aktualisierte Fassung vom 04. April 2010

gekürzte Fassung hier, erschienen im Tagesspiegel.de
28. März 2010


Eine Frage der Zählweise
Kaum Abrüstung – Das neue START-Abkommen

von Otfried Nassauer

Barack Obama und Dmitri Medwedew können sich auf die Schultern klopfen. Nach einem Jahr harter Verhandlungen haben die USA und Russland endlich ein neues Abrüstungsabkommen über strategische Atomwaffen ausgehandelt: Den Neuen START-Vertrag. Am 8. April soll er von beiden Präsidenten feierlich in Prag unterzeichnet werden. Trotz erheblicher Verzögerungen – ein Erfolg.

Künftig – so die neue Vereinbarung – dürfen Russland und die USA jeweils noch bis zu 1.550 nukleare Sprengköpfe und bis zu 700 strategische Trägersysteme einsatzbereit halten. Trägersysteme sind Interkontinentalraketen, U-Boot-gestützte Langstreckenraketen und Langstreckenbomber. Ingesamt sind beiden Staaten jeweils bis zu 800 Trägersysteme erlaubt, weil U-Boote, Raketen und Bomber ja auch regelmäßig zur Wartung müssen und deshalb nicht immer einsatzbereit sind. Wer also 700 aktive Träger hat, darf bis zu 100 weitere besitzen. Wer weniger als 700 aktive Träger stationiert, entsprechend mehr. Für die nuklearen Sprengköpfe, die beide Seiten als Reserve vorhalten, wurde scheinbar keine solche Grenze vereinbart. Innerhalb der Obergrenzen dürfen beide Staaten frei über die Zusammensetzung ihrer Nuklearstreitkräfte entscheiden. Sieben Jahre nach Inkrafttreten des neuen Vertrages müssen die neuen Grenzen eingehalten werden. Zehn Jahre soll er gültig bleiben. Eine Verlängerung um fünf weitere ist möglich. Sobald der „Neue START-Vertrag“ ratifiziert ist, entfällt der Moskauer SORT-Vertrag aus dem Jahr 2002, der den Bestand aktiver Sprengköpfe auf beiden Seiten auf 1.700 – 2.200 begrenzt hatte.

Das Weiße Haus und der Kreml preisen den erreichten Abrüstungsfortschritt: Bei den Trägersystemen sei im Vergleich zum START-1-Abkommen aus dem Jahr 1991 eine Reduzierung um mehr als die Hälfte vereinbart worden. Bei den atomaren Sprengköpfen werde es eine Reduzierung um 30% gegenüber dem SORT-Vertrag und um 74% im Vergleich zu den Obergrenzen des START-I-Vertrages geben.
Die Darstellung der Reduzierungen klingt imposant und das soll sie auch. Washington und Moskau haben ein starkes Interesse daran, rechtzeitig vor Beginn der Überprüfungskonferenz für den Atomwaffensperrvertrag am 3. Mai 2010 ihre Bereitschaft zur nuklearen Abrüstung zu demonstrieren. Dieser völkerrechtlich verbindliche Vertrag verpflichtet die Nuklearwaffenstaaten seit 40 Jahren, ihr Atomwaffenpotential abzuschaffen. Die nicht-nuklearen Mitglieder des Vertrages wollen Fortschritte sehen und können damit drohen, schärfere Nichtverbreitungsregeln nur dann zu akzeptieren, wenn es auch ausreichende Fortschritte bei der Abrüstung gibt.

Fragt man jedoch, wie viele Atomwaffen in den kommenden Jahren aufgrund des neuen Vertrages tatsächlich abgerüstet werden müssen, so überrascht das Ergebnis. Sowohl die Zahl der Trägersysteme als auch die der Sprengköpfe wird nur scheinbar drastisch reduziert.

Die bisherige Obergrenze von 1.600 Trägersystemen stammt aus dem Jahr 1991 und wird schon lange von beiden Vertragsstaaten deutlich unterschritten. Auch die Zahl der Sprengköpfe muss nicht drastisch reduziert werden, weil sowohl die USA als auch Russland sich bereits heute bei der Zahl der aktiv stationierten Sprengköpfe in der Nähe der erlaubten Höchstgrenze aus dem SORT-Vertrag (2.200 Sprengköpfe) bewegen, die erst Ende 2012 erreicht werden muss.


