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Flugplatz |
Land |
Unterflur- |
Waffen gelagert |
Waffen lagerbar |
Einheiten und Status |
Buechel |
D |
11 |
10-20 |
44 |
Jabo-Geschwader 33 mit Tornado, 702 MUNSS, letzte Sicherheitsinspektion März 2009 |
Kleine Brogel |
BE |
11 |
10-20 |
44 |
10. Taktisches Geschwader mit F-16; 701 MUNSS, Inspektion 2008 |
Volkel |
NL |
11 |
10-20 |
44 |
1. Jagdbombergeschwader mit F-16; 703. MUNSS; letzte Inspektion 2009 |
Aviano |
IT |
18 |
50 |
72 |
31. Jagdbombergeschwader der US-Luftwaffe mit F-16; letzte Inspektion 2009 |
Ghedi-Torre* |
IT |
11 |
20-40 (künftig 0?) |
44 |
6. Geschwader mit Tornado, 704. MUNSS, letzte bekannte Inspektion 2004 |
Incirlik |
TR |
25 |
50 |
100 |
Rotierende Einheiten der US-Luftwaffe, Nuklearwaffenlager aktiv, letzte Inspektion 2008 |
Gesamt: |
NATO |
87 |
150-200 |
392 |
|
* Seit Jahren kursieren Gerüchte, die Lagerung nuklearer
Waffen solle in Ghedi reduziert oder aufgegeben werden. Der Waffenbestand
könne teilweise auch ins nahe Aviano verlegt werden. Die letzte nachweisbare
nukleare Sicherheitsinspektion fand 2004 statt. Eine weitere war für
2007 geplant. Ob sie durchgeführt wurde, ist nicht bekannt.
Neue regionale Abschreckungsarchitekturen der USA
Massive Verärgerung über den Vorstoß zum Abzug der US-Atombomben aus Europa berichten konservative Kommentatoren aus Washington. Hillary Clinton, Obamas Außenministerin, habe auf einer Konferenz zur Zukunft der NATO noch wenige Tage vor dem Brief betont, Washington wolle die „nukleare Abschreckung aufrechterhalten“ erhalten und habe vor „voreiligen Schritten“ gewarnt, „die unsere Abschreckungsfähigkeit unterminieren“ könnten. Die fünf Außenminister – so der Eindruck, der erweckt wurde – haben genau das gefordert und stellen die atomare Abschreckung infrage. Ihr Vorstoß sei deshalb zum Scheitern verurteilt, ein Rohrkrepierer.
Diese Sicht ist verkürzt und kurzsichtig. Sie übersieht, dass vor allem die US-Regierung die nukleare Abschreckung in ihrer bisherigen Form längst infragestellt. Die konservativen Kommentatoren „überhörten“ den unmittelbar folgenden Satz Clintons. Der machte deutlich, dass es um weit mehr geht: „In der Tat, wir wollen unsere Abschreckung durch Raketenabwehr ausbauen.“ Es geht nicht also nur um die Zukunft der atomaren Waffen in Europa, sondern auch darum, die Raketenabwehrvorhaben der USA in das regionale Abschreckungskonzept der NATO zu integrieren. Das wirft zugleich die Frage auf, wie sich die Rolle des Nuklearpotentials der NATO künftig innerhalb des Abschreckungskonzeptes der NATO und der USA weiterentwickelt und wie weit die Strategie der NATO an veränderte nationale Strategievorstellungen ihrer Vormacht USA angepasst wird.
Zwei bedeutende Planungspapiere des Pentagons aus dem Februar 2010 verstärken diese Sicht. Der Quadrennial Defense Review hält fest: “Diese regionalen Abschreckungsstrukturen und neuen Fähigkeiten (...) ermöglichen eine verringerte Rolle nuklearer Waffen in unserer nationalen Sicherheitsstrategie.“ Der Ballistic Missile Defense Review ergänzt: „Gegen nuklear bewaffnete Staaten wird die regionale Abschreckung notwendigerweise auch [künftig] eine nukleare Komponente erfordern. Aber die Rolle der US-Atomwaffen in diesen regionalen Abschreckungsstrukturen kann reduziert werden durch eine Stärkung der Rolle der Raketenabwehr und anderer Fähigkeiten.“
Die Regierung Obama entwickelt unter Federführung von Verteidigungsminister Gates, der schon unter George W. Bush im Amt war, die nationale „Abschreckungsstrategie“ der USA weiter. Sie überträgt deren Grundgedanken auf die regionalen US-Abschreckungssysteme in Europa, im Nahen Osten und in Fernost. Unter George W. Bush wurde die Nuklearabschreckung in einen neuen übergeordneten Kontext gestellt. Die nukleare Komponente ist nur noch ein Bestandteil der gesamten Abschreckungsfähigkeit, die den USA militärische Überlegenheit und militärische wie politische Durchsetzungsfähigkeit für die kommenden Jahrzehnte sichern soll. Weitere Bestandteile sind die Raketenabwehr und die Fähigkeit zu raschen konventionellen und/oder nuklearen strategischen Angriffen auf Ziele rund um den Globus – also die Konzepte der Global Strikes und der Prompt Global Strikes.
