Deutschland liefert U-Boote an Israel
von Otfried Nassauer
Die rot-grüne Bundesregierung hat kurz vor ihrer Ablösung
noch einmal Rüstungsexporte genehmigt. Deutschland will Israel zwei
"Dolphin"-U-Boote liefern und dabei ein Drittel der Kosten selbst
übernehmen. Die Gesamtkosten für die Kriegsschiffe aus deutscher
Produktion belaufen sich den Berichten zufolge auf etwa eine Milliarde
Euro.
Vor wenigen Wochen hat die Bundesmarine sie erstmals in Dienst gestellt:
Zwei U-Boote mit einem weltweit einmaligen, Außenluft-unabhängigen
Brennstoffzellenantrieb. Damit können die Boote weiter fahren, deutlich
länger tauchen und sind viel schwerer zu entdecken als alle anderen
konventionell angetriebenen U-Boote der Welt. Es sind hochmoderne High-Tech-Waffensysteme
für den Krieg der Zukunft. Gerade das macht sie zu einem gefragten
Exportartikel.
Boote mit neuartigem Antrieb
Als Abschiedsgeschenk der besonderen Art will die scheidende Bundesregierung
offensichtlich zwei U-Boote mit diesem neuen Antrieb an Israel liefern.
Den geheim tagenden Bundessicherheitsrat hat das Vorhaben schon passiert.
Noch am Montag rechtzeitig vor der Vereidigung der neuen Regierung
soll das Vorhaben im Auswärtigen Amt per Vertrag besiegelt werden,
meldet das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Ein heikles, weil
wohl umstrittenes Geschäft.
Israel besitzt bereits drei deutsche U-Boote vom Typ Dolphin ohne den
neuartigen Antrieb. Geliefert wurden diese 1999 und 2000. Die Zusage für
diese Boote gab die Bundesregierung 1991. Damals hatte Saddam Hussein
mit deutscher Technik leistungsgesteigerte irakische Scud-Raketen während
des Golfkrieges auf Israel abgeschossen. Die Gefahr bestand, dass Giftgas
gegen Ziele in Israel zum Einsatz kommen würde.
Zwei unterschiedliche Torpedorohre
Diese U-Boote beruhen auf einem Design, das in den achtziger Jahren
im Auftrag Israels bei deutschen Firmen entwickelt und später noch
einmal überarbeitet wurde. Als technische Besonderheit besitzen sie
zwei unterschiedliche Torpedorohre. Sechs Rohre mit dem Standard-Durchmesser
von 533 Millimeter und vier Rohre mit einem Durchmesser von 650 Millimeter.
Aus letzteren, so wurde immer wieder berichtet, wolle Israel auch weitreichende
atomare Marschflugkörper mit bis zu 1.500 Kilometer Reichweite abschiessen.
Ein erfolgreicher Test vor Sri Lanka wurde gemeldet. Israel wolle seine
atomare Abschreckung um seegestützte Waffen mit größerer
Reichweite ergänzen. Auch deshalb seien die deutschen U-Boote gleich
nach ihrer Ankunft in Israel erneut und aufwändig umgebaut worden.
Seit rund drei Jahren bemüht sich Israel um weitere Dolphin-U-Boote
nunmehr mit dem neuen außenluftunabhängigen Antrieb. Die
israelische Marine will verstärkt in der Arabischen See und im Indischen
Ozean kreuzen. Dort liegen heute jene Staaten, die Israel sicherheitspolitisch
die größten Sorgen machen: Die islamische Atommacht Pakistan,
Saudi-Arabien und nicht zuletzt der Iran, dem Israel unterstellt, Atomwaffen
bauen zu wollen. Dafür benötige Israel mindestens zwei weitere
U-Boote.
Kosten von rund einer Milliarde Euro
Diese soll das Land nun bekommen. Die beiden Boote kosten rund eine
Milliarde Euro. Bis zu 330 Millionen Euro davon trägt der deutsche
Steuerzahler. Den Rest soll Israel aufbringen zum Beispiel durch Lieferungen
an die Bundeswehr. Doch der Preis muss stutzig machen. Mit 500 Millionen
Euro ist jedes der neuen Dolphin-Boot mehr als doppelt so teuer wie die
früheren Boote. Der neue Antrieb und die Inflation alleine können
die Differenz nicht erklären. Denn auch die Bundeswehr bekommt ihre
neuen aussenluftunabhängigen U-Boote deutlich billiger. Und mit 330
Millionen Euro zahlt der deutsche Steuerzahler diesmal zwar angeblich
nur ein Drittel der Kosten. Doch real sind dies nur etwa 100 Millionen
weniger als damals, als Deutschland Israel zwei solche U-Boote vollständig
schenkte.
Trotz der besonderen Beziehungen Deutschlands zu Israel wird die neuerliche
U-Boot-Lieferung an Israel Diskussionen hervorrufen: Sollte Deutschland
mithelfen, wenn Israel sein umstrittenes Nuklearpotenzial ausbaut oder
modernisiert? Der Glaubwürdigkeit der deutschen Vermittlerrolle im
Streit um das Atomprogramm des Irans dürfte der neuerliche U-Boot-Deal
mit Israel kaum dienlich sein.
Immer wieder Streit um Rüstungsexporte
Rüstungsexporte - gerade nach Israel - waren immer wieder umstritten:
Wegen der Menschenrechtslage, der anhaltenden Besetzung palästinensischer
Gebiete und der Auseinandersetzungen Israels mit den Palästinensern.
Doch mit der Lieferung modernster U-Boote wird zugleich die Ausfuhr vieler
einzelner, moderner Rüstungskomponenten und Technologien erstmals
genehmigt. Präzedenzfälle entstehen, auf die sich Firmen, die
später ähnliche Komponenten liefern wollen, jederzeit berufen
können. Diese und andere Probleme dürften sowohl der alten als
auch der Bundesregierung gegenwärtig gewesen sein, als sie beschlossen,
den Vertrag still und leise zwischen ihren Amtsperioden durchzuwinken.
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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