Kampfdrohnen und was dann?
von Otfried Nassauer
Schon hinter der Absicht versteckt sich ein Offenbarungseid. Verteidigungsminister de Maiziere und die Luftwaffengenerale wollen bewaffnete Drohnen kaufen. Sie ahnen, dass der Abzug aus Afghanistan kein Honigschlecken wird. Kampfdrohnen sollen in den letzten Phasen des Einsatzes am Hindukusch himmlischen Beistand ermöglichen.
Auch wenn es nicht so offen gesagt wird: Etwa so muss die Logik hinter dem geplanten Kauf israelischer Heron oder amerikanischer Reaper-Drohnen aussehen, den der Minister seit Monaten vorantreibt. Die Drohnen können derzeit nur in Afghanistan eingesetzt werden. In Deutschland stünden sie nutzlos am Boden herum. In ganz Europa dürften sie nicht fliegen. Dafür fehlen die rechtlichen Voraussetzungen. Und das wird auch noch etliche Jahre so bleiben.
Warum also kaufen, und nicht nur für ein paar Jahre leasen? Das will der Minister nicht und zeigt damit, dass es ihm um mehr geht. Er will eine Grundsatzentscheidung treffen, die auf Dauer gilt. Der Afghanistaneinsatz ist nur Anlass. Die Bundeswehr soll künftig solche Waffen haben. So mancher geht weiter und betrachtet Drohnen als die Zukunft der Luftwaffe oder gar der militärischen Luftfahrtindustrie.
Spätestens an dieser Stelle wünscht man sich einen Verteidigungsminister, der auch bei anderen Fragen an die langfristigen Folgen denkt. Wenn in 20 oder 30 Jahren jedes Land, das etwas auf sich hält, Kampfdrohnen nutzt, dann hat es auf diesem Feld einen heftigen Rüstungswettlauf gegeben, den sich deutlich mehr Länder leisten können als die Beschaffung moderner Kampfflugzeuge. Vor allem aber hat sich dann die rechtliche Lage verändert: Die Möglichkeit, unbemannte Kampfdrohnen einzusetzen, senkt nicht nur die Hemmschwelle gegen den Einsatz militärischer Mittel, sie weckt auch die Hoffnung, nach einem Angriff unerkannt und ungestraft davonzukommen. Die Gefahr besteht, dass sich immer mehr Staaten das Recht herausnehmen, Menschen in anderen Länder gezielt umzubringen,
Gäbe es einen anderen Weg? Ja, er würde der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik sogar gut zu Gesicht stehen. Deutschland betont immer wieder, dass Rüstungskontrolle und Abrüstung Kernelemente und Instrumente deutscher Sicherheitspolitik sind. In dieser Tradition stünde es Deutschland gut an, ein internationales vertragliches Verbot bewaffneter Drohnen anzuregen. Damit könnte der drohende Rüstungswettlauf ebenso vermieden werden, wie die völkerrechtlichen Probleme, die mit dieser neuen Waffenkategorie drohen.
Noch könnte ein solcher Vorstoß Erfolg haben. Derzeit bauen und nutzen nur zwei Länder bewaffnete Drohnen in nennenswertem Umfang – die USA und Israel. Kommt der Rüstungswettlauf bei bewaffneten Drohnen aber erst in Gang, so wächst auch der Widerstand gegen ein Verbot. In wenigen Jahren dürfte diese Chance also nicht mehr bestehen. Noch hat die Bundesrepublik also die Wahl: Will sie den Rüstungswettlauf bei Kampfdrohnen mit anstoßen und solche Waffen kaufen oder will sie ihn vorbeugend verhindern, indem sie die Initiative für eine Verbotskonvention ergreift? Bislang sieht es so aus, als ziehe das Verteidigungsministerium einem Rüstungswettlauf vor.
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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