Lässt sich die NATO darauf ein, Abschreckung künftig im amerikanischen Sinne zu verstehen - also erweiterte Raketenabwehrfähigkeiten und „andere Fähigkeiten“, wie sie zum Beispiel für die Global Strike-Konzepte benötigt werden, in ihre Strategie aufzunehmen - dann kann eine Reduzierung oder ein Verzicht auf die in Europa gelagerten US-Atomwaffen möglich und die Rolle nuklearer Waffen deutlich reduziert werden. Selbst das Pentagon kann sich offenbar vorstellen, dass die „nukleare Komponente“ der NATO künftig ohne Nuklearwaffen auf europäischem Boden auskommt, wenn es im Ballistic Missile Defense Review schreibt:. „Sei diese vorne – (also in Europa) stationiert oder nicht.“
Good News may be Bad-News
Mit Speck fängt man Mäuse. Mehr Raketenabwehr und bessere konventionelle Fähigkeiten erlauben künftig mehr nukleare Abrüstung – vielleicht nicht schon morgen, aber übermorgen womöglich. Die Atombomben in Europa könnten verzichtbar werden. Die Entwicklung neuer Atomwaffen, zum Beispiel zur Zerstörung tief verbunkerter Ziele oder von Mini-Nukes könnte unterbleiben. Zudem kann die Rolle nuklearer Waffen deutlich reduziert werden. Zum Beispiel auf die Abschreckung eines Nuklearangriffs auf die USA und deren Bündnispartner. Das alles sind mögliche Schlussfolgerungen des Nuclear Posture Reviews, die bereits öffentlich gehandelt werden. Mit diesem Dokument will die Regierung Obama ihre künftige Nuklear- und Abreckungspolitik dem Kongress vorstellen. Zusammen mit der amerikanisch-russischen Ankündigung eines substantiellen Abrüstungsschrittes bei den strategischen Atomwaffen wären es wichtige, begrüßenswerte Signale im Blick auf die Überprüfung und Stärkung des Atomwaffensperrvertrages. Es wäre gut, wenn die Regierung Barack Obamas sich auf solche Schritte festlegen würde. Die Erfolgsaussichten für eine Stärkung des Atomwaffensperrvertrages könnten steigen.
Doch es könnte auch eine Seite derselben Medaille geben. Wie diese aussieht, hängt davon ab, ob und welche Bedingungen und Voraussetzungen an die positiven Schritte geknüpft würden. Werden sie z.B. davon abhängig gemacht, dass die NATO zügig auf die umstrittenen, unter Obama nachgebesserten Raketenabwehrpläne der USA für Europa einsteigt? Gilt das auch für neue Raketenabwehrtechnologien wie das von der Regierung Obama befürwortete politisch sehr problematische Konzept des „Early Intercept“? Dieses sieht vor, ballistische Raketen während der ersten Phase ihres Fluges oder sogar noch vor deren Start zu bekämpfen. Sollen die NATO-Länder sich an offensiven und völkerrechtlich problematischen Konzepten wie Gobal Strike und Prompt Global Strike beteiligen? Entstehen hier völkerrechtlich zweifelhafte Möglichkeiten zu einer veränderten europäischen „Teilhabe“ an der Abschreckung? Soll die nukleare Teilhabe durch eine erweiterte Teilhabe an der „neuen Abschreckung“ ersetzt oder ergänzt werden? Werden die USA nukleare Langstreckenraketen abrüsten, nur um sie zu konventionellen Langstreckenraketen umzurüsten, die zum Beispiel auch die Silos gegnerischer Atomraketen zerstören könnten? Auch diese Schritte werden als mögliche Bestandteile der künftigen Abschreckungspolitik der USA bereits öffentlich diskutiert. Ihre Wirkung auf das Bedrohungsgefühl in vielen Teilen Welt wäre kaum positiv.
