Tagesspiegel.de
03. Dezember 2009


Militärtransporter A400M: Später, teurer, leistungsschwächer

von Otfried Nassauer

Der Militärtransporter A400M entwickelt sich zum Milliardengrab – löhnen muss wohl der Steuerzahler.

Noch weiß niemand, ob er wirklich fliegt. In der kommenden Woche soll der Militärtransporter A400M zur ersten Platzrunde abheben – wenn das Wetter mitspielt. Bereits am Mittwoch aber trafen sich die Rüstungsstaatssekretäre der Länder, die das Flugzeug kaufen wollen und bezahlen sollen in Berlin. Ihr wichtigstes Thema: Wer übernimmt die Mehrkosten, um das Projekt zu retten? Eines war schon vor dem Treffen sicher: Die Bundesregierung wird ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag nicht einhalten können. Dort besteht sie auf „vollständiger Erfüllung des Vertrages“ durch den Hersteller.

Für einen Festpreis von 19,7 Milliarden Euro bestellten 2003 sieben Nationen 180 Transportflugzeuge des Typs A400M bei Airbus Military, einer Tochter des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS. Geliefert werden sollten die Flugzeuge ab 2009. Größter Besteller war die Bundeswehr mit 60 Flugzeugen. Sie will damit das Arbeitspferd der Luftwaffe, die Transall, ersetzen. 8,3 Milliarden Euro einschließlich der Finanzierungskosten hat Berlin dafür eingeplant. Auf 27,4 Milliarden Euro schätzt dagegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC) die aktuellen Kosten des Vorhabens nach einem Bericht des Pariser Wirtschaftsblattes „Les Echos“ vom Dienstag.

Da – wie im zivilen Flugzeugbau - ein Festpreis vereinbart wurde, kann EADS die gestiegenen Kosten nicht einfach an seine Kunden weitergeben. Zudem ist das Vorhaben aufgrund massiver technischer Probleme schon jetzt mehr als drei Jahre in Verzug. Vor 2013 kann der A400M nicht geliefert werden. Der Zeitverzug gibt den Kunden das Recht, den Vertrag mit EADS zu kündigen. Südafrika hat davon bereits Gebrauch gemacht. Für größere Kunden wie Deutschland und Frankreich ist die Lage komplizierter. Sie müssen veraltete Transportflugzeuge ersetzen und suchen aus industriepolitischen Gründen eine Einigung mit EADS. Zunächst wurde ein Stillhalteabkommen bis Ende 2009 abgeschlossen, um über eine Anpassung des Liefervertrages verhandeln zu können. Die Industrie nutzt die Tatsache, dass ihre Kunden auf sie angewiesen sind, um Druck zu machen.

EADS streut immer wieder die Nachricht, es sei für den Konzern möglicherweise günstiger, das Vorhaben abzubrechen und bereits geleistete Zahlungen zurückzuerstatten. Natürlich würde der Konzern den Milliardenauftrag lieber behalten. Dafür aber fordert er mehr Zeit, mehr Geld und eine Abkehr von den vereinbarten Festpreisen. Airbus-Chef Thomas Enders bezifferte die Mehrkosten, über die man sich einigen müsse, auf zwei bis drei Milliarden Euro. Ein Staatssekretärstreffen im November beschloss, „bis Ende 2009 eine Lösung für die Fortführung des Projektes A400M zu finden.“ Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) erwartet von der Industrie „ein Zeichen des Entgegenkommens“. Diskutiert werden unterschiedliche Lösungsmodelle. Sie alle laufen darauf hinaus, dass die Steuerzahler den Großteil den Mehrkosten tragen. Frankreich schlug vor, dass EADS nur ein erstes Los von Flugzeugen in einer billigeren Basisversion zum vereinbarten Preis liefern müsse, später für voll ausgestattete Flugzeuge aber mehr fordern dürfe. Im Gespräch soll auch sein, dass EADS deutlich weniger Flugzeuge als bislang geplant für den bisherigen Festpreis liefern muss. Das könnte der FDP entgegenkommen, die meint, die Bundeswehr brauche nur 40 bis 50 Flugzeuge.

Klar ist dagegen, dass die Nutzerstaaten ein Flugzeug bekommen werden, das weit weniger leistet, als die Industrie vor der Bestellung versprach. Die maximale Nutzlast erlaubt es nicht mehr, den Schützenpanzer Puma im A400M zu transportieren. Auch das Vorhaben, einen einsatzfähigen Radpanzer vom Typ GTK Boxer nonstop von Deutschland nach Afghanistan transportieren zu können, wird sich wohl zerschlagen.


ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS