Kleinwaffen Newsletter
Oktober 2008


Neue Rekorde beim deutschen Kleinwaffenexport

von Roman Deckert

Der neue Rüstungsexportbericht der Bundesregierung für das Jahr 2007 wird voraussichtlich in den nächsten Wochen erscheinen. Wie in allen Vorjahren gibt es keinen festen Termin für die Veröffentlichung, was der alternative Rüstungsexportbericht der „Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung“ (GKKE) regelmäßig kritisiert. Zahlen über die erteilten Genehmigungen für die Ausfuhr von Kleinwaffen liegen jedoch bereits vor, da die Bundesregierung die entsprechenden Daten schon im Juni an das Waffenregister der Vereinten Nationen gemeldet hat. Die Bilanz ist alarmierend:

So hat die Bundesregierung Genehmigungen für den Export von 1.209 Maschinenpistolen an Ägypten erteilt, wo seit 1981 der Ausnahmezustand verhängt ist. Der Vorgang ist um so bemerkenswerter, da Ägypten bisher kein Abnehmer deutscher Kleinwaffen gewesen ist. Derweil durfte Indien, bei dessen Streitkräften die MP5 des schwäbischen Herstellers Heckler & Koch (H&K) seit Jahren zu den Standardwaffen gehört, 773 Maschinenpistolen aus Deutschland importieren. Einen weiteren Durchbruch haben deutsche Anbieter in dem Karibikstaat Trinidad & Tobago erreicht, der grünes Licht für den Bezug von 985 Maschinenpistolen und 260 Sturmgewehren erhielt.

Besonderen Anlass zur Besorgnis geben Genehmigungen für massive Lieferungen in zwei Krisengebiete: auf die Arabische Halbinsel und nach Mexiko. Das Sultanat Oman konnte 455 Maschinenpistolen bestellen, das wahabitische Königreich Saudi-Arabien 5.100 Sturmgewehre. Mexiko, wo der Konflikt zwischen Staatsmacht und Drogenkartellen zur Zeit heftig eskaliert, erhielt aus Berlin die Erlaubnis, 3.336 Maschinenpistolen und 6.667 Sturmgewehre zu erwerben. Es ist bezeichnend, dass die mexikanischen Behörden in diesem Bereich viel größere Transparenz zeigen als die deutsche Bundesregierung. Denn während letztere mit dem Verweis auf Firmengeheimnisse keine Typenangaben macht, hat Mexiko im UN-Register eingetragen, dass es sich um Produkte von H&K handelt, nämlich um MP5-Maschinenpistolen und G36V-Sturmgewehre.
Insgesamt hat die schwarz-rote Bundesregierung im Jahr 2007 Genehmigungen für den Export von 10.387 Maschinenpistolen an 43 Staaten und 19.094 Sturmgewehren an 34 Staaten ausgestellt. Im Vorjahr waren es noch 5.796 Maschinenpistolen für 49 Staaten und 9.626 Sturmgewehre für 34 Staaten gewesen. Der Umfang der Genehmigungen hat sich also knapp verdoppelt. Die exportierten Komponenten, die im Empfängerland selber zu Kleinwaffen montiert werden, finden im UN-Register keine Berücksichtigung, so dass von einer noch ungleich größeren Verbreitung deutscher Kleinwaffen auszugehen ist.

Faustfeuerwaffen werden in den deutschen Meldungen an die UN erst gar nicht aufgelistet, da sie laut deutscher Gesetzgebung nicht unter das Kontrollregime des Kriegswaffenkontrollgesetzes fallen. Auch hier ist Mexiko transparenter, da es den Import von 1.110 USP-Pistolen der Marke H&K und 5.184 P99-Pistolen des Ulmer Produzenten Carl Walther dokumentiert hat. Schließlich ist Mexiko in einem weiteren Punkt der Meldepraxis erheblich transparenter. Denn das UN-Büro für Abrüstungsfragen (UNODA) kritisiert, dass Deutschland nur Zahlen zu den Genehmigungen zur Verfügung stellt, nicht aber – wie gefordert - zu den tatsächlichen Ausfuhren, wohingegen Mexiko die real getätigten Importe dokumentiert. Der deutschen Berichtspraxis liegt offensichtlich fehlender politischer Wille zugrunde – und das in einem Land, wo sonst so gut wie alles statistisch erfasst wird und das für sich beansprucht, eine Vorreiterrolle bei der Kontrolle des internationalen Kleinwaffenhandels zu spielen.


 

arbeitet als Kleinwaffen-Analyst im Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS) und ist Vorstandsmitglied des RüstungsInformationsBüros Freiburg i.Br. (RIB).