Noch gibt es auf viele Fragen keine konkreten belastbaren Antworten, obwohl sie erhebliche Konsequenzen für die Sicherheit Europas haben. Unabhängig davon wie sie mit durch den Nuclear Posture Review beantwortet oder offengehalten werden, bleibt ein weiteres faktisches Problem bestehen: Wie gut und verlässlich wird der Politikwechsel, mit dem sich die Obama-Administration vorgeblich von der Regierung George W. Bush absetzen will, gegen einen Rückfall in das Denken der Bush-Administration faktisch abgesichert? Kann ein künftiger republikanischer US-Präsident mit Dank für Obamas Wegbereiterfunktion bei den Bündnispartnern auf die neuen regionalen Abschreckungsarchitekturen zurückgreifen und sie ganz im Sinne einer unilateralen Machtpolitik a la George W. Bush und Dick Cheney als glänzende Ausgangsbasis nutzen? Oder handelt es sich sogar nur um eine Fortschreibung der Politik Bushs mit anderen besser klingenden Worten? Noch ist keine definitive Antwort möglich. Von dieser Antwort aber hängt die Glaubwürdigkeit Obamas ab.
Abrüstung oder Umrüstung – Das ist hier die Frage
Auffällig ist, dass die fünf europäischen Außenminister ihre Initiative in einen deutlich anderen stellen. Sie wollen über einen möglichen Beitrag der NATO zu den atomaren Abrüstungsversprechen Obamas und über mögliche Schritte der NATO zur Stärkung von Abrüstung und Nichtverbreitung diskutieren. Zudem sollen daraus Konsequenzen für die künftige Strategie der NATO gezogen werden. Ganz anders das bislang erkennbare Vorgehen Washingtons: Dort will man scheinbar zunächst über die künftige Abschreckungsstrategie des Bündnisses und die dafür nötigen militärischen Fähigkeiten und erst in der Konsequenz über möglich werdende nukleare Abrüstungsschritte reden. Diesen Eindruck erwecken jedenfalls die bisher zugänglichen Regierungsdokumente.
Der Zeitplan der europäischen Außenminister erlaubt ein „Last-Minute-Signal“ an die Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages – vorausgesetzt die NATO würde in Tallin Nägel mit Köpfen machen und nukleare Abrüstungszusagen machen. Der Zeitplan hinter den Überlegungen Washington erfordert dagegen mehr Zeit, da sich die europäischen NATO-Staaten zunächst mit den Konsequenzen der neuen Abschreckungslogik für ihre eigene Politik befassen müssten. Auch liegt der Nuclear Posture Review noch nicht vor, sodass zu viele Fragen noch ohne Antwort sind. Unklar ist deshalb auch, wie konkret oder interpretierbar die Abrüstungszusagen der USA in diesem Dokument sein werden. Je stärker die Abrüstungsbereitschaft Washingtons an die Umrüstungsvorhaben und die Bereitschaft der europäischen NATO-Staaten gekoppelt wird, sich dem neuen Abschreckungsdenken Washingtons anzuschließen, desto unwahrscheinlicher wird es, dass in Tallin ein Abrüstungssignal der NATO zustande kommt, das hilft, den Atomwaffensperrvertrag zu stärken.
Bleiben nach Tallin zu viele Interpretationsmöglichkeiten offen, so laufen die NATO-Staaten Gefahr, der Überprüfungskonferenz des NVV einen Bärendienst zu erweisen: Kein klares Signal des Westens ist aus Sicht vieler anderer Vertragsstaaten auch ein Signal – das auf leere Versprechungen.
Die fünf europäischen Außenminister könnten dazu
auch einen Beitrag geleistet haben. In dem Bemühen, einen butterweichen
Aufschlag für eine Debatte über die nuklearen Abrüstungsmöglichkeiten
zu servieren, der niemandem den Vorwurf erlaubt, er sei ihm um die Ohren
gehauen worden, könnten die Minister zu vorsichtig zu Werke gegangen
sein: „Unsere künftige Politik erfordert die volle Unterstützung
aller Bündnismitglieder“, heißt es in ihrem Schreiben. Der
Return könnte hart ausfallen: Ein oder mehrere NATO-Staaten könnten
aus dieser Zusage das Recht auf ein nationales Veto jedes einzelnen NATO-Landes
gegen einen Abzug der letzten Atombomben aus Europa ableiten und selbst
diese begrenzte Initiative blockieren. Im Blick auf den Atomwaffensperrvertrag
würde das bedeuten: „Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht.“
ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS.
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