Ramstein kein Atomwaffenlager mehr?
von Otfried Nassauer
Im US-Stützpunkt Ramstein lagern offenbar keine Atomwaffen
mehr. Das ergibt sich aus neuen Dienstvorschriften der US-Streitkräfte.
Nur noch auf der Airbase Büchel in der Eifel gibt es noch US-Atomwaffen.
Die Bundesregierung muss sich nun fragen lassen, warum sie diese für
notwendig hält.
Das größte Atomwaffenlager der USA in Europa ist offenbar
nicht mehr in Betrieb. Das Lager befindet sich auf dem US-Luftwaffenstützpunkt
Ramstein in Rheinland-Pfalz. In Deutschland gibt es damit nur noch einen
Nuklearwaffen-Standort, den Fliegerhorst Büchel in der Eifel, auf
dem das deutsche Jagdbombergeschwader 33 stationiert ist.
Die Räumung des Lagers belegt eine neue Dienstvorschrift der US-Luftwaffe
in Europa aus dem Januar 2007, auf die Hans Kristensen von der Vereinigung
amerikanischer Wissenschaftler (FAS) in Washington aufmerksam machte.
Die Vorschrift beschreibt, welche Flugplätze mit Nuklearwaffenlagern
in Europa in den kommenden Monaten Besuch von amerikanischen Experten
bekommen.
Alle bekannten europäischen Atomwaffen-Standorte sind in der Vorschrift
gelistet, auch Büchel. Ramstein aber fehlt erstmals. Da die Inspektionen
für alle Nuklearstandorte in Europa Pflicht sind, geht Kristensen
davon aus, dass in Ramstein keine Nuklearwaffen mehr gelagert sind.
Waffen in die USA ausgelagert
Der Luftwaffenstützpunkt „Ramstein Air Base“ beherbergt spezielle
Lagerstätten für insgesamt 216 Atombomben. In den Boden der
Flugzeugschutzbauten sind 54 sogenannte Nuklearwaffen-Grüfte eingelassen,
die je vier Bomben aufnehmen können. Etwa 130 Waffen waren dort zuletzt
noch eingelagert.
Während der umfangreichen Bauarbeiten auf der Air Base in den vergangenen
Jahren - Ramstein hat die Aufgaben der Rhein-Main Air Base in Frankfurt
übernommen - wurden die Atomwaffen allerdings aus Sicherheitsgründen
in die USA ausgelagert. Erwartet wurde, dass die Waffen nach Abschluss
der Bauarbeiten nach Ramstein zurückgebracht würden. Das ist
wohl nicht geschehen.
Späte Genugtuung für Rot-Grün
Der Verzicht der USA auf die Wiedereinlagerung der Waffen ist eine späte
Genugtuung für die frühere rot-grüne Bundesregierung. Deren
Verteidigungsminister, Peter Struck, und der rheinland-pfälzische
Ministerpräsident Kurt Beck äußerten bei einem Besuch
der Baustelle 2005 Zweifel an der Notwendigkeit, künftig noch Atomwaffen
in Deutschland zu lagern.
Die Bundeswehr hat keine eigenen Atomwaffen. Im Verteidigungsfall könnten
im Rahmen der in der Nato vereinbarten "nuklearen Teilhabe"
aber auch deutsche Jets US-Atombomben abwerfen. Das Tornado-Geschwader
in Büchel trainiert solche Einsätze. Bis zum Verteidigungsfall
bleiben die Bomben allerdings vollständig unter US-Befehlsgewalt.
Auswirkungen hat der Vorgang auch auf die nukleare Rolle des deutschen
Tornado-Geschwaders in Nörvenich. Sie läuft damit aus. Die Atomwaffen
für Nörvenich lagerten in Ramstein. Die Möglichkeit, Nörvenich
wieder zu einem aktiven Nuklearstandort zu machen, wird jetzt aufgegeben.
Das dortige Geschwader soll in den kommenden Jahren von atomwaffenfähigen
Tornado-Flugzeugen auf den Eurofighter umgerüstet werden. Der Eurofighter
aber ist nicht atomwaffenfähig.
Nur noch ein Atom-Standort
In Zukunft gibt es somit nur noch einen aktiven Atomwaffenstandort in
Deutschland. Beim Jagdbombergeschwader 33 in Büchel lagern weiterhin
etwa 20 atomare Bomben. Jede hat ein Vielfaches der Zerstörungskraft
jener Atomsprengsätze, die Hiroshima und Nagasaki auslöschten.
Im Ernstfall sollen diese Waffen durch Tornados der deutschen Luftwaffe
zum Einsatz gebracht werden. Eine amerikanische Wartungs- und Sicherheitsmannschaft
ist ständig vor Ort. In Europa gibt es insgesamt künftig noch
sieben Nuklearwaffenlager mit rund 350 US-Atomwaffen.
Militärischer Zweck zweifelhaft
Schwieriger wird es jetzt für die Bundesregierung, den Verbleib
atomarer Waffen in Deutschland zu begründen. Viele Experten bezweifeln,
dass die Nuklearwaffen in Deutschland noch einen nachvollziehbaren, militärischen
Zweck erfüllen.Sie binden vor allem teures Personal und verursachen
hohe Kosten. Da Washington mit den Atomwaffen in Ramstein auch diejenigen
abezogen hat, die für amerikanische Kampfflugzeuge vorgesehen waren,
muss Berlin jetzt neu begründen, warum die Luftwaffe weiterhin Nuklearwaffen
braucht.
Nato überdenkt Atomwaffen-Bedarf
In der Nato arbeitet derzeitig die sogenannte „Hochrangige Beratergruppe“
Vorschläge für den künftigen Bedarf der Allianz an nuklearen
Waffen aus. Als die Nato-Verteidigungsminister am 15. Juni 2007 als Nukleare
Planungsgruppe der Nato zusammentraten, hielten sie erneut fest, die Allianz
unterhalte Nuklearstreitkräfte „in dem geringsten Umfang, der für
die Aufrechterhaltung von Frieden und Stabilität hinlänglich“
sei.
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
|