Internationaler Strafgerichtshof:
Haftbefehl wegen G3-Lieferungen an Janjaweed
von Roman Deckert
Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag stellt fest: Heckler-Technik richtet in
Darfur Verbrechen gegen die Menschlichkeit an. Chefankläger Luis Moreno-Ocampo wirft dem
sudanesischen Staatsminister für humanitäre Angelegenheiten (!) Mohamed Ahmed Harun u.a.
vor, die Janjaweed-Milizen mit G3-Sturmgewehren aufgerüstet zu haben. Im vergangenen
Monat erließen die Richter Haftbefehl.
Der Einsatz von G3 in dem Konflikt, der seit 2003 bis zu 400.000 Todesopfer gefordert
hat, ist vielfach dokumentiert. Die Vereinten Nationen und unabhängige
Menschenrechtsgruppen haben immer wieder darüber berichtet. Fast jedes Foto, das es von
beteiligten Kämpfern gibt, zeigt neben Kalaschnikows den Exportschlager von Heckler &
Koch. Selbst auf Zeichnungen von Flüchtlingskindern ist das G3 eindeutig zu
identifizieren.
Das G3 hat eine ebenso lange wie unselige Tradition in Darfur. Bereits 1966 meldete die
bundesdeutsche Botschaft im Tschad, dass Waffen aus der BRD bei Gefechten an der Grenze
zum Sudan benutzt wurden. Die Militärs in Khartoum hatten bis dahin knapp 30.000 G3 über
Bonner Rüstungshilfen erhalten. Der Tschad wiederum war von dem berüchtigten
Waffenhändler Gerhard Mertins mit Tausenden G3 ausgestattet worden mit Zustimmung
des Auswärtigen Amtes. Auch in den siebziger Jahren bezog die sudanesische Armee, die
sich zu einem großen Teil aus Darfuris rekrutiert, massive Kontingente an G3 und anderen
Heckler-Modellen aus Oberndorf. In den achtziger Jahren folgten Lieferungen aus saudischer
und britischer Lizenzproduktion, mit denen die Khartoumer Machthaber die Reitermilizen in
Darfur für den Kampf gegen südsudanesische Rebellen hochrüsteten.
Erst dieser anhaltende Zustrom von Schnellfeuerwaffen ließ die Spannungen in der
marginalisierten Westregion derart eskalieren, dass 2003 der verheerende Krieg ausbrach.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker veröffentlichte bereits im Jahr darauf
detaillierte Berichte, wonach das Regime in Khartoum die Janjaweed mit G3 aus iranischer
Lizenzfertigung hochrüstete. Als daraufhin der CDU-Bundestagsabgeordnete Hartwig Fischer
eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung stellte, wiegelte Außenstaatssekretär Jürgen
Chrobog ab. Man habe "kein klares Bild über die Herkunft im Sudan befindlicher
G3-Gewehre" obwohl renommierte Experten schon 1992 den Transfer von 50.000
iranischen G3 öffentlich gemacht hatten.
Die wahre Dimension dieses Skandals wird wohl am treffendsten durch das zum Ausdruck
gebracht, was der Darfur-Spezialist und Harvard-Professor Alex de Waal zu dem Namen
"Janjaweed" herausgefunden hat: "Er soll eine Zusammensetzung sein aus der
arabischen Bezeichnung für das G3, das Gewehr des schwäbischen Waffenproduzenten Heckler
& Koch, und dem Wort dschawad, Pferd, das im westsudanesischen Dialekt aber auch
,Pöbel bedeutet." Die iranischen Rüstungsbetriebe werben unterdessen stolz
mit ihrer Heckler & Koch-Qualität (http://www.diomil.ir/en/aig.aspx link "assault rifles")
ebenso wie die Pakistan Ordnance Factories (http://www.pof.gov.pk/products.htm).
Die pakistanische Waffenschmiede betreut anscheinend noch immer die sudanesische
Munitionsfabrik, die einstmals von der bundeseigenen Firma Fritz-Werner errichtet wurde.
Leider erwähnen die deutschen Medien die massenhafte Verbreitung des G3 in Darfur so
gut wie nie, dafür um so häufiger die allgegenwärtigen Kalaschnikows. Doch selbst von
diesen dürften etliche aus Deutschland stammen. Die DDR lieferte Hunderttausende AK47 und
AKM aus eigener Produktion an Äthiopien und Libyen, die ihrerseits die sudanesischen
Rebellen unterstützten. Amnesty International zufolge benutzen die Janjaweed sogar
Patronen aus DDR-Herstellung (siehe Mai-Ausgabe des Kleinwaffen-Newsletters). Ein Bild von
den Folgen der deutsch-deutschen Waffenexporte kann man sich übrigens in der aktuellen
Ausgabe des GEO-Magazins machen ("Das Drama Darfur", Heft 6/2007).
ist Mitarbeiter im Berliner
Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS) und schreibt seine
Doktorarbeit über das Thema Die beiden deutschen Staaten und der Sudan.
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