Abrüstung auf dem Papier

Der neue START-Vertrag verpflichtet zum großen Teil zur Abrüstung von Trägersystemen, die es nicht mehr gibt. Zahlen belegen das: Dem jüngsten Datenaustausch nach dem START-1-Abkommen zufolge verfügten die USA 2009 über 1.198 Trägersysteme und Russland über 814. Beide Zahlen liegen deutlich unter der erlaubten Obergrenze von 1.600 Trägern und spiegeln doch nicht die Realität, da hier noch viele Waffen noch mitgezählt werden, die bereits außer Dienst gestellt wurden, aber noch nicht gemäß der Vorschriften des START-Vertrages vernichtet wurden oder keine nuklearen Aufgaben mehr erfüllen. Realitätsnäher sind deshalb aktuelle Schätzungen von Experten des Natural Ressources Defense Councils und der Federation of American Scientists. Diese gehen davon aus, dass die USA 2009 noch über rund 851 anrechenbare und 798 aktive Trägersysteme verfügten, während Russland derzeit noch 566 aktive Träger stationiert hat. Washington muss also nur auf wenige Trägersysteme ganz verzichten und rund Hundert weitere aus dem aktiven Dienst herausnehmen. Moskau dürfte theoretisch sogar zusätzliche Trägersysteme anschaffen, also aufrüsten, wenn der „Neue START-Vertrag in Kraft tritt.

Auch bei den Sprengköpfen ergibt sich ein im Detail erstaunliches Bild. Auf den aktiven Trägersystemen hatten die USA 2009 nach Schätzung von Experten rund 2.200 aktive Sprengköpfe stationiert und hielten etwa 150 weitere in Reserve. Russland verfügt über etwa 2.500 –2.600 aktive Sprengköpfe. Bei den Sprengköpfen käme es also auf den ersten Blick zu etwas deutlicheren Reduzierungen: Washington müsste auf mindestens 650 aktive Sprengköpfe verzichten, Moskau auf mindestens 950.

Doch der Schein trügt. Der deutliche Abrüstungsschritt ist zu großen Teilen Ergebnis eines Zahlentricks. Er findet nicht wirklich statt. Ein entscheidendes Detail des Neuen START-Vertrages macht das deutlich. Strategische Bomber werden in dem neuen Vertrag grundsätzlich als eine einzige Nuklearwaffe gezählt, im alten START-Vertrag zählten sie dagegen als zehn Waffen, wenn sie Marschflugkörper tragen konnten und nur dann als eine Waffe, wenn sie nur atomare Bomben tragen sollten. Der Moskauer SORT-Vertrag enthält zu dieser Frage keine Neuregelung.
Das verändert das Gesamtbild erheblich. Am Beispiel der USA: Washington besaß 2009 - nach START-Zählweise - insgesamt 94 Bomber vom Typ B-52H, die formal gezählte 940 atomare Marschflugkörper trugen. Nach den neuen START-Zählregeln werden die selben 94 Bomber künftig als 94 atomare Waffen gezählt. Rechnerisch und theoretisch verschwinden so 846 Atomwaffen, ohne dass eine einzige tatsächlich außer Dienst gestellt werden müsste. Auch für die russischen Bomber kann eine ähnliche Rechnung aufgestellt werden. 75 Bomber zählten bislang als 750 Waffen. Im Vergleich zu START-1 gibt es künftig 675 statistisch abgerüstete Sprengköpfe weniger.

Würde man – so kalkulierte Hans Kristensen von der Federation of American Scientists – die heutigen aktiven Sprengkopfzahlen nach dem neuen Zählmodus berechnen, so besäßen die USA derzeit „nur noch“ 1.650 aktive Sprengköpfe, und Russland nur noch 1.741. Beide Zahlen liegen deutlich näher an den 1.550 künftig erlaubten aktiven Sprengköpfen. Der „Abrüstungsbedarf“ durch den neuen Vertrag würde sich rechnerisch auf 100 Sprengköpfe in den USA und rund 190 in Russland reduzieren.

