalt und dem Drohnenprojekt Talarion
will EADS den Anschluss schaffen. Ab 2016 sollen sechs Systeme mit je
drei Drohnen und einer Bodenstation geliefert werden. Der unbemannte Flieger
hat die Spannweite einer Boeing 737 und der Fähigkeit, mehr als 20
Stunden in der Luft zu bleiben. Möglich sei auch, ihn mit Waffen
nachzurüsten – so das Versprechen des Konzerns. Frankreich und Spanien
wurde das System ebenfalls angeboten, um Großbritannien bemüht
sich EADS ebenfalls.
Auch die IG Metall drängt: Talarion könne „unter anderem die
Bekämpfung von Terrorismus und Piraterie, die Verhinderung illegaler
Einwanderung und Drogenschmuggel sowie Hilfseinsätze im Katastrophenschutz
unterstützen“, warb der EADS-Beauftragte der IG Metall, Bernhard
Stiedl. Mit der Entscheidung „für oder gegen Talarion wird eine Entscheidung
für oder gegen die Zukunft der militärischen Luftfahrtindustrie
in Deutschland getroffen“, sagte der Gewerkschafter, der im Aufsichtsrat
von EADS Deutschland sitzt.
Gilt es unter deutschen Militärs schon lange als unbestritten, dass
die Bundeswehr verbesserte Aufklärungskapazitäten benötigt,
schöpfen die Befürworter des Drohnenprojektes neue Hoffnung
aus dem Koalitionsvertrag. Der spricht sich für einen weiteren Ausbau
der „eigenständigen nationalen Fähigkeiten“ der Luftfahrtindustrie
aus, „insbesondere zukünftiger unbemannter Luftfahrtsysteme“. Ein
Verteidigungsminister aus Bayern – lautet die Vermutung – könne ein
Vorhaben, das im bayrischen Manching Arbeitsplätze sichert, nur schwerlich
ablehnen.
EADS-Vertreter argumentieren zudem, mittelfristig könnten große
Drohnen sogar Aufgaben übernehmen, die heute von den Kampfflugzeugen
Tornado und Eurofighter wahrgenommen werden: Luftaufklärung, Luft-Boden-Angriffe,
die Bekämpfung der gegnerischen Luftverteidigung und sogar den Luftkampf
mit gegnerischen Kampfflugzeugen. UFA nennt die EADS ihr unbemanntes Jagdflugzeug,
das nach 2030 den Eurofighter ablösen könnte.
Zwei Hürden bleiben. Zum einen genießt EADS mit seinen Projekten
bei der Bundeswehr derzeit nicht den besten Ruf: Ob Eurofighter, Nato-Hubschrauber
90 oder Unterstützungshubschrauber Tiger – die Milliardenprojekte
des Luft- und Raumfahrtkonzerns sind meist mit jahrelangen Verspätungen,
deutlichen Minderleistungen und mindestens ebenso deutlichen Kostensteigerungen
verbunden. Aktuellstes Beispiel ist das umstrittene Transportflugzeug
A400M. Nicht einmal EADS kann derzeit garantieren, dass das bereits Jahre
verspätete Frachtflugzeug künftig leistet, was die Industrie
vor der Bestellung versprach. Vorsicht könnte deshalb auch im Blick
auf Talarion angebracht sein. Zum anderen fehlt Minister Guttenberg das
Geld. Talarion ist im Verteidigungshaushalt nicht eingeplant. Erst vor
drei Wochen leaste die Bundeswehr für ihren Afghanistaneinsatz hochfliegende
Drohnen des israelischen Typs Heron bei Rheinmetall – als schnelle Zwischenlösung.
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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