Neue Rekorde beim deutschen Kleinwaffenexport
von Roman Deckert
Der neue Rüstungsexportbericht der Bundesregierung für das
Jahr 2007 wird voraussichtlich in den nächsten Wochen erscheinen.
Wie in allen Vorjahren gibt es keinen festen Termin für die Veröffentlichung,
was der alternative Rüstungsexportbericht der „Gemeinsamen Konferenz
Kirche und Entwicklung“ (GKKE) regelmäßig kritisiert. Zahlen
über die erteilten Genehmigungen für die Ausfuhr von Kleinwaffen
liegen jedoch bereits vor, da die Bundesregierung die entsprechenden Daten
schon im Juni an das Waffenregister der Vereinten Nationen gemeldet hat.
Die Bilanz ist alarmierend:
So hat die Bundesregierung Genehmigungen für den Export von 1.209
Maschinenpistolen an Ägypten erteilt, wo seit 1981 der Ausnahmezustand
verhängt ist. Der Vorgang ist um so bemerkenswerter, da Ägypten
bisher kein Abnehmer deutscher Kleinwaffen gewesen ist. Derweil durfte
Indien, bei dessen Streitkräften die MP5 des schwäbischen Herstellers
Heckler & Koch (H&K) seit Jahren zu den Standardwaffen gehört,
773 Maschinenpistolen aus Deutschland importieren. Einen weiteren Durchbruch
haben deutsche Anbieter in dem Karibikstaat Trinidad & Tobago erreicht,
der grünes Licht für den Bezug von 985 Maschinenpistolen und
260 Sturmgewehren erhielt.
Besonderen Anlass zur Besorgnis geben Genehmigungen für massive
Lieferungen in zwei Krisengebiete: auf die Arabische Halbinsel und nach
Mexiko. Das Sultanat Oman konnte 455 Maschinenpistolen bestellen, das
wahabitische Königreich Saudi-Arabien 5.100 Sturmgewehre. Mexiko,
wo der Konflikt zwischen Staatsmacht und Drogenkartellen zur Zeit heftig
eskaliert, erhielt aus Berlin die Erlaubnis, 3.336 Maschinenpistolen und
6.667 Sturmgewehre zu erwerben. Es ist bezeichnend, dass die mexikanischen
Behörden in diesem Bereich viel größere Transparenz zeigen
als die deutsche Bundesregierung. Denn während letztere mit dem Verweis
auf Firmengeheimnisse keine Typenangaben macht, hat Mexiko im UN-Register
eingetragen, dass es sich um Produkte von H&K handelt, nämlich
um MP5-Maschinenpistolen und G36V-Sturmgewehre.
Insgesamt hat die schwarz-rote Bundesregierung im Jahr 2007 Genehmigungen
für den Export von 10.387 Maschinenpistolen an 43 Staaten und 19.094
Sturmgewehren an 34 Staaten ausgestellt. Im Vorjahr waren es noch 5.796
Maschinenpistolen für 49 Staaten und 9.626 Sturmgewehre für
34 Staaten gewesen. Der Umfang der Genehmigungen hat sich also knapp verdoppelt.
Die exportierten Komponenten, die im Empfängerland selber zu Kleinwaffen
montiert werden, finden im UN-Register keine Berücksichtigung, so
dass von einer noch ungleich größeren Verbreitung deutscher
Kleinwaffen auszugehen ist.
Faustfeuerwaffen werden in den deutschen Meldungen an die UN erst gar
nicht aufgelistet, da sie laut deutscher Gesetzgebung nicht unter das
Kontrollregime des Kriegswaffenkontrollgesetzes fallen. Auch hier ist
Mexiko transparenter, da es den Import von 1.110 USP-Pistolen der Marke
H&K und 5.184 P99-Pistolen des Ulmer Produzenten Carl Walther dokumentiert
hat. Schließlich ist Mexiko in einem weiteren Punkt der Meldepraxis
erheblich transparenter. Denn das UN-Büro für Abrüstungsfragen
(UNODA) kritisiert, dass Deutschland nur Zahlen zu den Genehmigungen zur
Verfügung stellt, nicht aber – wie gefordert - zu den tatsächlichen
Ausfuhren, wohingegen Mexiko die real getätigten Importe dokumentiert.
Der deutschen Berichtspraxis liegt offensichtlich fehlender politischer
Wille zugrunde – und das in einem Land, wo sonst so gut wie alles statistisch
erfasst wird und das für sich beansprucht, eine Vorreiterrolle bei
der Kontrolle des internationalen Kleinwaffenhandels zu spielen.
arbeitet als Kleinwaffen-Analyst
im Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS) und ist
Vorstandsmitglied des RüstungsInformationsBüros Freiburg i.Br. (RIB).
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