Mit Sprengkraft
von Otfried Nassauer
Washington plant die Modernisierung von Atomwaffen – Berlin wünscht
deren Abzug.
US-Präsident Barak Obama wirbt für die Vision einer atomwaffenfreien
Welt. Trotzdem werden die USA im Haushaltsjahr 2010 mindestens 32,5 Millionen
US-Dollar investieren, um zu untersuchen, wie atomare Fliegerbomben des
Typs B61 modernisiert werden können. Waffen dieses Typs lagern im
Rahmen der nuklearen Teilhabe der Nato auch in Büchel beim Jagdbombergeschwader
33 der Luftwaffe. Im Koalitionsvertrag hat die neue Bundesregierung dagegen
vereinbart, dass „die in Deutschland verbliebenen Atomwaffen“ nach Gesprächen
mit der Nato und den USA abgezogen werden sollen. „Unmittelbar in dieser
Amtszeit“, kündigte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) an,
aber ohne „einseitiges Handeln“, wie Kanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte.
Um die Zukunft der letzten Atomwaffen in Deutschland bahnt sich daher
ein Tauziehen mit den USA an.
Die Nachricht war gut versteckt. Auf 394 Seiten einigten sich die Häuser
des US-Kongresses auf den Haushalt des Energieministeriums für 2010.
Bewilligt wurden in dem Dokument unter anderem 32,5 Millionen US-Dollar
für Studien der Phasen 2 und 2A, mit denen untersucht werden soll,
wie Hunderte US- Atombomben des Typs B-61 modernisiert werden könnten.
Weitere 15 Millionen sollen verfügbar werden, sobald die US-Regierung
in ihrem Anfang 2010 fälligen Bericht zur Zukunftsplanung des US-
Nuklearwaffenpotentials, dem Nuclear Posture Review, bestätigt, dass
eine neue Bombe erforderlich ist.
Verteidigungsminister Robert Gates deutete bereits im September an, die
neue Nuklearplanung werde „in ein oder zwei Fällen“ wahrscheinlich
ein „neues Waffendesign“ fordern. Fachleute erwarten, dass es dabei um
einen neuen Sprengkopf für seegestützte Langstreckenraketen
und um eine neue Atombombe gehen wird. Die Bombe bezeichnen die US-Abgeordneten
als B-61-Modell 12. Ab 2018 soll sie verfügbar sein. Zunächst
sollen allerdings nur die Möglichkeiten zur Modernisierung der nicht-nuklearen
Komponenten untersucht werden. Also zum Beispiel eine Erneuerung der Waffenelektronik,
damit die Waffe auch von künftigen Kampfflugzeugen wie der nuklearfähigen
Version des Joint Strike Fighters (JSF) eingesetzt werden kann. Dieses
Flugzeug wollen die USA, aber auch einige Nato-Verbündete einführen.
Vor Untersuchungen über die Modernisierung der nuklearen Komponenten
wollen die Abgeordneten sich erneut mit dem Vorhaben befassen.
Pentagon und Energieministerium haben den Parlamentariern einen geschickt
formulierten Plan vorgestellt. Sie wollen vier alte Typen der B-61 durch
einen einzigen neuen ersetzen. Das entspreche der Vision Obamas, eine
atomwaffenfreie Welt anzustreben und auf dem Weg dahin, ein „sicheres
und effektives Arsenal“ beizubehalten, das „jeden Gegner abschreckt und
die Verteidigung unserer Alliierten garantiert“. Verkauft wird das Vorhaben
als Programm zur Lebensdauerverlängerung der Bomben. Sie sollen „den
B-2-Bomber lebensfähig halten“ so das zuständige Strategische
Kommando. Dies bringt die Bundesregierung in Zeitdruck. Sie muss ihr Vorhaben,
die Lagerung nuklearer Waffen in Deutschland nach Konsultationen mit Washington
und der Nato zu beenden, rasch umsetzen. Gelingt das nicht, könnte
Washington sich bereits entschieden haben.
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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