Doch damit nicht genug: Die neue Zählweise hat auch Folgen für die Zahl der künftig vorhandenen aktiven Sprengköpfe: Zählt jeder Bomber nur als ein Sprengkopf, so können beide Vertragspartner auch künftig weit mehr aktive Atomwaffen besitzen als die vereinbarten 1.550 aktiven Sprengköpfe. Sie müssten lediglich möglichst viele aktive Waffen für jeden Bomber vorsehen. Wieviele Waffen pro Bomber vorgesehen werden, können sie selbst entscheiden. Rein theoretisch könnte dies zu sehr großen Zahlen führen. Denn schon die alte START-Zählweise war bei den Bombern für Marschflugkörper eher großzügig. Die strategischen Bomber Russland tragen je nach Modell 6 (Tu-95MS6), 12 (Tu 160) oder 16 atomare Marschflugkörper (Tu 95MS16). Die Bomber der USA können bis zu 20 atomare Waffen tragen.

Bliebe in beiden Ländern die Zahl der als Nuklearträger geltenden Bomber unverändert und wäre für jeden Bomber nur eine volle Beladung eingeplant, so wäre es beiden Vertragsparteien möglich, Hunderte zusätzlicher Sprengköpfe aktiv zu halten, die nicht auf die Obergrenzen des Neuen START-Abkommens angerechnet werden. Es darf zwar als unwahrscheinlich gelten, dass beide Vertragspartner von dieser Möglichkeit so umfassend wie möglich Gebrauch machen. Denn die USA haben insgesamt nur noch 500-550 Nuklearwaffen für ihre Bomberflotte im aktiven Bestand und müssten zu diesem Zweck bereits ausgemusterte Waffen reaktivieren. Die Reaktivierung außer Dienst gestellter Waffen in Krisenzeiten und der Neubau von Marschflugkörpern oder Bomben für diesen Zweck wäre aber kein Verstoß gegen den neuen Vertrages. Sollte der neue Vertrag zudem keine „Zwischenobergrenze“ für die Zahl der Waffen auf Bombern und auch keine Beschreibung enthalten wie viele Sprengköpfe die Langstreckenraketen tragen dürfen, so besteht zudem die Gefahr, dass Sprengköpfe zwischen den einzelnen Trägersystemen „verschoben“ werden könnten.

Der Zahlentrick ermöglicht es beiden Vertragsparteien also, faktisch deutlich mehr als 1.550 aktive Sprengköpfe zu behalten, ohne die zwischen ihnen vertraglich vereinbarte Grenze zu überschreiten. Potentiale in der Größenordnung des SORT-Vertrages wären problemlos möglich. Damit aber würde der Sinn des Neuen START-Vertrages als Abrüstungsvertrag verfehlt.

Washington schiebt die Verantwortung für dieses Problem nach Moskau ab. Russland habe es abgelehnt, seine Nuklearwaffendepots auf den Flugplätzen der Bomber für Inspektionen zu öffnen. Zugleich profitieren aber die USA von der entstehenden Flexibilität weit mehr als Russland. Ihnen wird eine substantielle Möglichkeit zur erneuten Krisen-Verstärkung ihres aktiven Nuklearpotentials aus Reserven, die sogenannte „Upload-Fähigkeit“, zugestanden. Allerdings könnte künftig auch Moskau profitieren, wenn es zB. darauf spekulieren würde, eine neue Generation atomar bestückter Langstreckenmarschflugkörper in großer Stückzahl einzuführen, um sie in Teilen als vergleichsweise billigen „Ersatz“ für nicht mehr finanzierbare Langstreckenraketen zu nutzen.


Verifikationsvereinfachung – ein zweischneidiges Schwert

Obwohl beide Vertragspartner die vereinbarten Transparenz- und Verifikationsmaßnahmen einhellig als gelungene Mischung aus Altbewährtem und sinnvolllen Vereinfachungen loben, könnten in deren Details noch Probleme verborgen sein, die erst im Einzelnen sichtbar werden, wenn die Vereinbarungen im Wortlaut publiziert werden. Anlass zu vorsichtiger Skepsis sind Aussagen, dass das Verifikationssystem vereinfacht und die damit verbundenen Kosten deutlich gesenkt werden konnten, sowie Meldungen, dass sich Russland mit Forderungen nach einem Verzicht auf bestimmte Verifikationsmaßnahmen durchsetzen konnte.


