Deutsche Gewehre für Israels Scharfschützen
"Wehrtechnik ist ein Gebiet, auf dem Mauser mehr als hundert Jahre Erfahrung
hat"
von Gerhard Piper
Um den palästinensischen Widerstand zu brechen, hat Israel mindestens
30 Aktivisten der PLO sowie der Fundamentalistengruppen Hamas und Dschihad gezielt
liquidiert. Wie jetzt herauskam, werden auch Scharfschützengewehre aus Deutschland
eingesetzt. Sechs verschiedene Typen von Scharfschützengewehren werden gegenwärtig von
der Polizei und Armee in Israel verwendet: Israelische Galil und M36, amerikanische
Remington M24 und M40 sowie deutsche SP66 und SR86. Hersteller der beiden deutschen Typen
sind die Mauser-Werke im baden-württembergischen Oberndorf, die zur Rheinmetall AG
gehören. Das Modell SP66 wurde erstmals 1976 hergestellt. Die Waffe ist mit einem
Zielfernrohr von Zeiss-Diavari ausgestattet. Der modernere Typ SR86 aus dem Jahre 1980
kann zusätzlich mit einem Schalldämpfer ausgestattet werden. Beide Gewehre verschießen
Geschosse des Kalibers 7,62 mm, die ihr Ziel mit einer Geschwindigkeit von rund 860 Metern
pro Sekunde treffen.
In einer Selbstdarstellung der Mauser-Werke heißt es: »Wehrtechnik ist ein Gebiet, auf
dem Mauser mehr als hundert Jahre Erfahrung hat. Die technische Konzeption, Handhabung,
Bedienung und Zuverlässigkeit gab schon oft den Ausschlag für ein Waffensystem unseres
Unternehmens.« In der Bundesrepublik Deutschland wird die SP66 von mehreren
Sondereinsatzkommandos der Polizei und der GSG-9 verwendet. Darüber hinaus wurde dieses
Gewehr in zwölf Länder exportiert, darunter nach Israel. Dessen Sondereinheiten der
Streitkräfte und der Grenzpolizei erhielten Anfang der achtziger Jahre zunächst das SP66
und ab 1996 das SR86. Heute werden diese Kommandos zur Niederschlagung der Intifada
eingesetzt: Zu den Streitkräften gehört die Sonderheit Sayeret Duvdevan, die 1987 vom
damaligen Generalstabschef Ehud Barak gegründet wurde und ihr Hauptquartier in Ramallah
hat. Sie rekrutiert sich aus erst 18-jährigen Wehrpflichtigen. Die Grenzpolizei gründete
1990 ihre eigene Untergrundeinheit Yamas; schließlich baute die Stadtpolizei von
Jerusalem 1994 die Einheit HaGidonim auf.
Die Hauptaufgabe dieser Truppen besteht darin, sich als Araber verkleidet
palästinensischen Aktivisten zu nähern und sie festzunehmen. Aber die Regierung in Tel
Aviv setzt diese Einheiten auch ein, um Anschläge zu verüben. Von den mindestens 30
palästinensischen Funktionsträgern, die das Ziel eines israelischen Attentats wurden,
starb einer durch Kampfpanzerbeschuß, vier wurden durch ferngezündete Bomben zerfetzt,
zehn durch Kampfhubschrauber AH-64A Apache erschossen, und mindestens zehn Mal
liquidierten Sonderkommandos die Zielperson. Bei fünf Opfern sind die Todesumstände
nicht genauer bekannt. Ob bei einem dieser Attentate der Todesschütze tatsächlich ein
deutsches Scharfschützengewehr benutzt hat, lässt sich nicht nachweisen. Immerhin sind
im Internet auf einer Website der israelischen Sonderkommandos (http://www.isayeret.com/
weapons) gleich mehrere Fotos veröffentlicht worden, die zeigen, wie Mitglieder der
Sayeret Duvedan mit deutschen SP66 oder SR86 auf Palästinenser während der
Al-Aksa-Intifada anlegen.
Die Mordanschläge sind ein Verstoß gegen die Genfer Konvention zum Schutz der
Zivilbevölkerung und das israelische Gesetz über die Menschenrechte. Schon 1992, kurz
nach Bekanntwerden der israelischen Todesschwadronen, kritisierte die damalige
Bildungsministerin Shulamit Aloni: »Ich verurteile das Prinzip, dass 18 bis 19 Jahre alte
Jungen Urteile über die Palästinenser sprechen und gleich die Todesurteile
vollstrecken.« Demgegenüber hält die Scharon-Regierung die Attentate gegen mutmaßliche
Terroristen für gerechtfertigt.
ist wissenschaftlicher
Mitarbeiter beim Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS).
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