Militärtransporter A400M: Später, teurer, leistungsschwächer
von Otfried Nassauer
Der Militärtransporter A400M entwickelt sich zum Milliardengrab – löhnen muss wohl der Steuerzahler.
Noch weiß niemand, ob er wirklich fliegt. In der kommenden Woche
soll der Militärtransporter A400M zur ersten Platzrunde abheben –
wenn das Wetter mitspielt. Bereits am Mittwoch aber trafen sich die Rüstungsstaatssekretäre
der Länder, die das Flugzeug kaufen wollen und bezahlen sollen in
Berlin. Ihr wichtigstes Thema: Wer übernimmt die Mehrkosten, um das
Projekt zu retten? Eines war schon vor dem Treffen sicher: Die Bundesregierung
wird ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag nicht einhalten können.
Dort besteht sie auf „vollständiger Erfüllung des Vertrages“
durch den Hersteller.
Für einen Festpreis von 19,7 Milliarden Euro bestellten 2003 sieben
Nationen 180 Transportflugzeuge des Typs A400M bei Airbus Military, einer
Tochter des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS. Geliefert werden sollten
die Flugzeuge ab 2009. Größter Besteller war die Bundeswehr
mit 60 Flugzeugen. Sie will damit das Arbeitspferd der Luftwaffe, die
Transall, ersetzen. 8,3 Milliarden Euro einschließlich der Finanzierungskosten
hat Berlin dafür eingeplant. Auf 27,4 Milliarden Euro schätzt
dagegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers
(PwC) die aktuellen Kosten des Vorhabens nach einem Bericht des Pariser
Wirtschaftsblattes „Les Echos“ vom Dienstag.
Da – wie im zivilen Flugzeugbau - ein Festpreis vereinbart wurde, kann
EADS die gestiegenen Kosten nicht einfach an seine Kunden weitergeben.
Zudem ist das Vorhaben aufgrund massiver technischer Probleme schon jetzt
mehr als drei Jahre in Verzug. Vor 2013 kann der A400M nicht geliefert
werden. Der Zeitverzug gibt den Kunden das Recht, den Vertrag mit EADS
zu kündigen. Südafrika hat davon bereits Gebrauch gemacht. Für
größere Kunden wie Deutschland und Frankreich ist die Lage
komplizierter. Sie müssen veraltete Transportflugzeuge ersetzen und
suchen aus industriepolitischen Gründen eine Einigung mit EADS. Zunächst
wurde ein Stillhalteabkommen bis Ende 2009 abgeschlossen, um über
eine Anpassung des Liefervertrages verhandeln zu können. Die Industrie
nutzt die Tatsache, dass ihre Kunden auf sie angewiesen sind, um Druck
zu machen.
EADS streut immer wieder die Nachricht, es sei für den Konzern möglicherweise
günstiger, das Vorhaben abzubrechen und bereits geleistete Zahlungen
zurückzuerstatten. Natürlich würde der Konzern den Milliardenauftrag
lieber behalten. Dafür aber fordert er mehr Zeit, mehr Geld und eine
Abkehr von den vereinbarten Festpreisen. Airbus-Chef Thomas Enders bezifferte
die Mehrkosten, über die man sich einigen müsse, auf zwei bis
drei Milliarden Euro. Ein Staatssekretärstreffen im November beschloss,
„bis Ende 2009 eine Lösung für die Fortführung des Projektes
A400M zu finden.“ Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU)
erwartet von der Industrie „ein Zeichen des Entgegenkommens“. Diskutiert
werden unterschiedliche Lösungsmodelle. Sie alle laufen darauf hinaus,
dass die Steuerzahler den Großteil den Mehrkosten tragen. Frankreich
schlug vor, dass EADS nur ein erstes Los von Flugzeugen in einer billigeren
Basisversion zum vereinbarten Preis liefern müsse, später für
voll ausgestattete Flugzeuge aber mehr fordern dürfe. Im Gespräch
soll auch sein, dass EADS deutlich weniger Flugzeuge als bislang geplant
für den bisherigen Festpreis liefern muss. Das könnte der FDP
entgegenkommen, die meint, die Bundeswehr brauche nur 40 bis 50 Flugzeuge.
Klar ist dagegen, dass die Nutzerstaaten ein Flugzeug bekommen werden,
das weit weniger leistet, als die Industrie vor der Bestellung versprach.
Die maximale Nutzlast erlaubt es nicht mehr, den Schützenpanzer Puma
im A400M zu transportieren. Auch das Vorhaben, einen einsatzfähigen
Radpanzer vom Typ GTK Boxer nonstop von Deutschland nach Afghanistan transportieren
zu können, wird sich wohl zerschlagen.
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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