Neuer START-Vertrag und Neue Abschreckung

Der neue START-Vertrag umgeht zudem zwei Kernprobleme. Das ist zum einen das Problem der umstrittenen Raketenabwehr. Moskau befürchtet, dass diese die russische Abschreckungsfähigkeit künftig infrage stellen kann. Washington dagegen will für diesen Bereich keinerlei Beschränkungen für seine Rüstungsplanung akzeptieren. Die enge Verbindung beider Themen begleitet die Geschichte der strategischen Rüstungskontrolle von Anbeginn an. Der ABM-Vertrag zwischen Washington und Moskau, der beiden Staaten landesweite Raketenabwehrsysteme verbot, wurde parallel zum SALT-1-Abkommen ausgehandelt und unterzeichnet, das die offensiven Potentiale beider Länder ersten Beschränkungen unterwarf. Der Neue START-Vertrag schränkt nach Angaben den US-Regierung die Möglichkeiten der USA, ihre Raketenabwehr auszubauen, in keiner Weise ein. In Moskau klingt das etwas anders. Der neue Vertrag wahre die Interessen beider Seiten und regele auch die strittige Frage der Raketenabwehr rechtlich verbindlich. „Wir stimmen überein, dass wir nicht übereinstimmen“, so lautet die Botschaft hinter diesen unterschiedlichen Aussagen. Sie impliziert, dass die Raketenabwehr-Thematik möglicherweise in der Präambel des neuen START-Vertrages erwähnt wird und beide Seiten anlässlich der Unterzeichnung des Vertrages politische Erklärungen zu diesem Thema abgeben werden, aus denen ihre Sicht der Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkennbar werden. Vermutlich wird von beiden Seiten anerkannt, dass die Raketenabwehrsysteme nicht genutzt werden sollen, um die strategische Stabilität zu gefährden. Russland dürfte dabei aber auch deutlich machen, dass es weiter eine enge Verbindung sieht und sich eine Kündigung des Neuen START-Vertrages vorbehält, wenn es die Fähigkeiten und den Umfang der Raketenabwehrsysteme der USA und deren Verbündeter als Gefährdung seiner Abschreckungsfähigkeit betrachtet. Washington kann dies trotzdem als uneingeschränkte Freiheit zum Aufbau von Raketenabwehrsystemen interpretieren, weil man zugleich argumentieren kann, die Raketenabwehr gefährde die Abschreckung nicht, sondern stärke sie.

Auch das zweite Kernproblem resultiert aus dem unter US-Präsident George W. Bush veränderten Verständnis der künftigen Abschreckung. Zu den Fähigkeiten, die die Abschreckung der Zukunft gewährleisten, gehören neben Nuklearwaffen und Raketenabwehr konventionell bewaffnete Langstreckenraketen, mit denen weltweit Ziele binnen kürzester Zeit – auch präventiv - ausgeschaltet werden können. Dafür stehen die Bezeichnungen Global Strikes und Prompt Global Strikes. Washington möchte zu diesem Zweck die Freiheit haben, ehemalige Nuklearwaffenträger, zum Beispiel Interkontinentalraketen, seegestützte Langstreckenraketen oder weitere Bomber auf konventionelle Bewaffnung umzurüsten. Entsprechende Entwicklungsvorhaben sind bereits im US-Haushalt eingestellt und in Arbeit. Dieses Vorhaben Washingtons war der wesentliche Hintergrund dafür, dass Washington die zulässige Zahl der strategischen Trägersysteme im neuen START-Vertrag mit 1.100 Trägern möglichst hoch ansetzen wollte, während Moskau den Spielraum für strategische Trägersysteme möglichst stark einschränken wollte und 500 Träger vorschlug. Aus russischer Sicht können auch solche Waffen die Stabilität gefährden, weil moderne zielgenaue konventionelle Langstreckenraketen auch nukleare Interkontinentalsysteme ausschalten können und solche Waffen bei einem Angriff kaum von nuklearen Langstreckenwaffen gleichen Typs unterschieden werden können. Auch für diesen Problembereich behauptet Washington, der neue START-Vertrag lege den USA keine Fesseln an. Die vereinbarten Obergrenzen des neuen START-Vertrages erlauben den USA jedenfalls auch zahlenmäßig einen substantiellen Einstieg in den Bereich konventionell bewaffneter Langstreckensysteme. Moskau hat sich zu dieser Frage noch nicht detailliert geäußert. Es hat allerdings angedeutet, dass der Vertrag einige Regelungen enthalten soll, die sich auf ehemals nukleare und künftig konventionelle Langstreckenwaffen beziehen. Im Detail kann dies erst beurteilt werden, wenn der Vertragstext im Wortlaut vorliegt. Die Chance, tiefere Einschnitte bei den Trägerrsystemen zu vereinbaren, wurde jedenfalls verpasst oder mutwillig vergeben.


„New START“ und US-Innenpolitik

Beide zuletzt genannten Probleme spiegeln zugleich ein politisches Grundproblem der Vertragsverhandlungen, die Zwänge amerikanischer Innenpolitik. Da keineswegs sicher war, ob der amerikanische Senat den ausgehandelten Vertrag auch ratifizieren würde, verhandelte die Regierung Obama von Anbeginn an mit „angezogener Handbremse“, also beschränkter Zielsetzung. Die Ratifizierung bedarf im Senat einer Zweidrittelmehrheit, über die die Demokraten nicht verfügen. Mindestens 8 oder 9 republikanische Senatoren müssen zusätzlich gewonnen werden. Deshalb kamen Vorschläge, über deutlichere Reduzierungen, zum Beispiel auf 1.000 Nuklearwaffen, zu verhandeln, gar nicht zum Zuge. Im Gegenteil: Forderungen und Bedingungen der republikanischen Opposition wurden bereits zum Bestandteil der US-Verhandlungsposition. Vergleichsweise kleine Abrüstungsschritte, keine tiefen Einschnitte in die Struktur der traditionellen nuklearen Triade und der Verzicht auf Beschränkungen bei Raketenabwehr sowie für konventionelle Langstreckenwaffen gehörten ebenso dazu, wie das Angebot, mehr Haushaltsmittel für die Lebensdauererhaltung der nuklearen Waffen und der zugehörigen Infrastruktur bereitzustellen. Es bleibt abzuwarten, ob dieser „vorauseilende Gehorsam“ sich auszahlt. US-Außenministerin Hillary Clinton erwartet jedenfalls unter Verweis auf die großen Mehrheiten, mit denen frühere Abkommen zur strategischen Rüstungskontrolle ratifiziert wurden, rasche Fortschritte und hält eine Ratifizierung mit großer Mehrheit für möglich. Sie setzt dabei auf die Unterstützung durch den republikanischen Senatoren wie Richard Lugar im Auswärtigen Ausschuss des Senates. Lugar trat über viele Jahre engagiert für Schritte ein, das nukleare Erbe des Kalten Krieges kooperativ mit Russland zu bearbeiten. Die republikanische Opposition könnte jedoch auch versuchen, den Preis für die Ratifizierung des Abkommens weiter in die Höhe zu treiben und auf günstigere Mehrheitsverhältnisse dafür nach den Wahlen im November zu warten. Sie argumentiert schon heute, dass man nicht mit einem Abrüstungsvertrag belohnen dürfe, dass Russland aus finanziellen Gründen auf jeden Fall weiter abrüsten muss. Die Finanzierung bestehender Pläne zur Modernisierung von zwei US-Nuklearwaffentypen, darunter der Atombomben des Typs B-61, die auch in Europa gelagert werden, dürften ganz oben auf ihrer Agenda für ergänzenden Zugeständnisse seitens der Administration stehen.

Der neue START-Vertrag ist trotzdem ein Erfolg. Vor allem deshalb, weil es nach vielen Jahren überhaupt erstmals wieder gelang, einen rechtlich verbindlichen Abrüstungsvertrag auszuhandeln, der – trotz Widerständen – auch ratifiziert werden könnte. Das ist ein positives Signal. Ob es jedoch ausreicht, um bei der Überprüfung des Atomwaffensperrvertrages Enttäuschung oder gar harte Kritik zu vermeiden, bleibt abzuwarten. Noch ist das Kleingedruckte nicht nachlesbar.


Nachdenkenswert

In etwa 300 Städten der Erde leben jeweils mehr als eine Million Einwohner. Der neue START-Vertrag erlaubt jeder Vertragspartei auch in Zukunft mindestens fünf Nuklearwaffen pro Millionenstadt – einschließlich der Städte im eigenen Land.


ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS